Fidi Down Under

Reisezeit: Oktober 2004 - Oktober 2005  |  von Fides J.

Numul Numul Cattle Station

13.August - 5.September 2005

Bin jetzt seid gestern (06.09.) wieder zurueck in der Zivilation. In Katherine. Und heute abend geht mein Zug nach Alice Springs.
Aber davon will ich mal noch gar nicht reden... es gibt schliesslich noch einiges Nachtraeglich von den letzten Wochen zu berichten.

Stehengeblieben war ich wohl bei dem "Nachbarn" der mich von Darwin zur Cattlestation mitnehmen wollte.
John selber bezeichnet sich als Zigeuner - er wohnt eigentlich in Mossman im Regenwald, naehe Cairns. Aber die meiste Zeit verbringt er wohl in seinen 4WD. Er ist viel unterwegs. Viel Zeit verbringt er auch auf Numul Numul - er hat da naehmlich so um die 250 Rinder. Sozusagen ein Teilhaber der Station....
Wir hatten eine sehr lustige Fahrt. Und ich hatte ein gutes Gefuehl fuer die kommenden Wochen.
Wir haben Western Musik gehoert, zwei grosse Huete gekauft, sind in Mataranka in den Thermalquellen geschwommen - wo ich meine ersten Cattle Fachgespraeche hatte, zum Lunch sind wir zur Coodardie Station in Mataranka. Ich habe mit "Truckies" (LKWfahrern) uebers "Radio" gequatscht (sozusagen ein WalkiTalki und DAS Kommunikationsmittel auf den Stations und auf dem Highway da kein Handy Empfang oder aehnliches vorhanden. John meinte ich sollte das wohl besser ueben bevor ich auf der Station ankomme...)

Ja, und dann sagte John irgendwann "Alles was du rechts vom Highway siehtst ist Numul Numul - fuer die naechsten 30 km."

Numul Numula Station ist wie schon erwaehnt Aboriginal Land und seid 4 Jahren von der Familie O'Brien gepachtet.
50.000 ha mit ca. 5.000 Brahman Cattle, 30-40 Pferden, mehreren hunderten Wildpferden, Wildesel, Wildschweinen, millionen von Termiten, und viel zu viele "Gates".

Auf der Station wohnen Mike O'Brien mit Bruder Rory sowie Mikes "Kinder" Felix und Moira. John kommt alle paar Wochen. Mikes Frau Claire wohnt in Mataranka auf Coodardie Station, welche Eigentum ist. Aber jedes zweite Wochenende kommt sie raus nach Numul Numul mit den Enkelkindern.

Ich war dort als "WWOOFer" - das steht fuer "willing worker on organic farms" und bedeutet du arbeitest fuer 4-6 Stunden am Tag und bekommst dafuer freie Unterkunft und Verpflegung. Ist also nichts zum Geld verdienen sondern fuer die Erfahrung.
Ich habe allerdings von "Sunrise to Sunset" gearbeitet - aber was sonst haette ich da draussen auch machen sollten mit meiner freien Zeit?!?

Meine Hauptaufgaben waren wohl "Gates" oeffnen, die Milchkuehe und die Kids morgens und abends fuettern, mit Rory hinten auf dem PickUp raus fahren und Futter fuer die Rinder draussen verteilen, sowie Abwasch machen (meine Lieblingsbeschaeftigung...).

Zwischen meiner ersten und letzten Beschaeftigung des Tages - das fuettern der Kuehe und Kaelber - habe ich im Rueckblick auf die vergangen Wochen viele unterschiedliche Dinge gemacht.
Wie gesagt das rumfahren auf der Station war eine Sache und hat oft Stunden in Anspruch genommen. Auch die Rinder da draussen bekommen regelmaessig Zusatzfutter und die Wasserstellen, Wasserpumpen und -tanks muessen alle paar Tage kontrolliert werden.
Einmal bin ich mit Rory 5 Stunden lang ueber die Station gefahren und ich hatte lange noch nicht alles gesehen. 50.000 ha sind unbeschreiblich gross...
Nach drei Wochen hatte ich gerade mal soviel Orientierung dass ich den Weg zu der wichtigsten Wasserpumpe wusste...

Einmal sind wir in einem Creek steckengeblieben und mussten zum Haus laufen da wir niemanden von den anderen ueber "Radio" erreichen konnten. Ich kann nur sagen, ich hoffe das war das letzte Mal in meinem Leben dass ich in der absoluten Mittagshitze bei 38 Grad im Schatten 3 1/2 Stunden durch den Busch laufen musste.
Ach und uebrigens, wir haben nicht einmal Cattle in den 3 1/2 Stunden gesehen - das nur nochmal dazu wie gross alles ist und 5.000 Cattle ist eigentlich gar nichts.
Aber das wird sich wohl in den kommenden Jahren aendern, da Numul Numul Station nach 4 Jahren immernoch in der Aufbauphase ist.

