Das eher unbekannte Portugal - 2017

Reisezeit: April - Juni 2017  |  von Uschi Agboka

Info Regiao Centro - Pinhal Interior Norte: Anmerkungen Rio Tejo Grenzkulturlandschaft

Kritische Anmerkungen Rio Tejo Grenzkulturlandschaft

Bekannt ist der Rio Tejo den meisten Portugalbesuchern als majestätisches Mündungsdelta bei Lissabon.

Knapp 250 km weiter nordöstlich bietet sich ein anderes Bild. In dieser Region fallen 500 mm Regen im Jahresdurchschnitt. Karger Boden und extreme Hitze machen die Landwirtschaft zum großen Teil unwirtschaftlich. Und doch weist diese Abschnitt des Tejo (span. Tajo) als traditionelle Kulturlandschaft eine Vielzahl an seltenen Tierarten auf, u. a. Gänsegeier, Uhu, Rothirsch und Perleneidechse. Und auch die farbenprächtige Flora bietet ein schönes Bild. Zudem finden sich hier im verschlafenen Hinterland längst vergessene Handwerke wie die Käserei und die Köhlerei.

Doch der Einklang von Natur und Mensch ist in vielen Regionen Portugals gefährdet und zwar durch Unternehmer, denen insbesondere die Idee vom vereinten Europa und die EU-Agrarpolitik von Vorteil sind. Mit Mitteln aus den vollen Töpfen der EU werden Projekte geschaffen und gefördert, die in Höhe und Anzahl in kaum einem anderen Land der Gemeinschaft übertroffen werden.

Überall leuchten die blaugelben Sternenschilder der EU, doch oft schadet das Gutgemeinte mehr als dass es nutzt.

So wurden im Laufe der letzten 20 Jahre riesige Monokulturen an Eukalyptuswäldern dort angepflanzt, wo traditionell Subsistenzwirtschaft (Wirtschaftsform, die den eigenen Bedarf abdeckt) vorherrschte. So wurden diese Regionen Opfer von Landflucht und Verödung.

Die für Portugal so typischen Steineichen, immergrün und dem heißen Klima angepasst, verschwinden mehr und mehr aus dem Landschaftsbild. Sie müssen nicht nur den Eukalyptuswäldern durch direkte Vernichtung weichen, sondern werden auf indirekt durch die sich verändernden Boden- und Grundwasserverhältnisse zerstört. Der sehr schnell wachsende Eukalyptus verschlingt sehr viel Wasser und lässt kargen Boden zurück, der leicht erodiert.

Im Vordergrund steht das schnelle Geld für die Zellstoffindustrie, lässt sich Eukalyptus bereits nach 8 Jahren schlagen und verarbeiten. Dieses von der EU geförderte Projekt lässt eine ökologisch sinnvolle Nutzung und Bewirtschaftung für viele Landwirte und Schäfer unrentabel werden. Landverkauf und Aufgabe sind an der Tagesordnung, Dörfer überaltern, da junge Leute ihre Chancen in den Ballungsgebieten suchen oder als Billigkräfte auf Baustellen im europäischen Ausland Arbeit finden.

So ändert sich die Gesellschaft in einzigartigen Kulturräumen und auch Flora und Fauna der letzten Rückzugsgebiete leiden unter der rapiden und unbarmherzigen Veränderung des Landschaftscharakters.

In der Grenzregion des Rio Tejo ist Umweltorganisationen daran gelegen, die Menschen und ihre Wirtschaftsformen in eine Schutzgebietskonzeption einzubeziehen, um die Region vor weiterer Entvölkerung zu bewahren. Ziel ist es, das natürliche Erbe intakt und sinnvoll weiterzugeben. Bestrebungen wie diese leuchten zwar nicht sowie der gelbe Sternenkranz auf blauem Grund, sind dafür aber umso zukunftsweisender.

© Uschi Agboka, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Kultur- und Naturreise durch das eher unbekannte Portugal, abseits der großen Touristenströme.
Details:
Aufbruch: 01.04.2017
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 20.06.2017
Reiseziele: Portugal
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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