Reise durch Indien

Reisezeit: Juni 2022 - Januar 2023  |  von Beatrice Feldbauer

Zoo Mysore

"Ich werde in zwei Stunden hier sein und dich wieder zurück fahren", hat mir mein Tuktuk-Fahrer versprochen. Als ob er wüsste, dass ich zwei Stunden für den Rundgang durch den Zoo brauchen würde. Vielleicht bin ich ja schneller, vielleicht sind die 160 Tierarten aber auch so spannend, dass ich viel länger brauchen werde, um durch den ganzen Zoo zu gehen.

Immerhin ist der Zoo dieses Jahr 130 Jahre alt und es leben über 1000 Tiere darin. Jedenfalls mache ich noch ein Foto von meinem eifrigen Fahrer, bevor ich durch den Eingang trete, wo ich erst einmal eine Maske kaufen muss, um überhaupt ein Ticket zu bekommen.

Die Maske trage ich gewissenhaft noch einen Moment, als ich aber sehe, dass sie bei den anderen Besuchern immer tiefer unter die Nase sinkt und irgendwann überhaupt nicht mehr im Gesicht ist, packe ich sie ein. Ist ja irgendwie auch sinnlos, die Maske hier im Freien zu tragen.

Es ist Sonntag-Nachmittag, der richtige Tag für einen Besuch im Zoo. Das scheinen auch ganz viele Inder heute zu denken,

Die Wege durch den Zoo sind vorgegeben und so komme ich zuerst zu den vielen Vogelkäfigen. Leider sind die Vögel hinter einem dichten, fürs fotografieren sehr unpraktischen Gitter (ich gehe davon aus, dass es die Vögel noch mehr stört, als mich). Dadurch ist es ziemlich schwierig, den Fokus auf den Vogel zu lenken, immer kommt mir das Gitter dazwischen.

Den ersten Vogel, dem ich begegne habe ich noch nie gesehen. Er ist riesig und wenn er seine Flügel ausbreitet macht er einen gewaltigen Eindruck. Und erst sein Schnabel! Ein Nashornvogel. Verbreitet ist er an der Westküste und im Norden Indiens sowie im Süden Chinas. Ich musste ihn unbedingt googeln, denn so ein Exemplar findet man nicht so schnell wieder. Flügelspannweite 160 cm und eine Körperlänge von bis zu einem Meter. Also ein riesiger Vogel. Und sein Schnabel ist absolut eindrücklich.

Im nächsten Gehege sitzt ein weisser Pfau. Ich hatte schon gehört, dass es im hiesigen Zoo einen weissen Pfau gibt. Leider hockt er nur oben auf den Ästen, und seine langen Federn sind zur Zeit nicht ausgebildet. Aber mit seinem weissen Gefieder und seinem zierlichen Krönchen ist er auch so eine Augenweide.

Was man vom nächsten Vogel nicht unbedingt behaupten könnte. Der kleine Adjudant, eine Storchenart. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich hatte einen ähnlichen Vogel schon im Zoo in Nivandrum gesehen. Dort hiess er allerdings Buntstorch und hatte farbigere Federn. Dieser hier wird auch Sunda-Marabu genannt. Es ist ein Paar, das hier lebt und auch dieser Vogel imponiert durch seine Grösse. Er hat eine Flügelspannweite von 210 cm. Die beiden stolzieren durch das Gehege. Auch hier ist es wieder ein spezieller Schnabel, der irgendwie in den Kopf übergeht, so dass es scheint, dass die Augen direkt im Schnabel liegen.

Meine Erkenntnis: Es gibt viel mehr verschiedene Störche, als ich mir das je vorgestellt hatte und googeln ist immer wieder spannend.

