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Reisezeit: Oktober 2009 - April 2010  |  von Katja Grach

Bolivien: Karneval - Wasser: im Bus, im Haar...ueberall

11.-14.02.2010 - Uyuni, Oruro

Obwohl wir eigentlich noch nicht in der Karnevalsstadt waren, bekamen wir das Feeling dafür relativ schnell zu spüren. Während ich einen Anruf nach Hause tätigte, besorgten die anderen die Buskarten für Oruro und wurden dabei gleich mal ein bisschen nass. Stuart, Chantelle, ich und Andi wagten uns dann gemeinsam ins Geschehen - natürlich sofort klitschnass - und kauften uns auf dem Markt Wasserpistolen. Nach ein paar Preisvergleichen bekamen wir schließlich 4 Stück um 90 Bolivianos inkl. Wasser, nebenher spritzte uns bereits das Kind der Verkäuferin nass. Stuart ging zum Gegenangriff über, worauf er gleich ein "Mami, der Gringo hat mich angeschossen" auf Spanisch vernehmen konnte.
Und dann folgten die genialsten Minuten meiner Reise bisher. Wie in Mr. und Mrs. Smith stürmten wir durch die Fußgängerallee zu viert, bewaffnet und schwer unter Beschuss. Klitschnass von oben bis unten, Schaum überall - es war einfach soooo genial. Wir bekamen sogar 2 rotzige Verbündete, die uns Wasser nachfüllten, als wir keines mehr hatten und sich später unsere Waffen ausborgen wollten. Es war echt herrlich. Im Büro von Estrella de Sur wo unser Gepäck bis zur Abfahrt des Nachtbusses zwischengelagert war, fanden wir dann Unterschlupf. Der Travel-Mensch war praktisch eh nicht da, also belagert wir derweil sein Häuschen und zogen uns mal trockene Klamotten an....101 Dinge, die ich in einem Reisebüro gemacht habe...mir frische Unterwäsche angezogen....

Gemeinsam sind wir dann noch in ein typisch bolivianisches....Mexican Restaurant gegangen und haben auf unseren gemeinsamen Roadtrip angestossen. Lillie und Amanda hatten mittlerweile auch Nachricht von Juan Carlos bekommen, dass sie mit uns in der Couchsurfer Unterkunft = Schule übernachten könnten. Und für Stuart und Chantelle hatte ich auch über eine andere Couchsurferin noch was besorgt. Die beiden nahmen dann den Bus um halb 8 und wir übrigen 4 hatten noch eine Stunde. Es waren eh so ziemlich die letzten Bustickets nach Oruro, die wir ergattert hatten.

Als ich Andi nach dem Bus fragte, wie er denn heiße, sagte er "der Zweite". Etwas ungläubig war ich schon. Aber dann wirklich, war der Bus als zweiter eingeparkt und es stand "2ndo" (segundo) drauf Na gut. Die Sessel waren mehr oder weniger Semi Cama, schön groß und viel Beinfreiheit. Ich bin sofort eingeschlafen, obwohl der Großteil der Strecke unbefestigt war und ziemlich gerumpelt hat. Um 11 bin ich dann mal aufgewacht, weil das Rumpeln aufgehört hat und wir ewig rumgestanden sind in the middle of nowhere.

Als sich unser Bus dann wieder langsam in Bewegung setzte, blieb er plötzlich offensichtlich wo stecken. Der Motor machte ein im-Schlamm-steckengeblieben-Geräusch. Ok, noch mal. Hmm. Auf einmal kam jemand in den Bus und meinte, alle müssen raus. Na gut. Alle Männer und Touris stiegen aus, die dicken Bolivianerinnen blieben sitzen und die Kinder auf dem Boden liegen. Aber bitte. Und dann war da Wasser, außerhalb vom Bus. Mit einem kleinen Sprung schafften wir es aber ins trockene und standen dann erst mal eine geschätzte Dreiviertelstunde irgendwo im Nirgendwo in der Eiseskälte mitten in der Nacht und warteten. Es gelang weder den Schlamm unter dem Bus rauszuholen, noch den Bus rauszuziehen und alle anderen Busse fuhren irgendwie an der anderen Seite an uns vorbei. Niemand blieb stehen. Na super.
Und es war scheißkalt. Obwohl es nicht regnete, wurde das kleine Flüsschen in dem unser Bus steckte immer breiter...und wir mussten zurück in den Bus. Also Schuhe und Socken ausziehen, Hose hochkrempeln. Marke Erlebnis Gletscherfluss - kannte ich eh schon von Neuseelands Fox Glacier.

