Wenn nicht jetzt wann dann

Reisezeit: April 2008 - September 2009  |  von Sabine Salcher

Australien: 26. Working in Carnarvon

21.10 - 21.11 Carnarvon (Tag 177 / 84) - (Tag 208 / 115)

In Carnarvon halten wir dann beim empfohlenen Hostel. Erstmal heisst es vom Hostelvater sie waeren voll (bitte nicht, das Paar sagte, geh nur da hin, das andere Hostel ist die Hoelle!), aber dann als seine Frau spaeter nachschaut ist doch was frei. Wir bringen also meine Sachen hoch und gehen danach zum Strand um noch zusammen Lunch zu haben. Und irgendwann geht es dann nicht mehr. Egal wie langsam wir essen oder wie langsam wir zusammen packen, irgendwann steh ich heulend in Carnarvon und muss mich von diesen so lieb gewonnenen Menschen verabschieden. Fast drei Wochen 24 Stunden zusammen, auf engstem Raum, ohne jegliche Privatsphaere, 5 Stranger die sich vorhger kein wenig kannten, die Lebenswege zusammengefhuert und dann wie der Urknall wieder auseinander gesprengt. In ein paar Tage sind wir 1000de von Kilometern voneinander getrennt, jeder in einer Ecke von Australien. Ich in Carnarvon, Severine in Perth, Kristina in Cairns und David und Gayoung in Sydney. Aber vor drei Wochen waren wir alle zur richtigen Zeit am richtigen Ort...

Kurz danach ruft mein Dad an und hilft mir ueber die erste Stunde hinweg. Und dann muss ich auch schon mein neues Leben organisieren und mich um einen Job bemuehen. Das letzte was ich jetzt gebrauchen kann ist tagelang hier rumzuhaengen, Geld auszugeben und keinen Job zu finden. Zunaechst hoer ich nur negatives. Ja du stehst auf der Warteliste, alle anderen haben teilweise 10 Tage gewartet, gestern sind fuenf abgereist weil es nichts gab und so weiter. Aber ich sag nur, hartnaeckig muss man sein. Ich geh ein weiteres mal zur Rezeption und frag nach und genau in dem Moment ruft ein Farmer an und fragt nach Leuten. Ihr Blick faellt auf mich und sie sagt "Ja und eine Deutsche sucht was" Am naechsten Morgen um 7Uhr bin ich auf dem Feld und pick Capsicum (Paprika)!

Carnarvonb, mein neues zu Hause. Fuer wie lange steht noch nicht fest. Wenn es allzu schlimm wird bin ich hier in zwei Wochen wieder weg, aber erstmal muss was Geld rein. Meine ersten Tage Capsicum Picking sind gar nicht so schlimm wie ich gedacht hab. Klar ist es koerperliche Arbeit, aber bis auf meinen Ruecken geht es mir eigentlich ganz gut. Der schmerzt natuerlich vom andauernden gebueckten Arbeiten. Aber in Kombination mit meinem ipod bekommt man den Tag eigentlich ganz gut rum. So huepfe ich also zu Brings und superjeile Zick ueber die Felder. Nur die Temperaturen sind nach wie vor unertraeglich, so dass unsere Arbeitstage auch nicht so lang sind. Fuer den Anfang und zur Eingewoehnung ist das aber eigentlich perfekt. 6 Stunden am ersten Tag und dann jeden Tag eine Stunde mehr. Aber bereits am zweiten Tag aendert sich alles. In meiner Mittagspause, die wir, da wir aufgrund der Temperaturen zwei Stunden frei bekommen, in Carnarvon Town verbringen, spricht mich auf dem Weg zum OP Shop (Secondhand), wo ich Arbeitsklamoptten kaufen will, mein Guesthouse-Dad an, ob ich nicht den Barmate Job machen moechte. Mehr Geld und ein eigenes Zimmer, mit eigenem Bad, Kuehlschrank und Fernseher. Ich bin erstmal so geschockt, das ich mir Bedenkzeit bis zum Abend ausbete. Nachmittags auf dem Feld rechne ich das ganze dann durch und das es mehr ist und der Luxus natuerlich auch ein wenig lockt sag ich zu. Als wir Freitags unsere Schecks bekommen muss ich also meinem Farmboss die frohe Botschaft verkuenden und der ist natuerlich erstmal stocksauer. Zunaechst weiss er auch nicht ob er mich morgen arbeiten lassen will, sagt am Ende dann aber doch zu. So hab ich also bereits nach vier Tagen arbeiten meinen letzten Arbeitstag. Die beiden Girls von Irland mit denen ich zusammenwohne und die letzten Tage gearbeitet hab versetzen meinen Boss dann aber in noch schlechtere Laune, so dass er am Ende des Tages nicht mehr suaer auf mich ist als ich mich verabschiede. Fuer die beiden sind zu viele Spinnen auf den Feldern und ueberhaupt ist die Arbeit und der Boss grauenhaft in ihren Augen. Und sie hatten fuer drei Monate zugesagt! Ein positives hat der Tag aber. Ich lern Uli (German), meinen persoenlichen Capsicumlieferanten fuer die naechsten Wochen kennen. Er hat heute seinen ersten Arbeitstag und da er naechste Woche in mein Hostel zieht wird er mich die naechsten Wochen immer ausreichend versorgen

