Frankreich - Spanien 2013

Reisezeit: August - Oktober 2013  |  von Uschi Agboka

Aragon (Spanien) - Streckenverlauf: Sierra de Guara - Alquezar

16.09.2013 - 18. Tag - Sierra de Guara - Alquezar -Embalse Grado/Mediano

Reisetagebuch September / Oktober 2013
Autor: Uschi Agboka
- Figline@gmx.de
Quellen: Recherche vor Ort, Michelin-Reiseführer, Wikipedia etc.

III. Teil
Boltana - Aragon (Spanien)
15.09. - 28.09.2013

16. September 2013 - Montag - 18. Tag
Campingplatz Boltana, Aragon - Spanien
Boltana - Colle Eripol - Collada de S. Caprasio - Barranco de Las Gargantas - Barranco de Las Palomeras - Sierra de Guara - Parque Naturel de la Sierra y Canones de Guara - Alquezar - Colegiata de Alquezar Santa Maria - Pfarrkirche San Miguel - Abizanda - Embalse de Grado - Embalse de Mediano - Boltana
Fahrzeit: 6 Stunden, 93 Meilen - 150 km

Um 7.30 Uhr schellt der Wecker. Die Sonne geht leuchtend über den Bergen auf. Viele Spatzen leisten uns beim Frühstück Gesellschaft. Ein Milan schwebt am Himmel und eine riesige Heuschrecke hat es sich an der Satellitenschüssel bequem gemacht. Es wird ein schöner Tag.

Wir fahren zunächst ins Dorf, einkaufen - hier in Spanien macht kein Geschäft vor 9 Uhr auf. Und auch die nette Besitzerin des Campingplatzes, Raquel, müssen wir begrüßen.

Gegen 10 Uhr starten wir dann zu unserer ersten Tour nach Alquezar, A 2205. Hier erwartet uns eine un-angenehme Überraschung. Zunächst ist die Straße sehr holperig, doch dann kommt eine kilometerlange Baustelle, Schotterpiste - dann erfolgt eine Umleitung über einen kleinen Feldweg, abenteuerlich und nicht gerade geeignet für eine Harley. Gott sei Dank kommt uns niemand entgegen.

Wir kommen über den Colle Eripol, 860 m, dann durch eine wunderschöne tiefe Schlucht nach Barcabo, vorbei an der Sierra de Olson, über den Collada de S. Caprasio, 810 m, an schönen alten romanischen Brücken vorbei, durch tiefe dunkle Schluchten, sehen den Eingang zur Barranco de Las Gargantas. Die Schlucht hat mich schon letztes Jahr sehr begeistert. Und eine weitere schöne Schlucht, Barranco de las Palomeras, passieren wir. Wir befinden uns in der Sierra de Guara, einer Gebirgskette der spanischen Vorpyrenäen. Der höchste Gipfel ist der Pico de Guara, 2.077 m. Die Straße führt durch den "Parque Na-turel de la Sierra y Canones de Guara". Kunstdenkmäler oder lebhafte Orte sucht man hier vergeblich, die meisten Dörfer sind verlassen. Doch gerade diese Abgeschiedenheit macht den Charme der fast menschenleeren, steppenartigen Landschaft aus.

Die meisten Touristen meiden die Sierra de Guara, doch beliebt ist sie bei den Canyoning-Sportlern. Die haben hier schier unbegrenzte Möglichkeiten am Rio Vero und am Rio Balces. Tosende Sturzbäche haben am Ende der Eiszeit zahllose wilde Schluchten geschaffen.

Canyoning - in dieser Sportart sind uns die Amerikaner weit voraus. In Europa wird diese Sportart noch als Geheimtipp gehandelt. Bekleidet mit einem Neopren-Anzug und rutschfesten Gummischuhen bewegen sich die Sportler zwischen den steilen Felswänden fort - kletternd, schwimmend, watend, robbend. Mal kann ein Wasserfall nur durch einen mutigen Sprung in die Tiefe passiert werden, mal muss eine Höhle durchschwommen werden. Manchmal muss auch mit einem Seil mehrere Meter Höhenunterschied überwunden werden. Anfänger sollten daher diesen Sport nur in Begleitung eines erfahrenen Führers machen. Es gilt die Regel, nicht alleine zu gehen, 3 - 4 Personen gelten als optimale Gruppenstärke. Wir haben das Glück, auch in diesem Jahr einige der tollkühnen Sportler zu sehen. Ich bewundere diese sehr.

