Frankreich - Spanien 2013

Reisezeit: August - Oktober 2013  |  von Uschi Agboka

Aragon (Spanien) - Streckenverlauf: Valle de Tena - Valle de Ossau - Valle de Aspe

23.09.2013 - 25 Tag - Valle de Tena - Valle de Ossau - Valle de Aspe

23. September 2013 – Montag – 25. Tag
Campingplatz Boltana, Aragon – Spanien
Boltana - Puerto de Cotefablo – Valle de Tena – Embalse de Bubal - Panticosa – Garganta del Escalar – Rio Caldares – Ibon de Banos - Balneario de Panticosa – Embalse Lanuza – El Formigal - Col du Pourtalet - Valle de Ossau - Plateau de Benonu - Col de Marie Blanque - Valle de Aspe – Fort du Portalet - Col du Somport - Canfranc-Estacion - Torre del los Fusileros – Jaca - Boltana
Fahrzeit: 7 Stunden, 10 Min., 192 Meilen – 309 km

Heute ist wieder ein herrlicher Tag. Abfahrt ist um 10.20 Uhr. Strecke N 260 bis Fiscal, weiter N 260 A bis Broto, Puerto de Cotefablo, 1.423 m, Biescas. Dann A 136, Valle de Tena.

Ein herrliches Tal, welches vom Rio Gallego durchflossen wird. Es gehört flächenmäßig zu den größten Tälern der Pyrenäen weist Höhenunterschiede von 600 m bis über 3.000 m auf.

Entlang am Embalse de Bubal. Der Stausee (eröffnet 1971) staut das Wasser des Rio Gallgo, einem Nebenfluss des Ebro, neben anderen kleinen Bächen und Flüssen aus den umliegenden Bergen. Er bedeckt mehr als 234 Hektar ehemaliges Weideland sowie Teile des Ortes Bubal. Die Dörfer Saques und Polituara wurden durch die Einrichtung des Stausees unbewohnbar und die Häuser stehen leer.

A 2606 bis Panticosa. Dort fährt Rolf in die Stadt hinauf, Steigung 16 %. Plötzlich geht es nicht mehr weiter, Baustelle. Wir müssen durch eine enge Gasse abwärts fahren. Plötzlich kommt uns ein Baufahrzeug entgegen, ich krieg die Krise, doch der nette Fahrer fährt zurück und wir können gefahrlos passieren. Vor lauter Schreck kann ich nicht fotografieren.

Weiter geht es durch die Garganta del Escalar. Diese Schlucht ist so eng, dass nur selten die Sonnen hinein scheint. Der Rio Caldares bahnt sich seinen Weg durch ein Bett aus Kalkstein, Schiefer und Granit. Über viele Haarnadelkurven (die mögen wir nicht so besonders) führt die Straße bis Balneario de Panticosa, auf 1.636 m Höhe.

Dies ist ein Kurtort und das älteste Thermalbad Spaniens. Schon die alten Römer haben hier ihrer Gesundheit auf die Sprünge geholfen. Nachdem die heilenden Wasser jahrhundertelang in Vergessenheit gerieten, erlebte der Ort im Herzen eines beeindruckenden Talkessels im 19. Jh. eine Renaissance. Feine Hotels entstanden, in den höheren Kreisen der Belle Epoque galt es als schick, hier zu kuren. Doch heute ist mit der feinen Gesellschaft und den exklusiven Hotels kein Geschäft mehr zu machen. Davon zeugt der Putz, der an den einstigen Nobelherbergen von den Wänden fällt. Neben wenigen Kurgästen zählen heute hauptsächlich Wanderer, die in der umliegenden Natur nach Erholung suchen, zu den Besuchern.

Wir parken unser Motorrad in der Nähe einer Gruppe deutscher BMW-Motorradfahrer. 5 Männer verschiedenen Alters, die in Ainsa wohnen und hier eine Woche Männerurlaub machen. Ein junger Mann steht im See Ibon de Banos (ein natürlicher Bergsee) und angelt, leider ohne Erfolg.

Der Bergsee Ibon de Banos ist der Ursprung des Rio Caldares. Die hohen Felsen um den See herum sind Nistplätze für Adler und Gänsegeier. Felskletterer kommen hier auf ihre Kosten. Auch die Rinder sind geübte Kletterer, sie stehen fast senkrecht an den Felsen. Zurück fahren wir wieder durch die herrliche Schlucht Garganta del Escalar, vorbei am Stausee Lanuza.