Meine Abende in dieser ersten Woche verbringe ich hauptsaechlich mit Alex, einer Deutschen, die bisher den Barmate Job gemacht hat. Sie erklaert mir alles und wir kochen ein paar mal zusammen. Ansonsten ist mein Leben hier ruhig. Sie Leute sind nicht so der Renner. Insgesamt ist das Hostel sehr gross und immer ausgebucht. Die Backpacker teilen sich grob in zwei Gruppen: Asiaten und Nicht-Asiaten. Und die mischen sich auch nicht wirklich. Bei den Nicht-Asiaten gibt es dann die Irlaender, die Franzosen, zwischendurch auch mal die Deutschen und den Rest. Aber auch die mischen sich nicht so toll. Insgesamt also eher ein Reinfall.

Meinen ersten freien Sonntag verbringe ich mit Waesche waschen und am Strand liegen. Lesen, doesen und spaeter Alex treffen, die eigentlich heute Nacht den Bus nach Perth nehmen wollte, diesen aber verpasst hat, da Zeitumstellung war und sie somit zu spaet da war. Sie faehrt also heute Nacht!

Ja und dann hab ich meinen ersten Tag als Barmate.

Binchen in Action

Binchen in Action

Morgens muss ich erstmal meine Sachen packen und umziehen. Zunaechst sieht es so aus, dass ich erst heute Abend in mein neues Zimmer ziehen kann (was ein wenig bloed ist, da ich dann ALLES richtig packen muss und nicht einzeln rueber bringen kann). Aber dann kann ich frueher rein (allerdings erfahr ich das NACHDEM ich alles richtig gepackt hab!), jedoch nur so kurzfristig vor meinem Arbeitsbeginn, dass ich meine Sachen reinschmeisse und auch schon wieder durch die Tuer bin. Jaaaaaaa und dann steh ich das erste mal hinter dem Tressen. Von Tuten und Blasen keine Ahnung. Was ist ein Middy, wie Schoner und nun VB oder EB Bier (was beides bei dem Country Ozzies gleich klingt)???????????? Und warum hab ich immer soviel Schaum auf dem Bier? Wwas die Ozzies gar nicht moegen (nicht wie in Koelle so eine schoene Krone) Da bekommen die einen Anfall. Einen kleinen Strich, ansonsten gibt es ja nicht genug fuers Geld!!! Aber irgendwie ueberleb ich meinen ersten Tag und das liegt vorallem an meinem superlieben Boss Tony, der total relaxt ist, immer strahlt und sich nicht aus der Ruhe bringen laesst. Und naturelich an meinem Herzchen, den aelteren pensionierten (oder teilweise auch nicht) mit Zaehnen oder ohne, liebenswerten Opas. Meine Kunden. Es gibt Tage wo ich ca. 6 Kunden hab, stressig ist dieser Job also nicht. Manchmal wird es aber auch schon was voller. Mittwochs wenn fuer 1,5 Stunden Happy Hour ist und die "Old Bastards" ihren Stammtisch haben und Bingo spielen. Ja dann ist der Laden (fuer seine Verhaeltnisse) gerammelt voll. Wenn es "Schnittchen" gibt und das Bier so herrlich guenstig ist, dann kommen sie alle an.