Gegen 11.45 Uhr sind wir in Alquezar. Auf dem Weg zu "unserem" Parkplatz kommen wir an einer Gruppe deutscher BMW Biker vorbei, sehr unfreundliche Menschen, kein Gruß und nichts.

Nachdem wir das Motorrad im Schatten geparkt haben, machen wir uns auf zu einem Stadtrundgang. Im letzten Jahr hatten wir nicht so sehr viel Zeit, den Ort anzuschauen, weil Regen im Anmarsch war. Doch dieses Jahr ist herrliches Wetter und so können wir in aller Ruhe alles bestaunen. Der alte Ortskern mit seinen engen Gassen ist die Hauptattraktion des Ortes. Hier finden sich sowohl Häuser aus Natursteinmauerwerk als auch aus Ziegelsteinen, deren Obergeschoss teilweise auf Stützen ruht, die durch mächtige Holzarchitrave miteinander verbunden sind.

Alquezar ist eine nordspanische Gemeinde in der Provinz Huesca in der Autonomen Gemeinschaft Aragon, mit ca. 300 Ein-wohnern. Der alte Ortskern wurde als Kulturgut in der Kategorie Conjunto histórico-artístico eingestuft.

Alquezar liegt auf einer felsigen Anhöhe in den südlichen Ausläufern der Pyrenäen (Sierra de Guara) am Ausgang einer Schlucht des Río Vero knapp 50 Kilometer westlich von Huesca. Das Städtchen Aínsa liegt etwa 30 Kilometer nördlich.

Bereits im 9. Jh. ließ Jalaf ibn Rashid, der die Provinz Huesca im Auftrag seines Herrn, des Emirs von Saragossa, kontrollierte, auf der felsigen Anhöhe eine Festung (arab. al-kasr) erbauen, Von hier wurden die Karolinger bekämpft, die sich in Ainsa - Grafschaft Sobrabre - festgesetzt hatten. Ende des 11. Jh., als Huesca und Barbastro mit Hilfe der fränkischen Reiterei in die Hände der Christen fielen, wurde Alquezar von dem aragonesischen König Sancho Ramirez, einem Zeitgenossen des CID, erobert. Sancho Ramirez richtete eine Garnison ein, in der auch Mönche wirkten. Er ließ die erste Kirche bauen.
Die Lage des Ortes kann man nur als malerisch bezeichnen.

Am Ende der letzten Kurve der Straße taucht plötzlich die am Rand der Vero-Schlucht gebaute Siedlung auf, deren an den Felsen geschmiegte Häuser von einer Stiftskirche überragt werden. Der Ort selbst ist ein Labyrinth an kleinen Gassen, die von prächtig verzierten Häusern mit schönen Steinportalen gesäumt werden.

Rund um die Burg (Alcazar) und die Colegiata de Alquezar Santa Maria (geweiht im Jahr 1099) hat sich das Dorf angesiedelt. Schön ist der kleine Placa Mayor mit seinen Arkaden. Die befestigte Stiftskirche liegt auf einem Felsvorsprung. Ihr Hauptgebäude ist ein Kloster. Die Anlage aus maurischer Zeit (9. Jh.) wurde nach der Rückeroberung (durch König Sancio Ramirez) renoviert, doch sie hat den ursprünglichen Charakter erhalten. Im Mittelalter und in der Renaissance wurde sie vergrößert und erweitert. Es gibt einen ungewöhnlichen dreiseitigen Kreuzgang und die königliche Kapelle zu besichtigen.