Ansonsten habe ich sehr gerne im "Yard" gearbeitet.
Das war super interessant. Zuerst war "mustering" angesagt; d.h. auf dem Pferderuecken die Rinder zusammentreiben und zum "Yard" bringen. Das war wohl meine Lieblingsbeschaeftigung
Im "Yard" werden die dann sozusagen sortiert. Wer wird verkauft, wer geht zum "Live-Export" nach Indonesien, wer bleibt,.... sowie Brandzeichen, Ohrstecker, "Tick" Impfung, Schwangerschaftstest, Samentest, kastration, ....
Meine Aufgabe war meistens die Schwanzhaare zu kuerzen.

Meine wohl schoenste Erfahrung war ein Schwangerschaftstest bei einer Kuh.
Da bekommst du einen grossen Plastikhandschuh der bis unter die Arme reicht und dann Schwanz hoch und hinten rein Hoert sich abartig an und das ist es wohl auch wenn man zuschaut, aber wenn du es selber machst ist es gar nicht so schlimm. Und die Kuh sagt da komischer Weise gar nichts zu.
Mein Arm war beinahe zu kurz, aber ich konnte denoch mit meinen Fingerspitzen den Kopf vom 7 monate alten Kaelbchen spueren!

Das ist einfach nur ein Einmaliges Gefuehl!! Wie ein Wunder!

Was sicherlich auch ein einmaliges Erlebnis war, war dabei zuzuschauen wie Aboriginals eine Kuh auseinander nehmen. Die Aboriginals denen das Land gehoert wohnen in einer "Comunity" am andern Ende der Station. Und ca. alle 6 Wochen wenn Sie wieder genug Geld haben kaufen Sie eine Kuh von Mike und die wird dann mitten im Busch erschossen und auseinandergenommen.
Ein riesen Messer und ein PickUp, ausgelegt mit Blaettern wo das Fleisch draufkommt, ist alles was die dazu brauchen.
Ich glaube den Anblick wie die da so lag ohne Fell - wie Ausgezogen - und ich konnte jegliche Innerein und rosa Fleisch sehen - das werde ich nie vergessen.

Was ich nicht so wirklich gerne gemacht habe war alte Zaeune abbauen. (Immerhin nur zwei Tage) Alles Stacheldraht da draussen und es ist echt kein Zuckerschlecken den ganzen Tag in der knalle Sonne mit den billionen von Fliegen, dem Staub und dem shit Stacheldraht.
Meine Beine sehen immer noch aus als haette mich jemand durch Stacheldraht geschleift.
Aber das passt wohl zu meinen Haenden - den Dreck werde ich wohl auch noch einige Tage lang behalten.

Spassig war auch das Fahren mit einem "Australischen Buschtruck". Diese sind dafuer bekannt, dass sie erstens alt sind und zweitens keine Bremsen haben.
Die meisten haben auch keine Tueren. Das soll wohl angeblich einfach nur deshalb so sein, weil man die eh nie braeuchte.
Ich denke dass haengt aber damit zusammen, dass du ohne Tuer schneller rausspringen kannst um den legenderen Stein - der unter dem Fahrersitz seinen Platz hat - unter den Vorderreifen zu schmeissen. Irgendwie muss man ja schliesslich zum stehen kommen.

Vielleicht ist es aber auch einfach nur, damit man schneller sein eigenes Leben retten kann, falls man den Zeitpunkt mit dem Stein verpasst hat.
Die Erklaerung die ich mir anhoeren durfte war so nach dem Motto "was nicht vorhanden ist kann nicht kaputt gehen" - oder so aehnlich.
Dazu sage ich nur: Versteh mal einer die Menschen im Busch. Die haben echt ihre eigene Denkweise.
Der Buschtruck von Numul Numul ist uebrigens ein 30 Jahre alter Dodge. Ganz klassisch ohne Tueren und Motorhaube (brauch man ja auch nicht so wirklich...).

Es eine unglaubliche Erfahrung eine Zeitlang da draussen im Busch zu verbringen.
Dort gibt es wirklich nichts. Gar nichts.
Ich habe drei Wochen lang nicht einen anderen Menschen gesehen als die die dort wohnen.
Und ich habe das Gate zum Highway nur zweimal durchquert - an meiner Ankunft und bei meiner Abreise.