Old Jetty

Old Jetty

Ich kenn sie alle beim Namen und weiss genau welches Bier sie trinken, so dass es meistens schon auf dem Tresen steht wenn sie gerade den Pub betreten. Da ist Less, taeglich mein erster Gast von Montags bis Freitags, streicht das Port Hotel zur Zeit und kommt nach der Arbeit auf maximal drei Bier vorbei und trinkt Emu Bitter aus einem "Glas" zum reduzierten Preis. Er fragt mich eines Tages ob ich Fisch mag und nachdem ich dies bejahe kommt er eine Stunde spaeter mit frisch gefangenem Fisch vorbei (Abends steh ich dann etwas verzweifelt oben in der Kueche und versuche meinen ersten frischen Fisch zu braten, Mapa wenn ihr mich sehen koenntet

Dann ist da mein Lieblingsgast John, der Segler. Pensioniert und kommt nur ein ueber den anderen Tag vorbei (jeden Tag Pub ist nicht gut, sagt er). Er ist bereits zweimal die Westkueste mit seinen Kats gesegelt, beide auf ein Riff gelaufen und gesunken und hat jahrelang im Hafen auf seinen Lieblingen gelebt. Er sagt immer "und wenn du dann aus SharkBay raus kommst, die Meerenge und versuchst um das Kap zu segeln, dann geht es ab" Das ist ein Kessel!" Ich lern in diesen Tagen sehr viel von John, ueber die Welt und das Leben. Immer interessante Gespraeche und Stories. Wenn er da ist vergeht der Tag wie im Flug. Und er versorgt mich mit Prawns und Scallops! Ist das was. Die Prawns lieb ich natuerlich, wie jeder weiss, aber als ich die Scallops esse muss ich mir echt einreden, das ich hier gerade was ganz feines esse.

Dann gibt es seinen Freund, heisst auch John und sitzt immer in der Ecke direckt bei mir. Kommt fast jeden Tag nach der Arbeit, ein total lieber Kerl, der mich immer anstrahl und mir alles moeglich erzaehlt. Ich kann ihn nur leider kaum verstehn!!! Am Anfang komme ich sehr oft an meine Sprachgrenzen. Nicht das ich sturzbetrunkene, lallende Gaeste hab, aber es sind Countryboys, die es manchmal einfach nicht schaffen die Zaehne auseinander zu bekommen und entsprechend sprechen.

Weiter geht es mit Ken, ca. 85 Jahre alt, kommt jeden Tag mit seinem Rollator und war mal ein sehr erfolgreicher Accontant in Sydney. Was mit ihm passiert ist weiss keiner, jedenfalls lebt er jetzt allein hier in Carnarvon, hat keine Zaehne mehr und rollt aber jeden Tag mehrmals in meinen Pub. Zwischendurch geht es immer wieder nach Hause, fuer ein Schlaefchen wie er sagt, ist einfach zu muede. Wenn er jedoch in meinem Pub ist, sitzt er stundenlang da, nippt an seinem Emu Bitter, trinkt vielleicht drei ueber den ganzen Tag und himmelt mich an. Er redet kaum und ist glaub ich ein wenig in mich verliebt. Als ich mich am Ende von ihm verabschiede hat er Traenen in den Augen und sagt, dass ich immer zurueck kommen kann.