Der nächste Vogel besticht durch seine Farbenpracht. Ein paar stolzieren durch das Gehege und es ist gut sichtbar, dass es sich um einen Fasan handelt. Und was für einer. Es ist ein Goldfasan, verbreitet vor allem in den Wäldern Chinas. Wieder ist es sehr schwierig, ein gutes Bild eines Vogels zu bekommen, zum Glück sitzt ein Männchen dicht beim Gehege, so dass ich es mit allen Tricks irgendwie aufs Bild bekomme.

Inzwischen hat es immer mehr Leute im Zoo und als ich sehe, dass es einen Abstecher gibt, biege ich rechts ab und komme in eine Gartenanlage, wo ich ganz allein bin. Bald stehe ich vor den Giraffen und bin überzeugt, dass ich die jetzt nur sehe, weil ich auf Abwege gegangen bin. Allerdings nicht lange, schon werde ich entdeckt und ein Wärter gibt mir mit seinem Pfeiffkonzert unmissverständlich zu verstehen, dass ich gefälligst zurück auf die Hauptstrasse soll.

Na dann halt.

Zurück auf dem Hauptweg komme ich zum grossen Auslauf der Gaurs, der indischen Büffel. Sie entwickeln sich langsam zu meinen Lieblingstieren mit ihren zierlichen Beinen, die in weissen Strümpfen zu stecken scheinen, ihrer Ponyfrisur, den runden Hörnern und sympatischen Gesichtern. Ich bin voreingenommen, ich weiss.

Weiss ist das nächste Tier, auch wenn es von all den Besuchern überhaupt nichts wissen will. Der weisse Tiger liegt weit hinten in seinem grossen Gehege und dreht uns den Rücken zu. Trotzdem ein schönes Bild, ein starkes Tier.

Auch einer der Leoparden im nächsten Gehege ist ziemlich entspannt. Lässig liegt er auf einem Baumstrunk, lässt seine Vorderpfote baumeln und zeigt den Besuchern sein Gesicht. Und dann kommt er mit einem Sprung von seinem Aussichtsposten herunter und keift kurz mit einem Rivalen im Nachbarsgehege, um sich dann wieder in den Schatten zu begeben. Nickerchen ist angesagt.

Auch der Tiger im nächsten Gehege hält sich möglichst weit weg von den Besuchern und liegt im Schatten, behält aber die Menschen im Blick, während das Zebra gemächlich davon läuft, als ich seinem grossen Gehege näher komme.

Ich finde, die Tiere haben überraschend viel Auslauf. Natürlich weiss ich, dass das kein Vergleich mit der freien Wildbahn ist, aber ich habe schon bedeutend kleinere Gehege in Zoos angetroffen. Vor allem hat es überall viel Natur und echte Rückzugsmöglichkeiten.

Das Rotwild mit dem getupften Fell ist sehr zahlreich vorhanden.

Das Rotwild mit dem getupften Fell ist sehr zahlreich vorhanden.

indische Antilopen mit ihren gedrechselten Hörnern

indische Antilopen mit ihren gedrechselten Hörnern

Für mich sind nicht nur die Tiere interessant, auch die Menschen faszinieren mich. Vor allem die Frauen in ihren farbenprächtigen Saris in denen sie durch den Zoo spazieren.

Einmal getraue ich mich und spreche zwei Frauen an, die in ihren azurblauen Kleidern auf einer Bank sitzen. Darf ich sie fotografieren? Sie sind sich nicht ganz klar, was ich von ihnen will, aber der Mann, der mit ihnen hier ist, versteht etwas englisch und leitet meine Frage weiter. Worauf sie fröhlich lächeln und noch ein weiteres Mädchen und den kleinen Sohn dazu bitten, bevor sie sich in Position setzen.

Fotografieren ist in Indien überhaupt kein Problem. Die Menschen fotografieren sich ständig auch gegenseitig, machen Selfies, Gruppenfotos und kurz nachdem ich das Bild mit den schönen Frauen gemacht habe, tippt mir jemand auf die Schulter. Es ist die jüngere der Frauen. Sie will jetzt ihrerseits ein Bild mit mir. Gern geschehen.