Wir wandern durch die kleinen engen Gassen hinauf zur Colegiata de Alquezar Santa Maria. Wir stellen fest, dass es überall Hinweise auf einen Audioführer gibt, den man wohl bei der Touristeninformation er-halten kann. Bei der Wärme ist der Weg ganz schön anstrengend. Rolf begibt sich zum Fotografieren mal wieder auf "verbotene" Wege, doch die schönen Fotos machen das wett. Zunächst denken wir, dass die Kirche geschlossen ist, doch Stimmen sind zu hören und Rolf gelingt es, die Tür zu öffnen, die ich nicht aufbrachte. Eine nette Dame begrüßt uns und wir müssen 2,50 Euro/Person für die Besichtigung zahlen. Doch das lohnt sich auf jeden Fall. Und auf mein Nachfragen bekommen wir eine Kopie der deutschen Beschreibung für die Kirche und den Kreuzgang. Wir sind beide begeistert und nehmen uns viel Zeit, alles anzuschauen.

Colegiata Santa María la Mayor - Die im Äußeren einen ausgesprochen wehrhaften Charakter (Wehrkirche) dokumentierende Colegiata de Santa María la Mayor steht auf der höchsten Erhebung des Ortes an der Stelle der ehemaligen maurischen Festung, in deren Räumlichkeiten sich bereits im 11. Jh. christliche Einsiedlermönche eingenistet hatten, die sich im 13. Jh. dem Augustinerorden anschlossen. Eine erste Kirche wurde gebaut, die im 16. Jh. zu der heute sichtbaren einschiffigen, aber mit mehreren Seitenkapellen versehenen spätgotischen Kirche umgebaut wurde. Diese beeindruckt durch ihr hohes Rippengewölbe mit unterschiedlich gestalteten Sternmotiven und durch einen barocken Altarretabel.
Das Retabel wurde von dem Florentiner Giovanni di Moreto sowie den Bildschnitzern Miguel de Penaranda und Pedro de Lasaosa in polychromiertem Holz gearbeitet. In der Mitte ist die Himmelfahrt der Jungfrau Maria zu sehen, unter deren Anrufung die Kirche gestellt ist. Diese Darstellung ist von Szenen aus dem Alten und Neuen Testament umgeben.

Die aus zwei Tastaturen bestehende Orgel aus dem 17. Jh. ist mit einem Gehäuse im Barockstil ausgestattet. Dank ihres guten Klanges und guten Zustandes gehört sie zu den besten Orgeln der Provinz.
In der Barockkapelle, nach der Stifterfamilie Lecina benannt, befindet sich ein Anfang des 13. Jh. entstandenes romanisches Kruzifix. Das zur Seite geneigte Haupt und die überlangen Arme und Beine sind für die romanische Bildhauerkunst charakterischtisch.

Der nach Süden anschließende trapezförmige Kreuzgang (claustro) stammt aus dem 14. Jh., enthält jedoch noch mehrere primitive, aber ausdrucksstarke romanische Kapitelle mit nur teilweise deutbaren Szenen und Figuren - die Opferung Isaaks ist jedoch zu erkennen. Die Freskenmalereien an den Wänden des Kreuzgangs wurden im 15./16. Jh. angebracht - sie zeigen zumeist neutestamentarische Szenen.

Der obere Teil des Kreuzganges diente den Mitgliedern des Domkapitels als Unterkunft. Im 16. Jh. - dem sogenannten goldenen Zeitalter - gab es in Alquezar einen Maestro der Polyphonie, einen Doktor der Theologie und einen Organisten. Heute befindet sich im Obergeschoss des Kreuzgangs ein Museum, hier sind Altarretabel aus dem 15. Jh. (Sankt Anna und Sankt Quiteria geweiht) und andere religiöse Kunstwerke aus der Zeit des späten Mittelalters bis in die Ba-rockzeit zu besichtigen, u. a. sehr schöne Goldschmiedearbeiten.

Nach der Besichtigung der Kirchenfestung und des Kreuzganges machen wir uns an den Abstieg in den Ort. Dort wartet noch die Pfarrkirche San Miguel auf uns, die in den Jahren 1681-1708 erbaut wurde. Die dreischiffige Kirche zeigt außen wie innen eine schlichte und strenge Barockarchitektur, die auf Stein- oder Stuckdekor völlig verzichtet. Das Innere wurde früher durch verschiedene kleinere Retabel aufgelockert, die jedoch nahezu vollständig in der Zeit des spanischen Bürgerkrieges zerstört wurden. Die heute an den Wänden zu sehenden Bilder sind von mittelmäßiger Qualität.

