TimeOut in Südamerika

Reisezeit: April - August 2008  |  von Beatrice Feldbauer

Woche 8 31. Mai - 6. Juni 2008: Lapislazuli

Ich habe gut geschlafen. Hatte das auch nötig nach der langen Busfahrt und der fast schlaflosen Nacht davor. Und kein Wecker weckte mich am Morgen. Ich hörte nur ein paar Gäste, die gegen acht vor meinem Zimmer vorbeigingen. Doch mein Riegel war vorgeschoben und so störten mich die Geräusche nicht und ich war bald wieder eingeschlafen. Als es ein wenig heller wurde, stand ich auf. Dusche und Toilette waren frei. Entweder schliefen die anderen Gäste noch, oder sie waren früh raus. Zum Glück hatte ich Frottiertücher eingepackt, denn sowas steht in diesem Hostal nicht zur Verfügung. Was mir aber fehlt, ist ein grosses T-Shirt, das ich nachts rasch überziehen kann, wenn ich raus muss. Ich habe mich anscheinend nicht mit der Möglichkeit befasst, kein eigenes Bad zu haben. An alles hatte ich gedacht, sogar einen dünnen Seidenschlafsack hatte ich eingepackt (Christina!!), falls mal ein Bett nicht so ganz sauber wäre, aber an einen Pyjama hatte ich nicht gedacht. Ich werde also heute sowas besorgen.

Doch zuerst mache ich mich auf, ein Frühstück zu organisieren. Und ein Internetcafé brauche ich auch, denn das Internet im Hostal funktioniert im Moment nicht. Im Hafen finde ich fast alles. Einen Laden, in dem ich ein riesiges Patagonien-T-Shirt bekomme. Und weil ich mit Carmen, der Verkäuferin ins Gespräch komme, sehe ich mich noch ein wenig um. Ich erzähle ihr, dass ich noch kaum etwas von Punta Arenas gesehen und dass ich das Gefühl habe, der Ort hätte nichts zu bieten. Oh, das sieht Carmen aber ganz anders. "Wir haben hier so schöne Museen, die musst du besuchen. Und sieh mal, hier entlang der Hauptstrasse hat es ganz viele Monumente, die musst du unbedingt ansehen. Und ausserdem gibt es einen Mirador. Du läufst da ungefähr einen Viertelstunde bergauf und hast einen wunderbare Aussicht auf den Hafen, das Meer und die Stadt mit ihren verschieden farbigen Blechdächern." Dass draussen die Wolken so tief hängen, und die Sonne kaum eine Möglichkeit sieht, heute auch nur einen einzigen Strahl bis auf die Erde zu schicken, ist Carmen überhaupt nicht aufgefallen.

Wieder einmal beeindruckt mich diese unglaublich positive Haltung und ich überlege, was eine Verkäuferin in Malters einer zufälligen Touristin raten würde. Wohl kaum, dass es wunderschön ist, der Emme entlang zu spazieren und dass man auch bei Schlechtwetter Natur pur erleben kann. Und dass man die grosse Kirche ansehen oder nach Blatten spazieren und dort die allseits bekannte Hochzeitskappelle besuchen könnte.

Wir sind unterdessen bei der Vitrine mit dem Schmuck angekommen. Lapislazuli, dieser tiefblaue Stein, der Stein Chiles. Lapislazuli sei der Stein der Kommunikation lese ich auf einem kleinen Schild. Passt.

Ich möchte eigentlich nicht mehr weiter auf das Thema Schmuck eingehen. Nur soviel: was ich im Hostal gespart hatte, habe ich in Steinen angelegt. Ist, wenn man es richtig bedenkt, die bessere Investition. Zum Laden gehört auch eine sehr hübsche Cafeteria im ersten Stock und während ich meine heisse Schokolade trinke, kommt ein Mann mit dem Laptop und fängt an zu surfen. Ich werde also morgen auch wieder hierherkommen.

Bevor ich gehe, will ich noch wissen, wo das nächste Internetcafé ist. Und ich finde dieses, bevor ich das Museum finde. Also schnell Mails checken und nachsehen, ob jemand ins Gästebuch geschrieben hat. Wunderbar, zwei neue Einträge. Gästebucheinträge sind wie Geschenke. Sie sind gewissermassen das Zuckerbrot.