Auch dieser Stausee im Valle de Tena (eröffnet 1980) sammelt die Wasser des Rio Gallego sowie anderer kleiner Bäche und Flüsse aus den umliegenden Bergen. Der See hat mehr als 114 Hektar Weideland und einen Teil des Ortes Lanuza überflutet, der seither unbewohnt ist.

Wir kommen nach El Formigal, ein reiner Skiort, der uns nicht besonders gefällt. Hier ist die herrliche Gebirgswelt der Pyrenäen durch viel zu viele Lifte und Pisten zerstört. Die Fahrt führt nun hinauf auf den Col du Pourtalet, 1.794 m, Grenze zwischen Frankreich und Spanien. Der Pass verbindet das Valle d’Ossau und das Tena Tal. Die Pass-Straße wird von den schroffen Pic d’Aneou (2.364 m) und Pic du Pourtalet (2.441 m) eingerahmt. Aufgrund des vielen Schnees ist der Pass meist von Ende Oktober bis Ende Mai geschlossen. In dem auffallend grünen, teilweise von hohen Nadelbäumen bewachsenen Tal begegnen uns viele freilaufende Rinder, auf der Straße liegend oder auf uns zukommend. Auch große Herden von Wildpferden – Caballos Pastando – wandern über die Straße, völlig ohne Angst. Hier haben die Tiere das Recht des Weges, so steht es auf einigen Schildern. Auf dem Pass selbst wird für unseren Geschmack zu viel gebaut, also halten wir uns nicht lange auf und fahren talabwärts.

Auch hier begegnen uns freilaufende Rinder auf der Straße. Nun führt uns unser Weg durch das schöne Valle de Ossau, D 934, bis Laruns.

„Das Herz erweitert sich in diesem unendlichen Raum; es ist eine Wonne, diese Luft zu atmen; die geblendeten Augen schließen sich vor der Helle; die vom glühenden Himmelsdom zurückgeworfen, sie überflutet und umflimmert!

So empfand der französische Historiker Hippolyte Talne im 19. Jh. die Stimmung, romantisch verklärt, doch an Schönheit hat die Bergwelt um den Pic du Midi d’Ossau (2.884 m) nichts eingebüsst.

Bei Bielle biegen wir ab, D 294, über das Plateau de Benonu. Hier lagern viele viele Rinder und schauen interessiert dem Treiben der Menschen zu. Leider beachten mal wieder einige Leute die Verbotsschilder nicht – Privatbesitz. Sie parken ihre Autos und Camper frech auf den Wiesen. Für mich ist das nicht nachvollziehbar, dass man das Eigentum anderer nicht achtet. Ein kleiner Stau bildet sich – 5 Esel sind in einem Tunnel unterwegs und natürlich will jeder ein Foto machen.

Weiter zum Col de Marie Blanque, 1.035 m. Hier sind viele wilde Pferde unterwegs. Ein Bus parkt auf dem kleinen Pass und Rolf kommt mit dem deutschen Busfahrer ins Gespräch. Er kutschiert deutsche Schüler durch die Pyrenäen. Mir sticht ein Denkmal für Freiheitskämpfer ins Auge. Schnell ein Foto gemacht und dann geht es weiter.

D 294 bis Escot, dann N 134/E7 über Bedous, Accous. Dort kleine Pause am Intermarche, der aber leider noch geschlossen hat. Doch wir genießen den herrlichen Blick auf die umliegende Berglandschaft.

Unsere Tour geht weiter, ins Valle de’Aspe, vorbei an Borce. Fort du Portalet, gebaut 1842 – 1870, liegt in der Sonne. Das Fort ist schwer zugänglich auf einer Klippe gelegen und leider oft nicht zu besichtigen. Eine unheimliche Stimmung umgibt das alte Fort. 400 Mann konnten dort einer Belagerung standhalten. Das Fort diente dem Schutz der Straße über den Somport Pass. Unter dem Vichy-Regime wurden politische Gefangene dort inhaftiert. Das Gebäude wurde 1966 an eine Privatperson verkauft und verfiel. Doch 1999 wurde es von örtlichen Behörden zurückgekauft und nach und nach restauriert. Heute wird das Fort als Historisches Denkmal eingestuft.

Die N 134 führt, teilweise von imposanten Felswänden eingerahmt, durch das raue Valle de Aspe.

Von dem Bergtal Valle de Aspe geht die Harmonie einer unberührten Natur aus, dank der Wälder, in denen noch einige Bären im Schutze des Nationalparks der Pyrenäen leben, und der schlichten Dörfer mit den für die Gegend typischen Häusern.