Tja, so schauts aus, wenn der Bus im Schlamm stecken bleibt

Tja, so schauts aus, wenn der Bus im Schlamm stecken bleibt

Überraschenderweise war der Untergrund hart und nicht gatschig, es war also nass und kalt, aber wir waren nicht dreckig. Nur das Wasser stand im Bus schon bis zur 3. Stufe und der Busfahrer musste uns mehr oder weniger reinhiefen. Die Bolivianerinnen (monströse kleine Frauen mit Hut und langen schwarzen Zöpfen und bunten Kitteln und Decken, die sie noch 3x so breit machten) schliefen schon seelenruhig, Amanda war etwas besorgt und fragte wo die Notausgänge wären, falls wir dann bald komplett unter Wasser stünden. Ich schaute mal - ok Schiebefenster, passt - und schlief alsbald ein, nachdem meine Füße wieder trocken waren und die furchtbare Musik aus dem Handy eines Passagiers endgültig verklungen war...letzter Song von Nightwish.
Eine Engländerin im Sitz vor uns, hatte schon gefragt, ob wir wissen was auf Spanisch "shut the fuck up" heißt. Wir bejahten, wollten aber keine Massenschlägerei ausbrechen lassen und beruhigten sie wieder, und dann war eh schon bald der letzte Song. Nur Lillie, die sich nicht entscheiden konnte, ob sie meine Notfalltoilette nun benutzt oder nicht hielt mich zwischendurch wach - naja aus dem Bus hätte man schon schwimmen müssen und ihren Hintern wollte sie auch nicht aus dem Fenster halten....diese prüden Amerikanerinnen... Zumindest Andi hing dann alsbald mit dem Kopf voraus aus dem Fenster, weil das Lama vom Abendessen vielleicht doch nicht so gut verträglich war. Als er anschließend meine Zehen wärmte schlief ich wieder ein. Andi glaubte ohnehin nicht mehr, dass der Busfahrer noch da sei - es war gespenstisch ruhig und saukalt. Die Bustür war ja ob des Wassers offen. Und dann, 6 Stunden später bei Sonnenaufgang hieß es plötzlich wieder raus aus dem Bus. Es war gar kein Wasser mehr auf den vorderen Stufen, und freundlicherweise hatten die Herren sogar zwei Kübel verkehrt ins Wasser postiert, dass wir diesmal nicht die Schuhe ausziehen mussten. Und wieder hieß es warten. Und siehe da, der Schlamm konnte weggeschaufelt werden, der Bus wurde rausgezogen. Ok, er verlor dabei zwar die Kühlerverkleidung, aber bitte.

Zu Mittag sind wir dann endlich in Oruro angekommen, statt um 4 Uhr früh - aber wer will auch schon um die Zeit dort sein Auf alle Fälle stank es ob der Hitze und der immer mehr zusteigenden Passagiere dann schon ziemlich im Bus und der Blick aus dem Fenster zeigte uns auch die scheußlichste Stadt ever. Hmm, wurscht.

Es stellte sich heraus, dass ein Deutscher (Matthias) im Bus saß, der ebenso zum Collegio Americano musste - ebenfalls die Engländerin (Beth). Und so nahmen wir uns gemeinsam ein Taxi dort hin. Ich weiß nimmer, ob ich das schon erwähnt habe, aber ein Couchsurfer, hat eben für 30 - 40 Backpacker eine Unterkunft in einer Schule besorgt. Und da wollten wir hin. Und Karten für die Parade sollte es auch geben. Die 2 Amimädls machten sich jedoch auf den Weg nach La Paz, die Busfahrt war dann doch etwas zu viel für sie. Was soll ma machen, wir hartgesottenen EuropäerInnen halten das schon aus..da kann man auch mal 3 Nächte danach auf dem Fußboden eines Klassenzimmers schlafen

unsere Schlafstaette

unsere Schlafstaette

Aber vermisst haben wir sie schon unsere Crew. Die Leute in der Schule waren zwar sehr nett, aber nicht so cool wie unsere Family. Am Abend sind war dann noch kurz auf die Paradestraße, ich hab mirstilecht Teufelshörner für die "Diablada" (so heißt der Faschingsumzug) gekauft und mit Regenmänteln haben wir uns auch gleich versorgt.

Am nächsten Morgen sind wir erst um 9 auf, um halb 10 wurden wir von Juan Carlos Cousin abgeholt, damit er uns unsere Plätze zeigt. Die waren eigentlich nur 3 Blocks weiter, allerdings auf der anderen Seite. Und das hieß: rein in die Höhle des Löwen und sich gleich mal von oben bis unten mit Schaum einsprühen lassen und mit Wasserbomben bewerfen. Die Überquerung war echt etwas heavy. Aber wir habens geschafft und unsere Plätze in den oberen Reihen der Tribüne eingenommen. Fürs Fotos machen wars zwar nicht ganz perfekt, aber durch das Dach konnten wir wenigstens nicht von der gegnerischen Tribüne mit Wasserbomben beworfen werden. Dafür starteten allerdings die Franzosen hinter uns einen erbitterten Krieg und so war gleich mal die gesamte Couchsurferrige nass. Und dann kämpften wir auch noch gegen ein Kind in der ersten Reihe, dass ob unserer Abwehrkünste etwas angepisst war.