Der naechste ist Steve, ein Kroate, der vor 20 jahren nach Australien kam, total hager aber ganz verliebt ins ich selbst. Der Sonyboy sozusagen. Ich weiss nicht so richtig was ich von ihm halten soll. Manchmal etwas aufdraenglich, muss also gezeigt bekommen wo seine Grenzen sind. Er laedt mich ein paar mal zum essen ein, ich geh allerdings irgendwann auf Abstand, da ich von Tony erfahr, dass einige Barmates Probleme mit ihm hatten.

Und zu guter letzt Dean. Er kommt immer mit seinem Hund Sally. Ein total lieber Kerl und eigentlich versteh ich nicht warum er keine Frau hat Eine Woche bevor ich Carnarvon verlasse bietet er mir Samstag Abends seinen 4WD Car an. Ich koenne es das ganze naechste Wochenende haben. Soll ein paar Freunde einpacken und am Strand campen gehen. Im Swag schlafen und die Sterne beobachten. Er waere uebers Wochenende nicht da und braeuche den Wagen nicht. Bevor ich Carnarvon verlasse muesse ich das machen. Leider kommt es nicht mehr dazu, da ich Carnarvon den naechsten Samstag Morgen um 6Uhr verlasse. Aber sein Angebot hat mich so geruehrt, komplett ohne jegliche Hintergedanken, einfach nur weil ich ein nettes Barmate bin und gut zu den Jungs bin wie er sagt. Mit Dean und einem Freund von ihm, ein rothaariger Riesenwikkinger (so sieht er aus) der immer mit seiner Harley ankommt verbring ich einige schoene Abende im Pub. Beide sind dann die einzigen Gaeste und entweder holt der Wikkinger Fish& Chips oder alle moeglichen Dipp Sachen die wir dann gemeinsam am Tresen essen. Sozusagen waehrend meiner Arbeitszeit. Und am Ende bedanken sie sich immer das ich nicht zu normaler Zeit geschlossen hab und sie noch was bleiben durften. Ist das nicht suess?? Werd mit essen versorgt und dafuer auch noch bezahlt. Ich hoffe ihr koennt ein wenig nachvollziehen wie wohl ich mich in diesem Pub gefuehlt hab. Mit allen diesen Strangern die einfach nur ein wenig Aufmerksamkeit haben wollen, jemand der ihnen zuhoert und sie anlaechelt.

Mein erstes zu Hause seit 3 Monaten

Mein erstes zu Hause seit 3 Monaten

Man beachte die Wanddekoration

Man beachte die Wanddekoration

Nach meiner ersten Woche mit Tony als Boss faehrt er mit seiner Frau Mem und seinem Sohn in Urlaub. Als Vertretung kommen seine Schwiegereltern und sein Schwiegervater Dudley wird zu meinem Boss. Am Anfang bin ich traurig das Tony faehrt aber als ich Dudley kennenlern bin ich sofort verliebt. Er ist sogar noch netter als Tony und laesst mir totale Narrenfreiheit. Ich bin sozusagen fuer den Laden allein verantwortlich. Er kommt nur ab und zu mal fuer fuenf oder zehn Minuten rein, quatscht ein wenig und ist dann wieder weg. Immer mit "See You Honey" zur Verabschiedung. Was gaeb ich dafuer sowas in Deutschland zu haben. Man fuehlt sich immer sofort zu Hause.

Die naechsten beiden freien Sonntage verbringe ich mit Steve aus Tasmanien. Er ist an meinem zweiten Tag als Barmate mit seinem jungen Freund in den Pub gelaufen und beide haben mich von da an jeden Tag besucht. Wir erzaehlen unsere Lebensgeschichte, gehen in der Woche zusammen fischen, fahren den ersten Sonntag zum old Jetty und gehen danach essen und verbringen den zweiten Sonntag bei den Blow Howls und danach am Strand. Leider geht diese "Freundschaft" danach in die brueche da er anscheinend etwas anderes von mir erwartet als ich erwartet hab und zu geben bereit bin.

