Jakobsweg - Camino de Levante de Santiago 2013

Reisezeit: Februar - April 2013  |  von Uschi Agboka

Teil 2 – Camino de Levante Toledo / Zamora: 20.03.2013-23.Tag-San Bartolome–Avila (27,7 km)

Mittwoch, 20.03.2013-23. Tag- San Bartolome de Pinares - Avila (27,7 km)

Mittwoch, 20.03.2013 23. Tag
San Bartolome de Pinares - Avila (27,7 km)
Nachts habe ich den Wind gehört, wie er um das Haus gepfiffen hat. Doch ich habe wieder sehr gut geschlafen. Mal sehen, was das heute wieder für ein Wetter wird. Als ich die Herberge verließ, wehte immer noch ein starker Wind und es war eiskalt. Da es in der Bar El Piston um 7.30 Uhr noch keinen Milchkaffee gab, dachte ich, ich laufe einfach 3,5 km weiter, dort finde ich dann eine andere Bar. Als ich jedoch dort ankam, hatte die Bar leider geschlossen. So beschloss ich, bis zur Tienda zu gehen und dort Brot und Verpflegung einzukaufen. Denkste, auch diese Tienda hatte zu. Zwei Arbeiter beobachteten mich und sie sagten, ich solle einfach an die Tür klopfen, da würde dann jemand kommen. Gesagt, getan und wirklich, es öffnete eine freundliche Frau. Leider hatte sie kein frisches Brot mehr, doch gerade, als ich etwas Abgepacktes kaufen wollte, kam der Bäcker. So setzte ich mich auf eine Bank und nahm ein kleines Frühstück ein. Kurz danach wollte mich ein Hund anfallen. Doch Dank meiner Wanderstöcke zog er den Schwanz ein und verschwand. Mittlerweile hellten sich die dunklen Wolken auf und der Wind ließ nach. Ich konnte es kaum glauben. Doch es wurde wirklich ein sehr schöner Tag mit einer tollen Fernsicht. Zum Glück standen die 550 Höhenmeter gleich zu Beginn des Weges an, denn da ist man noch ausgeruht. Der Anstieg auf den Puerto de El Boqueron, 1.315 m, war sehr anstrengend. Hinzu kamen die nassen Wiesen und Wege, die alles noch beschwerlicher machten. Oben angekommen, merkte ich, dass meine Goretex-Schuhe nicht mehr ganz dicht waren. Kein Wunder, denn ich bin ja nun schon einige Tage nur im Wasser gelaufen. Auf dem Pass hatte ich eine herrliche Sicht auf die schneebedeckten Berge und so suchte ich mir einen windgeschützten Platz für meine Mittagspause. Mittlerweile waren kaum noch Wolken am Himmel zu sehen. Der Abstieg war sehr angenehm, aber weiter nass von unten her. Etliche Rinderherden waren am Weg unterwegs. In Tornadizos de Avila stattete ich der Bar "La Giralda" einen Besuch ab. Die haben dort wirklich hervorragende Tapas zu einem erstaunlich günstigen Preis. Die anschließende Strecke bis Avila zieht sich mächtig hin. Wieder mal überquerte ich eine römische Brücke über den Rio Arroyo Sequillo. Der mittelalterliche Kern der Stadt Avila ist sehr schön. Leider habe ich nicht auf die Öffnungszeiten der Kathedrale geschaut. Ich dachte mir, ich gehe zuerst in die Herberge zum Duschen und mache dann eine Besichtigung der Kathedrale. Beim nächsten Mal werde ich besser aufpassen. In Avila angekommen führte mich der erste Weg zur Touristeninformation. Der Angestellte rief den Verantwortlichen der Herberge an und wir kamen gleichzeitig dort an. Nach Besichtigung der Stadt und einkaufen, aß ich in der Herberge, welche bisher die schönste am Camino Levante ist. Hier ist alles da, was man aus den Herbergen vom Camino Frances kennt. Die Herberge erinnerte mich von der Lage her an Merida (Via de la Plata).