Mails hätten ruhig etwas mehr eintreffen können, denn schliesslich habe ich heute Zeit. Ich weiss nicht, ob ihr wisst, dass man mir auch ganz normal ein Mail schicken kann. Ich kontrolliere jeden Tag alle meine virtuellen Briefkästen. Also jedenfalls habe ich heute genügend Zeit, aufgelaufene Briefschulden aufzuarbeiten und es reicht auch noch für einen kleinen Chat per MSN mit Giorgio, der ja meine Reise ständig auf Google Earth aufarbeitet.

Als ich endlich aus dem Internet komme, ist das Museum gegenüber bereits geschlossen. Im Winter bis 14.00 Uhr offen. Werde mich morgen etwas besser organisieren.

der Hypermercado

der Hypermercado

Im schlendere durch die Strassen und komme zum Hypermercado. Einfach mal reinsehen, was es da so alles gibt. Eigentlich unterscheidet er sich gar nicht so sehr von einem Supermarkt bei uns. Einzig die Abteilung mit dem Zubehör für den Kindergeburtstag ist etwas Speziell. Es gibt da Hütchen und Papierteller, kleine Papiertuten (Blasinstrumente, oder vielleicht sollte ich sagen Lärminstrumente), Ballons und Papiergirlanden und alles in jedem beliebigen Design. Die Auswahl reicht von Disney-Prinzessinnen, Barbie und ihren Verwandten bis zu Dschungel-und Kriegerlook. Ganze zwei Regale sind voll mit all den Spielereien.

Wieder auf der Strasse entdecke ich auf einem Platz ganz viele Hunde. Mindestens zehn Hunde liegen da und scheinen zu schlafen. Einer liegt sogar mitten auf der zweispurigen Strasse und die Autos müssen aufpassen, dass sie ihn nicht überfahren. Ich beobachte ihn einen Moment. Es fehlt ihm nichts, er schaut sogar einmal auf und verändert ein wenig seine Stellung, um sofort wieder weiter zu schlafen.

Ich frage den Schmuckverkäufer, der auf dem Platz seinen Stand aufgestellt hat. "Das sind herrenlose Hunde, die gibt es auf allen Plätzen der Stadt. Manchmal liegen sie hier, manchmal an anderen Orten. Kein Mensch kümmert sich um sie." Natürlich lässt es sich nicht vermeiden, dass ich ganz nebenbei, während wir über die unterschiedliche Haltung von Hunden diskutieren, ein paar wunderschöne Ohrhänger sehe, die genau zur Kette passen, die ich am Morgen bei Carmen gekauft hatte. Carlos freut sich, denn Kunden aus der Schweiz hat er selten. "Que lejos" meint er, wie weit weg.

Die Museen sind zu, aber was immer offen ist, sind die Cafeterias. Und gerade so eine liegt jetzt auf meinem Weg. Mit einem Schokoladekuchen und einem Cappuccino lässt sich jeder düstere Nachmittag versüssen. Und anstatt dass ich mit einer Freundin plaudere, was ja eigentlich auch zu einem solchen Nachmittag gehören würde, hole ich mein inzwischen ziemlich mitgenommenes rotes Notizbuch aus der Handtasche.

So lässt es sich gut sein...

So lässt es sich gut sein...

... und dann noch was zur Stromversorgung

... und dann noch was zur Stromversorgung

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nicht Nichtstun steht im Mittelpunkt. Sondern etwas tun, wofür im normalen Alltag zu wenig Zeit bleibt. Meine beiden Leidenschaften Reisen und Schreiben möchte ich miteinander verbinden. Und wenn mich dabei jemand begleitet, umso schöner. Es sind vor allem Geschichten, die ich erzähle und erst in zweiter Linie Beschreibungen von Orten und Gebäuden. Ich möchte versuchen, Stimmungen herüberzubringen. Feelings, sentimientos. Wenn mir das manchmal gelingt, ist mein Ziel erreicht.
Details:
Aufbruch: 12.04.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 03.08.2008
Reiseziele: Uruguay
Brasilien
Paraguay
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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