In meiner dritten Woche als Barmate ist es also zunaechst sehr ruhig. Ich verbringe meine Morgende damit irgendwie gesund zu werden (bin nach wie vor andauernd krank, hab eine Angina nach der anderen und nehm zum dritten mal in zwei Monaten Antibiotika, weil ich es ohne einfach nicht weg bekomme). Danach arbeite ich meine uebelichen sieben bis acht Stunden im Pub und esse dann eine Kleinigkeit zu Abend. Ach ja, da ist ja noch ein anderes Problem was ich fast vergessen haette: Auch wenn ihr es alle nicht glauben wollt, ich hab soviel zugenommen, das mir meine Sachen kaum noch passen und das Leben so einfach keinen Spass mehr macht. Und egal was ich mache ich nehm nicht ab. Es ist nicht so das ich hier nur Fast Food esse. Ueberhaupt nicht. Morgens Muesli mit Fruechten, Mittags versuch ich warm zu essen udn Abends Knaeckebrot, mit Aufstrich und Tomate etc. Aber irgendwie ist es drauf und die Kilos wollen nicht runter. Also versuche ich neben gesund zu werden morgens noch ein wenig Sport zu treiben. Die lieben Bauchmuskeln! Aber zurueck zu meinen Abendbeschaeftigungen. Wenn mal jemand nettes im Hostel absteig verbring ich die Abende meist mit diesen Leuten oder treffe mich mit dem den beiden Steve's. Die meiste Zeit jedoch geniesse ich den Luxus von Privatsphaere, lesen und Fernseh schauen (was ich bis auf ein zwei Ausnahmen seit April nich gemacht hab).

Duuuuuuuuudley

Duuuuuuuuudley

Tja und dann kommt Tag X, Freitag der 14. November. Ein total normaler Tag. Jedenfalls am Anfang. Am Nachmittag kommt dann der Typ der gestern schon da war und nach einem Infoboard gefragt hat ein weiteres mal in den Pub. Irgendetwas Angsteinfloessendes war gestern in seinem Blick, ich weiss nicht genau was es war und kann es auch nur schwer beschreiben. Heute fragt er nach den Polstoecken. Und wie man das so als gutes Barmate macht frag ich nach wo sie (er und der junge Halbstarke) denn her sind. Ich bekomme als Antwort, dass er zur Zeit mit einem Freund die Westkueste runtersegelt! RunterSEGELT????? Bitte, was? SEGELN? Ich werd natuerlich hellhoerig und frag nach was fuer ein Segelboot es ist. Wie das aber nun mal mit Maennern so ist: sie sind 5 Schritte hinter den Frauen! Er erzaehlt was von "das es Boote gibt die ueber ein grosses Tuch den Wind auffangen und so angetrieben werden" Blablabla. Jaaaaaaaaaaaaaa Mann, ich weiss was segeln ist. WAS fuer ein Segelboot? Ich muss dreimal nachfragen bis er begreift "ey die Frau hat Ahnung von Segeln". Spaeter erzaehlt er mir, dass er in den letzten Wochen nie jemand getroffen hat der wusste was ein Segelboot ist. Er erzaehlt also alles etwas ausfuehrlicher, eine 46 Fuss Slup und fragt " Do you wanna come sailing? We are looking for Crew!" Ich haette gern ein Foto von meinem Gesicht als er mir diese Frage stellt. Ich glaub ich hab ausgeschaut wie eine Mischung aus Auto und Ufo. Klar sag ich und bin aber davon ueberzeugt, dass mich dieser Typ total verarscht. Wir tauschen aber Handynummern aus und er sagt er werde mit dem Skipper sprechen. Kurze Zeit spaeter (Andre hat den Pub mittlerweile verlassen) sieht man eine auf und ab huepfende Sabine hinterm Tresen Wie geil waer das denn wenn ich wirklich auf dem Indischen Ozean segeln koennte??? Ich versuch mich zu beruhigen und halt mir das Motto meiner Eltern vor Augen "Erst freuen wenn es Wirklichkeit wird". Um den Kopf einwenig frei zu bekommen und eine zweite Meinung einzuholen was ich von der ganzen Sache halten soll, maile ich erst mal meinen Eltern "Ihr muesst heute Abend ganz dringend anrufen!!! Es gibt Neuigkeiten." Meine armen Eltern. Die bleiben auch vor nichts verschont. Koennte das Kind nicht ganz normal in Koeln leben? Nein, dann waer es ja keine Salcher Nee? Naja auf jeden Fall bekomme ich irgendwie den Tag rum bequatsche abends alles in Ruhe mit meinen Eltern und warte auf die Dinge die da kommen moegen. Meine Eltern reagieren eigentlich ganz locker, mein Dad natuerlich etwas lockerer als meine Ma, liegt ja in der Natur der Sache. "Schau Dir das Boot in Ruhe an, du weisst ja worauf es ankommt und sei vorsichtig mit den Typen, du weisst das man sich auf einem Boot nur schwer aus dem Weg gehen kann". Am naechsten morgen mach ich mich vor der Arbeit auf zur Library um meine emails zu checken. Ich sitzte keine fuenf Minuten als mein Handy schellt und ich auf dem Display "Andre (Segeln)" stehen seh. Oh my God! Bevor ich anfange zu hyperventilieren nehm ich ab und er erzeahlt mir das der Skipper mich gerne kennenlernen moechte. Wir verabreden uns fuer in fuenf Minuten vor der Library um alles zu besprechen. Irgendwie macht mich der Typ nervoes, so dass wir kurz danach nur das noetigste besprechen, uns fuer den naechsten Tag 11Uhr verabreden und ich dann auf die Arbeit fluechte.