Ein schon sehr alter Mann spricht uns an, erzählt von der Kirche, seinen Olivenhainen und seinem Leben. Leider verstehen wir nicht alles, aber die Freundlichkeit der Menschen berührt uns doch immer sehr.

Besichtigen macht müde und so setzen wir uns in eine Bar und trinken Kaffee bzw. alkoholfreies Bier. Wir haben einen herrlichen Blick auf die Kir-che. Rolf stellt fest, dass seine Batterien in der Camera leer sind, doch Gott sei Dank hat er die meisten Bilder im Kasten.

Um 14 Uhr verlassen wir Alquezar, pflücken ein paar Brombeeren am Wegesrand und fahren zunächst bis Barbastro, dann über N 123, A 138, vorbei am Embalse de Grado. Die Talsperre ist dieses Jahr ist an den Rand gefüllt. Am Aussichtspunkt Mipanas halten wir und machen Bilder. Es ist herrliches Wetter und da macht das Fahren auf dieser Traumstrecke doppelt so viel Spaß.

Vorbei an Abizanda - einem kleinen Ort auf einem Hügel liegend, weiter A 138 vorbei am Embalse de Mediano - auch diese Talsperre ist randvoll gefüllt. Die Farbe des Wasser, einfach herrlich.

Abizanda, das ist ein mittelalterliches Dorf (11. Jh.) mit einer Burg und einem Turm am höchsten Punkt des Tales, erbaut von Sancho Garces III. von Navarra, um das Tal des Rio Cinca zu überwachen.

Der Rio Cinca ist mit 170 km der längste Nebenfluss des Segre im Nordosten Spaniens. Er entspringt im Nationalpark Ordesa y Monte Perdido. Nach Passieren des Ortes Ainsa, an der Mündung des Ara, wird der Fluss zum Embalse de Mediano - 10 km lang und 2 km breit - dessen Staumauer die Enge der Schlucht "Desfiladero de Entremon" nutzt. Wenige Kilometer weiter wird der Rio Cinca erneut gestaut - die Talsperre Embalse de El Grado ist 15 km lang. Sie dient dem Hochwasserschutz und der Trinkwas-sergewinnung. Außerdem wird durch die abzweigenden Kanäle "Canal de Aragon y Cataluna" und "Canal de Cinca" die Bewässerung der Landwirtschaft in den trockenen Gebieten zwischen Huesca, Barbastro und Lleida gewährleistet.

Durch den schönen Ort Morilla de Tou kommen wir nach Ainsa. Dort schaue ich bei meinem Friseur, wann der Laden geöffnet hat (9.30 bis 14 Uhr und 16 bis 20 Uhr). Meine Haare haben es nötig. Weiter über N 260 nach Boltana. Auch dort beim Supermarkt die Öffnungszeiten angeschaut (9.30 bis 21 Uhr). Dann noch schnell Tanken und zurück auf den Campingplatz. Um 16 Uhr sind wir Zuhause, nach 6 Stunden, 93 Meilen (150 km).

Zum Abendessen gibt es Gehacktes-Bällchen, grünen Spargel, Salat, Baguette und Rotwein. Es ist ein schöner Abend, der Himmel verändert sich ständig, sieht traumhaft aus.

Wir nutzen die Gelegenheit, am Internet Point ins Internet zu gehen. Ich erstatte Anzeige wegen des Todes meiner Mutter. Auch die FB Freunde erhalten einen Gruß. Mehrere Belgier haben sich am Internet Point versammelt. Einer erteilt wohl Unterricht, so laut, dass alle anderen flüchten. Andere kommen hinzu und unterhalten sich in einer Lautstärke, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. So verziehen wir uns auch. Dass manche Menschen meinen, sie seien allein auf der Welt, ist manchmal nicht zu verstehen.

© Uschi Agboka, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Niederbayern nach Frankreich, 50 Tage mit dem Campingbus und dem Motorrad durch die Auvergne, die Midi-Pyrenees, durch Spanien mit Stützpunkt in Boltana bzw. Mendigorria.
Details:
Aufbruch: 30.08.2013
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 19.10.2013
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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