Frankreich - Spanien 2013

Reisezeit: August - Oktober 2013  |  von Uschi Agboka

Aragon (Spanien) - Streckenverlauf: Valle de Serrablo - Rio Gallego - Fiscal - Janovas

27.09.2013 - 29. Tag - Vale de Serrablo - Rio Gallego - Fiscal - Janovas

27. September 2013 – Freitag– 29. Tag
Campingplatz Boltana, Aragon – Spanien
Boltana – Valle de Serrablo – Puerto de Serrablo – Laguerta – Rio Gallego – Tunnel Petralba – Fiscal – Janovas - Boltana
Fahrzeit: 4 1/2 Stunden, 97 Meilen – 156 km

Kurz vor dem Aufstehen tröpfelt es leicht. Doch als Rolf zum Brot holen fährt, lacht schon wieder die Sonne vom Himmel. Es ist warm. Heute fahren wir zunächst nach Ainsa, ich will noch mal zum Friseur. Doch heute habe ich kein Glück, der Laden ist total überfüllt, also nichts mit Haare machen.

Stattdessen geht es zurück auf N 260 bis kurz nach Boltana, dort biegen wir ab auf A 1604, eine kurvige Gebirgsstraße, durch das Valle de Serrablo, vorbei an Campodarbe. Die Fahrt durch das Tal ist wunderschön, wilde Felsen, dunkle Wälder und Rinder, die frei umher laufen. Hoch hinauf auf Puerto de Serrablo, 1.291 m. Dort halten wir, um Fotos zu machen. Vier schnelle Audis kommen die einsame Bergstraße hinauf gerast. Sie winken und rasen weiter. Hoffentlich haben sie keinen Zusammenstoss mit den hier freilaufenden Rindern und Schafen. Die Straße ist voller Kuhfladen, nicht so angenehm für Motorradfahrer, da sehr rutschig.

Weiter geht die Fahrt, durch den schönen Ort Laguerta, am Rio Guarga entlang, der sehr wenig Wasser führt. In Laguerta sind eine alte Kirche und einige schöne Häuser sehenswert.

Wir machen Halt an einer Brücke über den Rio Guarga und schauen, wie wir weiterfahren wollen. Eine alte, wackelige Brücke in der Nähe hat es mir angetan. Außerdem mache ich Fotos von den Mülltonnen, wo man alles statt hinein daneben geworfen hat. Dieses Phänomen ist wohl überall auf der Welt gleich.

Rolf hat die richtige Strecke ausgeguckt und weiter geht es. Eine riesige Autobahnbrücke, ca. 350 m lang, überquert den Rio Guarga. Dann erreichen wir die N 330/E 7 und fahren 1 Stunde Richtung Huesca. An einer großen Baustelle, die wir schon vom letzten Jahr kennen, bei Barangua, biegen wir ab auf einen engen, kurvigen, aber in diesem Jahr sehr gut asphaltierten Feldweg über Serne, San Vicente, Aquilue bis Caldearenas. In dieser einsamen abgelegenen Gegend hat man das Gefühl, völlig allein auf der Welt zu sein.

Ab dort verwandelt sich die Straße in eine reine Holperpiste, es geht über Latre, Latras, Orna de Gallego bis hin zur N 330/E 7. Die Straße führt teilweise am Rio Gallego entlang. An einer Brücke halten wir kurz und machen Bild von dem Fluss, der hier in einer herrlichen Smaragd-Farbe leuchtet. Der Rio Gallego, ca. 194 km lang ist einer der wichtigsten Nebenflüsse des Rio Ebro.

Die Tour geht weiter, Richtung Sabinanigo, von dort auf N 260, vorbei an der Sierra de San Pedro, durch das Valle de Basa, vorbei an Fanlilo, durch die Sierra de Cancias, durch den langen kalten Tunnel Petralba (3 km) und den kleinen Tunnel Berroy bis Fiscal.

In diesem Jahr halten wir in Fiscal und schauen uns in dem kleinen Ort um. Die alte Kirche ist nur von Außen zu besichtigen, es gibt ein einstmals schönes Haus, welches nun verfällt, eine alte Apotheke und als ich weiter am Fluss entlang laufe, um die dort stehenden schönen Häuser anzusehen, eine Unmenge von Mücken. Irgendwie ist Rolf verschwunden, ich telefoniere, aber er meldet sich nicht. Plötzlich sehe ich ihn wieder und wir können weiterfahren.

Irgendwo habe ich gelesen, dass die Orte Javierre de Ara und Santa Olaria nur noch von wenigen Menschen bewohnt sind. Schade eigentlich. Bald nähern wir uns dem Mirador von Janovas. Wir sind neugierig, was es mit diesem verlassenen Ort auf sich hat. Rolf fährt trotz meiner Proteste eine steile Schotterpiste hinunter.