Am naechsten Tag, meinem freien Sonntag, treffe ich Andre also wie verabredet um 11Uhr vor meinem Pub und gemeinsam laufen wir zum Hafen. Auf dem Weg verfliegt jegliche Angst die ich bis dato vor ihm hatte, wir quatschen einfach wir gute Freunde die sich seit Jahren kennen, erzaehlen was uns hier hin gebracht hat und was in unserem Leben in den letzten zwei Jahren passiert ist. Ich bin ueberrascht wie offen ich ihm meine Lebensgeschichte erzaehle. Allzu lange Zeit haben wir aber nicht und bevor ich mich versehe stehe ich vor der Midas. Tja was soll ich sagen? Laesst man die Umgebung aussen vor und betrachtet nur dieses Segelboot, naja dann wuerde sie wahrscheinlich nicht so gut davonkommen. Man koennte auch sagen sie ist auf den ersten Blick ein kleiner Seelenverkaeufer (also nicht die allerschoenste). Bezieht man jedoch die anderen Segelboote im Hafen mit ein, dann haette ich es schlechter treffen koennen. Bevor ich sie betrete murmelt Andre etwas von "Er waere gespannt was ich von Bernie halte. Er waere nicht der einfachste." Na toll, wo bin ich denn hier gelandet. Das haette er mir auch gestern schon sagen koennen. Aber ich solle keine Panik schieben und mir ein eigenes Bild machen. Kurze Zeit spaeter sitze ich in der Plicht und warte darauf IHN endlich kennenzulernen. Allerdings laesst er sich nicht aus der Ruhe bringen sondern wurschtelt mit irgendwas in der Kajuete rum. Irgendwann ist mir das warten dann zu bloed und wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, dann kommt der Prophet halt zum berg. Ich traue mich also in die Hoelle des Loewen und begeb mich nach unten. Dort empfaengt mich dann der herrliche Duft von frisch gebackenem Brot und bevor ich mich versehe streckt mir ein grinsender Burnie eine noch warme Schnitte, mit Butter bestrichen, vors Gesicht. In diesem Moment denke ich njur "Ja ich will... hier einziehen!" Die naechste Stunde mampfe ich noch ca. 4 Schnitten und ich kann nur sagen "wir haben einen guten Start"> Wir verstehen uns auf Anhieb gut und nach ca. 5 Minuten sagt Burnie das ich morgen auf die Midas ziehen kann, so dass wir uns vor dem Auslaufen was besser kennenlernen koennen. Ich bin total begeistert und sage sofort zu. Kurz danach muessen Andre und ich uns auch schon auf den Weg machen: wir wollen heute mit einem Kat an einer Regatta teilnehmen. Ich bin dreifach aufgeregt: 1. Bin ich noch nie einen Kat gesegelt, 2. Noch nicht so oft eine Regatta und 3. Noch nie mit Andre. Der zweite Punkt erledigt sich ziemlich schnell, da wir leider zu spaet sind. Die Regatta beginnt zwar um 12 Uhr wie wir gedacht haben, allerdings nicht hier im Hafen sondern 12Uhr offshore. Was ca. 1 Stunde dauert dahin zu kommen. Zunaechst sieht es so aus als wuerde das ganze segeln damit ins Wasser fallen, aber schliesslich haben wir doch noch Glueck so dass wir kurz danach mit den aufriggen beginnen koennen. Und siehe da, ca eine halbe Stunde spaeter reiten wir bereits ueber die Wellen und ca. 30 Sekunden spaeter bin ich von oben bis unten klitsch nass. Zum Glueck war ich noch so schlau und hab mir von Andre eine Jacke ausgeliehen, ansonsten waer der Spass aufgrund der doch recht kuehlen Temperaturen schnell vorbei. Grundsaetzlich ist es ja schoen warm, im Windschatten und trocken unter einer Palme liegend, aber das was wir gerade machen hat eher mit UNTER Wasser segeln zu tun. Aber GEIL ist es. Wir haben einen dermassenen Spass, so dass wir schnell entscheiden nicht nur in der Bucht von Carnarvon sondern raus zum Jetty zu segeln. Da wo es so richtig ab geht. Ich bin kaum zu bremsen, haeng die ganze Zeit "bis es nicht mehr weiter geht" im Trapez und komm aus dem "Ueber"smilen gar nicht mehr raus. Und dann kommt ein ganz komischer Moment: ich fuehl mich "angekommen". Da angekommen wo ich irgendwie die ganze Zeit hin wollte und noch nicht mal wusste was es ist und wonach ich suche. Der perfekte Moment sozusagen. Wieso, weshalb, warum? Fragt mich nicht. Ich spreche ein paar tage mit Andre darueber und er hatte ein aehnliches Gefuehl. Ist es das Segeln, ist es der Ozean, ist es Andre? Eigentlich egal, hauptsache da. Insgesamt segeln wir zwei Stunden, mal er am Steuer, mal ich (wobei ich das noch nicht so ganz mit dem Wenden hin bekomme, ist nicht ganz so einfach mit zwei Rudern), bis es nicht mehr geht. Bis ich dermassen durchgefroren bin das ich zugeben muss "nein an Land waer dann doch besser" Waehrend ich mich also rigendwie versuche wieder auszuwaermen segelt Andre noch eine Runde mit Shawn, dem Halbstarken und Burnie's Enkel. Das dauert allerdings nicht allzu lange, so dass wir kurz danach abriggen und am Ende noch im Jachtclub gemeinsam zu Abend essen. Irgendwann wird es dann aber Zeit, es ist schon dunkel, ich muss noch telefonieren und eine heisse Dusche ware auch nicht schlecht.