Das Ökomuseum des Aspe-Tals, das auf vier Stätten verteilt ist - Sarrance, Lourdios-Ichere, Accous und Borce – bietet Erläuterungen zu dem Tal an: Geschichte der Wallfahrt, traditionelle Berufe und Schafzucht. In kleinen Bärenmuseen in Etsaut und Borce kann man sich über Braunbären informieren, die hier eines ihrer letzten Rückzugsgebiete haben. Zu Beginn des 20. Jh. lebten ca. 200 Braunbären in den Pyrenäen, heute sind es vielleicht noch 15. Die scheuen Allesfresser bekommt kaum jemand zu Gesicht, nur hin und wieder sind Fuß- und Kratzspuren im Valle d’Aspe zu entdecken. Bis ins 20. Jh. besaßen dressierte Bären einen festen Platz im Leben der Pyrenäen-Bewohner – Gaukler zogen mit tanzenden Bären von Ort zu Ort. Das Abrichten der bis zu 2 m großen Raubtiere war schwierig. Sie besitzen keine mimische Muskulatur und daher sind Gemütsregungen bei ihnen nicht zu erkennen. So kam es häufig zu Unfällen. Als der Braunbär in den Pyrenäen selten wurde, kauften die Bärenführer ihren Nachwuchs in den Ländern Osteuropas. Heute gehören die Bären als Alleinunterhalter Gott sei Dank der Vergangenheit an. Doch in zahlreichen Traditionen sind sie lebendig geblieben. Ein als Bär verkleideter Mensch bildet in verschiedenen Orten noch immer den Mittelpunkt uralter Feierlichkeiten. Und wenn bekannt wird, dass eine Bearner Bärin Junge zur Welt gebracht hat, verbreitet sich diese frohe Kunde wie ein Lauffeuer.

Bei herrlichem Sonnenschein erreichen wir den Col du Somport, 1.640 m, an der Grenze zu Frankreich. Natürlich machen wir einen Fotostopp und ich statte der kleinen Herberge / Bar einen Besuch ab. Doch hier findet sich nichts wirklich Schönes als Andenken und so fahren wir weiter.

Col du Somport - Der Pass ist seit alters her einer der wichtigsten Pyrenäen-Pässe. Schon Kelten, Karthager, Römer und Mauren nutzen ihn. Summus portus = höchster (Pyrenäen) Übergang, das war er jahrhundertelang. Im Jakobsweg findet man die Bezeichnung Portus Asperi, was einen Bezug auf das Aspe Tal auf französischer Seite nimmt. Früher waren es Heerscharen von Jakobspilgern, die hier das letzte große Hindernis auf ihrer Wanderung nach Santiago de Compostela überqueren mussten. Heute nutzen Transportunternehmer und Urlauber diesen Übergang auf dem Weg nach Barcelona oder Madrid. Auf dem Pass findet sich eine moderne Pilger-Skulptur und eine kleine Kapelle.

Der Straßentunnel unter dem Somport wurde von 1999 bis 2002 gebaut und am 17. Januar 2003 dem Verkehr übergeben. In der Bauplanungsphase der zum Tunnel führenden Schnellstraße entwickelte sich ab dem Jahr 1992 eine von europäischen Umweltgruppen getragene Protestbewegung. Die gegen den Bau gerichtete Argumentation bezog sich vor allem auf die zusätzliche Zerschneidung eines der letzten westeuropäischen Braunbärengebiete bei gleichzeitigem Verzicht auf die Reaktivierung der stillgelegten Bahnstrecke. Die Baustelle wurde mehrmals kurzzeitig besetzt. Im Jahr 1994 gipfelten die Proteste gegen den Somport-Tunnel in einer Demonstration von 8.000 Umweltschützern.

Unterhalb des Passes finden sich die Ruinen des alten Pilgerhospitales Santa Cristina de Somport, aus dem 11. Jh. Ursprünge des Klosters gehen allerdings zurück in die Regierungszeit des Westgoten-Königs Wama (7. Jh.). 1623 wurde es dem Predigerorden von Jaca unterstellt, die Mönche zogen dahin um und so lag 1661 das Kloster schon in Ruinen.

Es geht über die N 330 bis zum alten Bahnhof von Canfranc-Estacion. Auch in diesem Jahr machen wir dort Halt und schauen wir uns den phantastischen alten Bahnhof an, dessen Grundstein König Alfonso XII. 1882 nördlich von Canfranc legte. Als sein Nachfolger Alfonso XIII. das Bauwerk im Jahre 1928 einweihte, war ein Gebäude inmitten der Bergwelt entstanden, das nichts mit einer profanen Zugstation gemein hatte.