Wir parken und folgen einem Wanderschild zur Puente Janovas, oberhalb des Rio Ara, der hier in den schönsten Farben leuchtet. Ein Loch im Berg interessiert mich. Doch zunächst laufen wir über die wackelige Brücke über den Fluss. Ich bekomme die Krise, so schaukelt sie. Während ich fotografiere, läuft Rolf weiter. Er will sehen, ob er bis zu den verlassenen Häusern Janovas gehen kann. Er will die Ruinen fotografieren. Dabei entdeckt er, dass ein altes Haus renoviert wird. Da sucht wohl jemand wirklich die Einsamkeit.

Auf dem Rückweg kommt Rolf meiner Neugier nach und erkundet das Loch im Berg, welches ich entdeckt habe. Es scheint ein alter Stollen zu sein. Ich hab mich nicht getraut, dem abenteuerlichen Pfad zu folgen. Da wir keine Informationen in Spanien über Janovas finden, beschließe ich, Zuhause nachzuforschen und siehe da, ich werde fündig.

Hier die unglaubliche Geschichte Janovas in Kurzform:
Janovas, einst ein wohlhabendes und schönes Dorf, war eines der 17 Dörfer, die zerstört wurden, um Platz für ein Wasserkraftwerk zu machen. 1951 wollte das Unternehmen Iberdrola ein Wasserkraftwerk-Projekt im Tal des Rio Ara errichten. Das schöne Tal sollte einem gigantischen Stausee weichen. Zu Beginn des Jahres 1960, als mit den Arbeiten im Sumpfgebiet um Janovas noch nicht begonnen worden war, begann die Firma mit der Enteignung der Grundstücke und Häuser.

Um den Widerstand der Menschen zu brechnen, schreckte man selbst vor der Sprengung der Häuser nicht zurück. Da der Staat sich jedoch weigerte, die Schule zu schließen, wurden im Jahr 1966 Schüler und Lehrer mit Gewalt (an den Haaren gezogen etc.) durch die Iberdrola aus der Schule entfernt.

Die Felder der Bauern wurden zerstört, Obstgärten und Olivenhaine wurden abgeholzt, Kanäle zerstört und schließlich wurden Strom und Wasser abgestellt, bis die Stadt Janovas im Jahr 1984 vollständig evakuiert war.

Meinungsverschiedenen zwischen der Firma und dem Staat, schlechte Projektplanung und letztendlich Zweifel an der Rentabilität (Studie von 2001), verzögerten das Projekt. Bei der Studie stellte sich heraus, dass aufgrund des Sumpfgeländes keine Wirtschaftlichkeit des Projektes zu erwarten sei. So wurden die begonnenen Arbeiten für das Wasserkraftwerk eingestellt.und der Damm nicht gebaut.

Im Rio Ara sieht man noch Teile des begonnenen Bauwerkes. Heute kämpfen die Menschen und ihre Nachkommen aus den zerstörten Dörfern für die Wiedererlangung der Grundstücke und Häuser, so dass sie zurückkehren, wieder aufbauen und dort leben können, wo sie Zuhause sind.

2008 schickte der Staat Anfragen an die 115 vertriebenen Familien aus Janovas und es begannen Planungen für den Wiederaufbau des Ortes.

Nach der Pause in Janovas fahren wir weiter, erst zum Tanken und dann zum Campingplatz. Ankunft dort um 15 Uhr, nach 4 ½ Stunden, 97 Meilen (156 km).

Heute war der Tag der Rinder, überall auf den Straßen liefen sie frei herum. Gott sei Dank haben sie uns immer unbehelligt passieren lassen. Bei der Ankunft auf dem Campingplatz läuten schon die Glocken der Schafe.

Wir machen ein Bild von Veronica, sie ist die gute Seele am Empfang des Campingplatzes und war sehr hilfsbereit und freundlich zu uns.

Heute Morgen beim Frühstück haben uns zwei kleine schwarze und eine kleine grauweiße Katze Gesellschaft geleistet. Sie sehen halb verhungert aus und fressen gerne das weiche Innere des Baguettebrotes. Heute Abend kommen sie schon merklich näher, sie spüren wohl, dass wir ihnen wohl gesonnen sind und ihnen nichts tun werden.

Zum Dinner gibt es Lamm, Zucchini, Salat, Trauben, Baguette und Rotwein. Die kleinen Katzen bekommen von dem Lamm auch etwas ab. Ich kann da einfach nicht widerstehen. Während ich schreibe, macht es sich ein frecher Spatz auf meinem Kopf bequem. Leider haben wir die Camera nicht bereit.

© Uschi Agboka, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Niederbayern nach Frankreich, 50 Tage mit dem Campingbus und dem Motorrad durch die Auvergne, die Midi-Pyrenees, durch Spanien mit Stützpunkt in Boltana bzw. Mendigorria.
Details:
Aufbruch: 30.08.2013
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 19.10.2013
Reiseziele: Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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