Zwei Tage spaeter, Dienstag morgen, ziehe ich also mit Sack und Pack auf die Midas. Ich habe den Luxus das komplette Vorschiff mein nennen zu duerfen. Andre zieht, solange Shawn noch da ist, in den Salon. Danach geht es dann in die Achterkabine. Fuer Shawn geht es Mittwoch Nacht nach Huase. Nach drei Monaten segeln mit seinem Opa (und ca. Fuenf Kaempfen pro Tag zwischen den beiden) gilt es nur noch die naechsten 36 Stunden zu ueberleben. Sowohl Andre als auch Burnie scheinen ein wenig gestresst und geschlaucht. Und es kommt nur selten vor das zwischen Enkel und Opa keine Diskussion eskaliert. Ich kann es mir ziemlich einfach machen: um 11:30 verlasse ich von nun an jeden tag die Midas, gehe arbeiten und komme Abends zwischen 20Uhr und 21Uhr nach Hause. Von nun an habe ich auch den Luxus nicht mehr kochen zu muessen (jedenfalls solange ich noch arbeite). Das uebernehmen die Jungs Abends, so dass ich also nach Hause komme und kurz danach das essen auf dem Tisch steht Ist das Leben nicht perfekt. Noch perfekter macht es mir jedoch mein Boss. Tony, der Dienstags aus dem Urlaub zurueck kommt, darf ich erstmal die Hiobsbotschaft ueberbringen, das sein Barmate jederzeit abreisen kann. Je nach Wetterlage werden wir spontan entscheiden ob wir morgen oder den tag danach Abreisen. Auf jeden Fall wird es eher nicht so sein, dass ich ihm eine Woche im voraus sagen kann wann er sich nach Ersatz umschauen soll. Aber eagiert toal coll und lieb. Er freut sich toal fuer mich das sich mir diese Chance bietet und sagt das ich solange bleiben kann wie ich will.