Viele Frauen tragen echte durfende Blumen im Haar. Jasmin und Rosen.

Viele Frauen tragen echte durfende Blumen im Haar. Jasmin und Rosen.

Eigentlich bin ich ja allein unterwegs, aber es ist Sonntag und da hat die eine oder andere Freundin zu Hause in der Schweiz auch grad einen Moment Zeit für einen Schwatz. So kommt es, dass ich mich zwischendurch auf eine Bank setze und ein paar Zeilen chatte. Das tut mir gut - zwischendurch mal hinsetzen ist immer gut - und vor allem meiner Stimmung.

Ja, es geht mir viel besser, seit ich in Mysone bin. Seit ich in einem schönen Hotel bin mit feinem Essen. Mein Magen ist zwar noch etwas nervös, ich bin immer froh, wenn ich in der Nähe eine Toilette sehe. Vorhin brauchte ich sie zwar für was anderes, als das vorgesehene. Ich war grad in einen Chat vertieft, als etwas auf meinen Arm fiel.

Wäh - pfui, was für ein Riesenvogel ist denn da über mich geflogen! Hat das jemand gesehen? Ich sehe mich um. Nein, natrülich hat das niemand gesehen. Ich kann also rasch zum Toilettenhäuschen gehen, meinen Arm und meine Bluse säubern und alles ist wieder in Ordnung.

Ich sehe eine Weile den weissen Nashörnern zu, schicke ein Bild von ihnen einer Freundin, die sich für Nashörner interessiert, sehe dem Orang Utan zu, der sich durch seinen Klettergarten hangelt und komme zum grossen Gehege der indischen Grau-Wölfe. Ein ganzes Rudel versteckt sich hinter den Steinen und als ein paar Jungs sie mit einem Wolfsgeheul locken, heulen bald alle mit. Ein schauriger Gesang.

Später treffe ich Wildhunde und Koyoten an. Diese werden grad gefüttert und zerreissen ihr Fleisch hinter ihren starken Gittern, so dass ich zu keinen brauchbaren Aufnahmen kommen. Auch die Bären warten auf ihr Futter und hocken vor den Eisentoren, hinter denen es wahrscheinlich bereit gestellt wird. Jedenfalls kommen sie keinen Zentimeter mehr davon ab.

Die haben wohl einen Bärenhunger

Die haben wohl einen Bärenhunger

Die Elefanten leben in kleinen Familienclans. Jedenfalls interpretiere ich das so. Jungtiere kann ich zwar keine entdecken. Aber ihre Gehege sind wirklich sehr gross und nicht überall überblickbar, so dass sich die grossen Tiere auch zurück ziehen können. Bei den grossen Tieren gibt es auch immer wieder Tafeln, die anzeigen, wann die Tiere geboren wurden.

ein indischer Langurenaffe

ein indischer Langurenaffe

Ein Schimpanse

Ein Schimpanse

Am Schluss kommen noch ein paar Affen. Ein imposanter Schimpanse hockt auf einer Plattform und überblickt seine Umgebung, während sich die kleineren Lemurenaffen auf ihren Ästen herumahangeln und ein Baby-Rhesus-Äffchen speilt mit den gelben Kordeln, gut beobachtet von seiner Mutter, die in der Nähe hockt.

Noch einmal begegne ich einen grossen Nashorn. Indisches Rhinozeros ist es angeschrieben und mit seinem dicken Panzer, der sich wie Platten über seinen Körper legt, sieht das Tier irgendwie archaisch aus.

Jetzt noch kurz bei den Nilpferden vorbei schauen, sie lassen nur ihre Ohren und Augen aus dem Wasser schauen, dann komme ich zu den Giraffen und erkenne, dass ich mit meinem Abstecher ganz am Anfang meines Zoobesuches direkt auf den Eingang zugesteuert bin. Hätte mich der Wärter nicht zurückgepfiffen, wäre ich mit menem Besuch längst durch gewesen, denn der Weg, den die Besucher geführt werden ist eine Einbahnstasse. Wenn du beim Ausgang bist, gibt es kein zurück mehr.