Den 241 m langen Bahnsteig mit 75 Türen, einen der größten ganz Europas, säumte ein Traum aus Stein, Glas und Marmor, eine Mischung aus Jugendstil und Klassizismus. Das riesige Gebäude, das neben üblichen Räumlichkeiten wie Fahrkartenschalter und Bar auch ein Nobelhotel beherbergte, war nicht nur äußerlich – für einen Bahnhof – von außergewöhnlicher Schönheit. Marmorne Geländer umgaben die Treppen, feinste Ornamente verzierten die Wände. Die gesamte Anlage wirkte wie ein Treffpunkt der feinen Gesellschaft und nicht wie ein internationaler Gebirgsbahnhof.

Als Canfranc-Estacion in Betrieb genommen wurde, war die Eisenbahn in der Gegend das Transportmittel schlechthin. Niemand dachte daran, dass dies einmal ein Ende haben könnte. Doch dieses kam schnell – andere Verkehrsmittel, u. a. das Auto, liefen der Bahn den Rang ab, die Strecke zwischen Frankreich und Spanien verlor an Rentabilität. 1970 stürzte eine Zugbrücke ein, dies nahm die französische Eisenbahngesellschaft zum Anlass, den Zugverkehr nach Canfranc einzustellen, denn die Brücke wurde nicht mehr aufgebaut. Seither gibt es nur noch die Strecke nach Zaragoza, täglich fahren 2 Züge. Die meisten Gleise werden daher von Pflanzen überwuchert und die Weichen rosten vor sich hin. Und was am Schlimmsten ist, das Bahnhofsgebäude verliert an Substanz.

Das Bauwerk kann man heute nicht mehr betreten, weil Vandalen und Souvenirsammler für Verwüstungen und Demontage einzelner Teil gesorgt haben. Der Putz blättert ab, die Wände sind feucht, die Fensterscheiben eingeworfen und die Mauern verschmiert. Darum wurde das Gebäude abgesperrt und darf nicht mehr betreten werden. Doch trotz all dieser Widrigkeiten – das Gebäude ist auch nur von Außen eine Besichtigung wert und beeindruckt uns auch in diesem Jahr sehr.

Ein Bikerpaar aus Österreich (BMW-Fahrer) würdigt uns keines Blickes und erwidert auch unseren Gruß nicht. Merkwürdige Menschen trifft man manchmal.

Auf der Fahrt sehen wir auch den 1879 erbauten Wehrturm „Torre del los Fusileros“, ein 3-stöckiges Gebäude mit vielen Schießscharten, umgeben von einem schützenden Graben mit Zugbrücke. Der Turm diente der Überwachung der Gegend. Heute ist dort ein Museum untergebracht.

Wir fahren weiter, am Rio Aragon entlang bis Jaca. Dort parken wir an dem uns bekannten Motorradparkplatz, direkt bei der Zitadelle. Auch hier wieder Merkwürdiges – ein Motorradfahrer hat gleich 2 Plätze belegt.

Ob die eigentlich nicht denken können? In der netten Bar „Ex Fumadores“, die wir schon vom letzten Jahr her kennen, genehmigen wir uns ein alkoholfreies Bier und einen Weißwein. Während Rolf die Leute studiert, kaufe ich in einem kleinen Tante Emma Laden ein, Schinken, Käse und Tomaten für unser Abendessen.

Und weiter geht es, A 23 bis Sabinanigo, N 260 bis Fiscal. Rolf meint, uns geht das Benzin aus … also die letzten Kilometer Spannung pur, wird der Sprit reichen bis zu unserer Tankstelle in Boltana? Ja, mit dem letzten Tropfen – 190 Meilen (305 km) – sind wir an der Zapfsäule. Mir fällt ein Stein vom Herzen.

Um 17.30 Uhr, nach 7 Stunden, 10 Min. und 192 Meilen (309 km) sind wir Zuhause. Der Campingplatz ist fast leer. Rolf hat heute wieder Servicetag. Zum Abendessen gibt es den eingekauften Schinken und Käse. Ein weiterer schöner Tag geht zu Ende.

© Uschi Agboka, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Niederbayern nach Frankreich, 50 Tage mit dem Campingbus und dem Motorrad durch die Auvergne, die Midi-Pyrenees, durch Spanien mit Stützpunkt in Boltana bzw. Mendigorria.
Details:
Aufbruch: 30.08.2013
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 19.10.2013
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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