Unreal

Unreal

Meine letzten Tage in Carnarvon verbringe ich also selig in meinem Pub mit meinen Jungs und Abends mit der Midas crew. So selig ist es dann aber doch nicht. Nein es gibt keine Probleme im Pub und es ist auch nichts negatives sondern viel mehr sehr positiv. Ich, der normalerweise die Zaehne nicht auseinander bekommt, wenn mir jemand gefaellt, flirte was das Zeug haelt. Und ratet mal mit wem! Ja Andre und ich verstehen uns ziemlich gut. Das muss man sogar an meiner Stimme hoeren, so dass mein Dad bei unserem naechsten Telefonat dann auch sofort nachfragt. Leider sieht es mitte der Woche immer noch so aus, das er in Carnarvon von Bord geht und nach hause fliegt. Ich setze also alles daran ihn dazu zu ueberreden noch laenger auf der Midas zu bleiben und schliesslich und endlich klappt das dann auch. Donnerstag Nacht entscheiden wir zu dritt, das wir Freitag nach meiner Arbeit auslaufen werden.

Der Pub und mein zu Hause

Der Pub und mein zu Hause

Tja und somit ist heute Abschied nehmen angesagt. Aufgrund unserer sehr kurzfristigen Entscheidung werde ich einigen im Pub nicht good bye sagen koennen, da sie nicht jeden Tag hereinschauen. Aber die wichtigsten sind da und den anderen hinterlasse ich eine Nachricht. Ich gehe also ein weiteres mal auf meiner langen Reise mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Mal wieder total anders als geplant, aber so langsam gewoehne ich mich daran. Nachdem ich also alle nochmal ausreichend mit Bier versorgt habe, alle gedrueckt hab und ein letztes mal zum Hafen laufe, passiert was? Ihr glaubt es nicht aber es faengt an zu regnen. Seit Wochen hatten wir keinen Regen und heute wo wir auslaufen wollen schuettet es in Stroemen. Beim goodbye Dinner im Jachtclub entscheiden wir dann das morgen auch noch ein Tag ist und wir lieber beim Sonnenaufgang starten wollen.

Meine Stammgaeste

Meine Stammgaeste

Honey und Tony

Honey und Tony

© Sabine Salcher, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wieviele Chancen braucht der Mensch um sich seinen Traum zu erfüllen? Bei mir sind aller guten Dinge drei. Ende April geht es los. In 9 Monaten allein um die Welt. Im Gepäck die eigene Courage und die ungestillte Lust mittendrin statt nur dabei zu sein
Details:
Aufbruch: 28.04.2008
Dauer: 17 Monate
Heimkehr: 18.09.2009
Reiseziele: Vietnam
Thailand
Laos
Kambodscha
Malaysia
Indonesien
Australien
Der Autor
 
Sabine Salcher berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.