Die Giraffen werden grad gefüttert, ihr Futter hängt an hohen Stangen, wo sie es sich mit gerecktem Hals herunterholen.

Mein Zoobesuch hat bedeutend länger gedauert, als die beiden Stunden, die mir der Tuktukfahrer zugestanden hatte. Natürlich ist er längst nicht mehr hier. Ich sehe mich zwar noch eine Weile bei den Drivern um und entdecke dabei die Kutschen, die auch hier auf Passagiere warten.

Also lasse ich mich von einer Kutsche zurück zum Palast fahren, denn dort soll heute Abend das Gebäude beleuchtet werden. Bevor wir losfahren, überlässt mir der Kutscher die Zügel und die Peitsche und macht mit meinem Handy ein paar Fotos von mir. "Lass die Peitsche knallen!" meint einer der Tuktukfahrer, als ich in Position sitze. "Nein, ich traue mich kaum sie zu halten", gebe ich zurück, "ich habe Angst, das Pferdchen könnte losgehen. "Und ich erst!" lacht Nasim, der Kutscher. "Wehe du fährst los!"

Und dann fährt er uns gemütlich zum Schloss, fädelt mit der Kutsche beim Kreisel in den Verkehr, fast ohne darauf zu achten, was von hinten kommt. Es gilt hier einfach immer nach vorne zu sehen. Jeder passt auf und irgendwie kommen alle aneinander vorbei. Wenn auch manchmal erst im allerletzten Moment. Nein, fahren möchte ich hier nicht selber, ganz egal welches Gefährt.

Beim Palast ist inzwischen die normale Beleuchtung angegangen, doch es dunkelt jetzt schnell. Auf dem Platz sammeln sich immer mehr Leute. Zwei Minuten vor 19.00 erstrahlt das Schloss und alle umstehenden Gebäude mit einem Schlag im LIcht von 90'000 Glühlampen. Es ist fantastisch und wieder einmal weiss ich gar nicht, wie sich diese Pracht überhaupt auf ein Bild fassen lässt.

Ich schlendere über den Platz, staune in alle Richtungen. Auch das grosse Eingangstor gegenüber dem Palast erstrahlt wie aus einem Märchen mit seinem türkisfarbenen Licht.

Und dann, es ist schon eine halbe Stunde vergangen, überfällt mich ein Gedanke: Meine KUGEL. Wann, wenn nicht hier ist der ideale Moment für ein paar Kugelbilder.

Also hinaus auf die Strasse zum nächsten Tuktukfahrer. Schaffen wir es noch vor 20.00 Uhr zu meinem Hotel und zurück?

Ja, das müsste reichen, meint einer, 10 Minuten hin, 10 zurück. Also los.

Wir schaffen es tatsächlich, kommen kurz vor 20.00 Uhr zurück und ich eile in den Park. Will grad meine Kugel ansetzen - da geht das Licht aus. 2 Minuten vor 20.00 Uhr erlöschen die 90'000 Lichter, der Palast erstrahlt nur noch in seiner normalen Abendbeleuchtung. Sowas nennt man Pech.

Draussen wartet mein Tuktukfahrer und fährt mich zurück zum Hotel zum Nachtessen. War trotzdem ein Erlebnis.

ist ja trotzdem schön geworden.

ist ja trotzdem schön geworden.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es geht wieder los. Vier Monate ist es her, seit ich von meiner Südamerikareise zurück gekommen bin. Sieben Monate war ich unterwegs. Und jetzt stehe ich vor einem neuen Start. Mein Traum ist das Taj Mahal. Mein Ziel heisst Indien.
Details:
Aufbruch: 01.06.2022
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 30.01.2023
Reiseziele: Vereinigte Arabische Emirate
Indien
Indonesien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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