erster Tag nach Spruehattacke

erster Tag nach Spruehattacke

Ach ja, die Parade war auch unglaublich schön. Super Kostüme, Miniaturlastwägen und Gürteltiere als Ratschen und wilde Tänze begleiteten uns durch den Tag. Jede Gruppe hatte immer ein bestimmtes Thema zB Indiander, Tintenfisch, Ameise, Gürteltier, Regenschirm. Ja das hört sich jetzt lustig an, aber es waren halt Ornamente an den Kostümen dran, also so witzig dann auch wieder nicht. Nebenbei bekamen die TänzerInnen von den ZuschauerInnen immer wieder mal ein Bier spendiert. So wunderte es uns dann auch nicht, dass ein verkleidertet Hustinettenbär der eigentlich noch ziemlich jung war, irgendwann mit Kopf im Arm spazierte und sich auf der Paradestraße übergeben musste...die CarnevalsbetreuerInnen haben sich rührend um ihn gekümmert.
Von den VerkäuferInnen probierten wir so ziemlich alles was, was zu bekommen war - Schokoerdbeeren, Chips, Sandwich, Götterspeise...nur kein Bier. Die Aussicht wieder von der Tribüne runter kommen zu müssen, besprüht zu werden usw nur um einmal Pinkeln gehen zu können, war nicht so toll. Irgendwann später machten wir dann eh mal eine Paradepause und ergatterten ein Hühnchen mit 3 Beilagen um nur 10 Bolivianos (weniger als 1 Euro!). Für den Abend zogen wir uns dann mitten im Internetcafe um, weil draußen wars ziemlich kalt und schauten uns noch ein bisschen Parade an. Mit Fortgehen war dann nix mehr, weil wir einfach viel zu müde waren.

kurze Rockerl mit vielen Einblicken

kurze Rockerl mit vielen Einblicken

wenn wir ordentlich jubelten und sagen, drehten sich die TänzerInnen zu uns und warfen auch mal einen Hut in die Menge (musste aber retouniert werden)

wenn wir ordentlich jubelten und sagen, drehten sich die TänzerInnen zu uns und warfen auch mal einen Hut in die Menge (musste aber retouniert werden)

kaum sind die TaenzerInnen weg, gehts rund!

kaum sind die TaenzerInnen weg, gehts rund!

die Geburtstagstorten, wie ich sie nenne...

die Geburtstagstorten, wie ich sie nenne...

so ein Hustinettenbaer musste sich auch mal etwas erleichtern...vorwaerts

so ein Hustinettenbaer musste sich auch mal etwas erleichtern...vorwaerts

Andi und seine Muzerl

Andi und seine Muzerl

Am nächsten Tag waren dann dieselben Gruppen dran, wie am Samstag, nur dass es diesmal einfacher war, runter zu klettern und in der Parade mitzulaufen und die TänzerInnen zu fotografieren. Aber diesmal wars echt die Monsterwasserschlacht zwischen den einzelnen Tribünen. Wir saßen eh im trockenen, aber es war echt irre, was sich da abgespielt hat. Die Leute rüsteten sich zunehmend mit besseren Regenponchos oder Schirmen aus. Manche Tribünenreihen lichteten sich schnell aufgrund des erbitterten Kampfes. Alle hatten ihren Spaß, trotzdem war's aber nicht so warm wie am Vortag und wir versuchten daher nicht allzu nass zu werden.

naechste Runde

naechste Runde

wieder nach Ueberquerung der gefaehrlichen Zone

wieder nach Ueberquerung der gefaehrlichen Zone

Andi schaut auch net besser aus

Andi schaut auch net besser aus

typische Frisur

typische Frisur

letztes Foto vor der Wasserbombe und kaputten 2. Fotoapparat

letztes Foto vor der Wasserbombe und kaputten 2. Fotoapparat

Nach langer Suche fanden wir später sogar ein nettes Lokal - aber beim Blick auf die Speisekarte stellten wir fest: wir verstehen nix davon und mussten die Kellnerin dauernd fragen, was dies oder das für ein Tier sei. Die Antwort war dann auch nicht so aussagekräftig. Und so hatte ich Hühnerschnitzel (das einzige was ich verstanden hab) und Andi weiß bis heute nicht, was er gegessen hat. Dazu hatten wir noch die Auswahl: Salat gekocht oder roh....???? Nehmen wir halt gekocht. Ach Bohnen und Karotten waren damit gemeint Wie auch immer. Auch an diesem Abend waren wir sehr faul und legten uns wieder zeitig auf den Klassenzimmerfußboden schlafen, um am nächsten Morgen dann nach La Paz zu fahren.

© Katja Grach, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
...und genau darum werde ich ein halbes Jahr um die Welt reisen. Auch wenn man meinen könnte Toskana, Kroatien, Bali und Deutschland müssten für heuer doch reichen - Nein! Das war erst die Aufwärmrunde...
Details:
Aufbruch: 14.10.2009
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 18.04.2010
Reiseziele: Thailand
Laos
Kambodscha
Malaysia
Singapur
Neuseeland
Chile
Bolivien
Peru
Ecuador
Costa Rica
Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Katja Grach berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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