Es ist eine faszinierende Natur und traumhaft schoen.
Es ist viel zu heiss, staub ohne ende (ich weiss jetzt warum der Mensch Nasenhaare hat), und manchmal habe ich gedacht, ich muesste halb tot sein den Fliegen nach die um mich herum schwirren.
Jedenfalls weiss ich jetzt wie sich ein Pferd fuehlt mit Fliegen in Augen, Nase, Ohren, Mund,...

Die O'Briens betreiben ihre Station organisch und haben einen ganz besonderen Draht zu ihren Tieren. Ungefaehr die haelfte hat einen Namen und wenn du uber die Station faehrst kannst du dir immer anhoeren "Das da ist Road Runner", "das ist Ralf", "das ist Suzzy",... ich finde bei tausenden von Cattle ist das schon beinahe eine Meisterleistung.

Als ich das erste Mal "mustering" dort gemacht habe, war ich ein bisschen entaeuscht... Null action, keine Staubwolken, keine rennende Cattleherde,....
Aber nachdem ich einen Tag bei der Nachbar Station mitgeholfen habe und erlebt habe wie respektlos andere Farmer ihr Cattle behandeln, welche Auswirkungen mustering mit Hunden, Quads, Autos und Hubschraubern auf das Cattle hat, habe ich meine Meinung geaendert.

Jegliches Cattle, was Mike gehoert und beim "mustering" beim Nachbarn aufgetraucht ist, weil es wohl ein Loch im Zaun gefunden hat, wurde zurueck zu Numul Numul gebracht und Mike hat es - oft schweren Herzens - verkauft.
Das Cattle war so verstoert von den vergangen "mustering" Tagen, das es wohl niemals wieder "normal" werden wuerde.

Ich hoffe einfach nur, dass ich irgendwann noch mal die Chance habe etwas Zeit da draussen im Niergendwo zu verbringen.

Mein erstes und auch letztes Gate @ Coodardie Station in Mataranka.
Mit neuem Hut  & Johns 4WD im Hintergrund. 
(Das auf dem Dach ist uebrigens ein Zelt - kein Skikontainer  )

Mein erstes und auch letztes Gate @ Coodardie Station in Mataranka.
Mit neuem Hut & Johns 4WD im Hintergrund.
(Das auf dem Dach ist uebrigens ein Zelt - kein Skikontainer )

50.000 ha - und fast alles sieht so aus.

50.000 ha - und fast alles sieht so aus.

Auf dem PickUp beim Futter verteilen.

Auf dem PickUp beim Futter verteilen.

Mit "Pit Bull" einem der Showbullen von Numul Numul.
(Weiss nicht warum der so heisst, denn eigentlich ist er der liebste den ich kennengelernt habe.)

Mit "Pit Bull" einem der Showbullen von Numul Numul.
(Weiss nicht warum der so heisst, denn eigentlich ist er der liebste den ich kennengelernt habe.)

Australischer "Bushtruck"

Australischer "Bushtruck"

meine morgentliche Aussicht beim Aufwachen...

meine morgentliche Aussicht beim Aufwachen...

hier beim "mustering" - d.h. eigentlich schon auf dem Rueckweg zum Haus.

hier beim "mustering" - d.h. eigentlich schon auf dem Rueckweg zum Haus.

Die schoenste Zeit des Tages ist, wenn die Sonne langsam untergeht. Und damit auch die drueckende Hitze.

Die schoenste Zeit des Tages ist, wenn die Sonne langsam untergeht. Und damit auch die drueckende Hitze.

Regelmaessig sind wir rausgefahren und haben Cattle kontrolliert. Ob es allen gut geht, keine Dingobisse, alle Kaelber wohlauf,...

Regelmaessig sind wir rausgefahren und haben Cattle kontrolliert. Ob es allen gut geht, keine Dingobisse, alle Kaelber wohlauf,...

"Meine" Kids bei der abendlichen Fuetterung.

"Meine" Kids bei der abendlichen Fuetterung.

"Scheisse schaufeln beim Sonnenuntergang"

"Scheisse schaufeln beim Sonnenuntergang"

Mit Futter auf dem PickUp bist du jedermans Freund

Mit Futter auf dem PickUp bist du jedermans Freund

"ohne Worte"

"ohne Worte"

"ebenso"

"ebenso"

© Fides J., 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
"Nur wer ins Land der Hoffnung reist, begegnet dem Wunder des eigenen Muts und kann mit geheilten Wunden zurueckkehren und weitergehen."
Details:
Aufbruch: 12.10.2004
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 12.10.2005
Reiseziele: Australien
Südkorea
Der Autor
 
Fides J. berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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