Avila ist die höchstgelegene Stadt Spaniens, 1.131 m. Der Ort zählt ca. 60.000 Einwohner und liegt am Fluss Adaja. Zusammen mit Toledo und Segovia gehört Avila zu den drei historischen Metropolen in der Umgebung der spanischen Hauptstadt Madrid. Lange Zeit war der Ort Heimat von Christen, Juden und Mauren. Die Heilige Theresia von Avila - die bekannteste Persönlichkeit der Stadt - wurde 1515 hier geboren. Die Mystikerin gründete den Reformorden der "Unbeschuhten Karmeliter" und wurde vom Papst zur Kirchenlehrerin ernannt. Die Stadt ist seit 1985 Weltkulturerbe der UNESCO. Wichtigstes Monument ist die 2.500 Meter lange, komplett erhaltene romanische Stadtmauer, 2,5 km lang, (11. bis 14. Jahrhundert) mit ihren 88 Türmen und neun Stadttoren.
Die Catedral del Salvador de Ávila ist die erste gotische Kathedrale Spaniens. Sie weist Züge des Übergangs von Romanik zur Gotik auf. Mit dem Bau wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts begonnen. Auftraggeber war König Alfons VIII. Der erste Entwurf der Kathedrale stammt von Meister Fruchel (gestorben 1192), der ab 1172 auch die Bauleitung innehat. Zunächst entstanden der Chor mit Kapellenkranz und doppeltem Chorumgang, in Anlehnung an die Abteikirche von St. Denis. Das Langhaus wurde erst im 14. Jahrhundert fertig gestellt, in Anlehnung an das der Kathedrale von Toledo. Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass die Proportionen von (sehr steilem) Mittelschiff und den niedrigen Seitenschiffen statische Probleme verursachten. Im 18. Jahrhundert wurden daher Unterstützungsbögen hinzugefügt, und die Vierungspfeiler verstärkt. Das Besondere der Kathedrale ist, dass das Gebäude deutliche Züge einer Festungsanlage aufweist, und in Teilen (Apsis und Chorpartien) in den Mauergürtel der Altstadt integriert ist.

Avila besitzt zahlreiche romanische Kirchen, darunter San Vicente, San Pedro und Santo Tomás, die teilweise außerhalb der (bereits im Mittelalter zu engen) Stadtmauer liegen. Aus der maurischen Zeit hat sich außerdem eine Synagoge erhalten. Das durch Teresa von Ávila gegründete Karmelitinnenkloster San José (mit theresianischem Museum) ist eine weitere Sehenswürdigkeit Ávilas. In der Stadt befinden sich noch zwei weitere Klöster der unbeschuhten Karmelitinnen. Die Stadt verfügt über das Parador-Hotel Raimondo de Borgoña, das sich im Palacio Piedras Albas (16. Jahrhundert) befindet und sich bei der Puerta del Carmen an die Innenseite der Stadtmauer lehnt.
Als Cuatro Postes wird ein Aussichtspunkt mit Säulen und Kreuz aus dem 16. Jahrhundert bezeichnet. Das Wegekreuz steht inmitten von vier dorischen Säulen mit Kapitellen. Die vier Meter hohen Säulen, die ein Quadrat bilden, werden durch einen Architrav verbunden. An allen seinen vier Seiten ist er mit dem Wappen der Stadt Ávila geschmückt. In der Mitte dieses 1566 errichteten Monuments steht ein Kreuz aus Granit. Es stand am Weg zur ehemaligen Ermita de San Leonardo, wohin jedes eine Prozession stattfand. Von den Cuatro Postes hat man einen weiten Blick über die Stadt Ávila mit seiner Stadtmauer und den Wehrtürmen.
Avila ist eine sehr alte Stadt. Seit der Römerzeit war die Stadt ununterbrochen besiedelt. Unter den Westgoten gehörte sie zu den wichtigsten Orten des Königsreiches. Vom 8. bis 11. Jh. war Avila maurisch. Die Lage im umkämpften Grenzland zwischen moslemischer und christlicher Welt (Kastilien - Land der Burgen) verhinderte zunächst eine wirtschaftliche Blüte, die jedoch ab dem 15. Jh. einsetzte, als sich die Kämpfe nach Süden verlagerten und die Araber 1492 ganz aus Spanien vertrieben wurden. Im 16. Jh. erlebte die Stadt ihre Blütezeit. Die Pest, die Vertreibung der Morisken, d. h. der getauften Mauren, die Auswanderung nach Amerika und die Abwanderung des Adels nach Madrid trugen zum Verfall Avilas bei, von dem sich die Stadt seit dem 19. Jh. nur langsam erholt hat. Im Spanischen Bürgerkrieg und während der anschließenden Franco-Diktatur galt Avila als besonders loyale Stadt und führte den Titel "Avila de los leales" (Avila, Stadt der Treuen). In der Altstadt hängen bis heute mehrere Gedenktafeln, die den Ruhm General Francos mehren sollten. Die Stadt wächst deutlich langsamer als die boomende Hauptstadtregion, denn die dünn besiedelte Umgebung bietet außer dem Tourismus nur wenig wirtschaftliches Potenzial.

© Uschi Agboka, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Bericht nach den Tagebuchaufzeichnungen meines Mannes Rolf, von Valencia nach Zamora und von dort weiter nach Santiago de Compostela, 26. Februar bis 11. April 2013.
Details:
Aufbruch: 26.02.2013
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 11.04.2013
Reiseziele: Spanien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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