Reise durch Indien

Reisezeit: Juni 2022 - Januar 2023  |  von Beatrice Feldbauer

Sonntag

Der Sonntag gehört mir. Ich habe lange geschlafen und dann im Restaurant ein amerikanisches Frühstück bestellt. Mit gedämpftem Gemüse, Rührei und weichem French-Toast. Dazu Milchkaffee und ein Fruchtmix-Saft.

Dann erkläre ich an der Rezeption, dsss ich unbedingt ein Fenster mit Sicht will, was mir für einen oppulenten Aufpreis versprochen wird. Also muss ich erst einmal ins Dorf, mir einen ersten Überblick verschaffen und vor allem einen ATM suchen. Denn hier wie in fast allen Hotels besteht man auf Barzahlung. Überhaupt kommt die Kreditkarte recht selten zum Einsatz. Höchstens bei den wenigen Flügen, die ich gemacht habe und in den besseren Hotels, von denen es wenige gab, denn natürlich muss ich immer etwas auf mein Budget achten. Deshalb auch die eher einfachen Unterkünfte, die dann eben manchmal kein Fenster haben.

Als ich vom ATM zurück komme, höre ich wie die Angestellte einem Paar an der Rezeption grad erklärt, ihr Zimmer sei in fünf Minuten ready. Sie sollten sich einen Moment in die Lobby setzen. Ich merke schnell, dass es sich um mein Zimmer handelt, denn sie kommt gleich mit, nachdem ich bestätigt habe, dass ich das Zimmer für den höheren Preis nehmen würde.

Ich versuche, meine Siebensachen so schnell als möglich zusammenzupacken, doch die Angestellte ist schneller. Sie klappt den Deckel des Koffers zu und packt ihn, bringt ihn ins Nachbarzimmer. Und noch ehe ich meine wenigen Sachen im Badezimmer zusammengesucht habe, hat sie schon den Rucksack gepackt und ebenfalls weggebracht. Ich nehme jetzt die restlichen Sachen unter den Arm und verlasse mit einem letzten Blick das Zimmer, in das jetzt zwei Boys mit Besen und frischer Bettwäsche drängen. Die fünf Minuten sind schnell vorbei. Ob die beiden Morgen auch ein besseres Zimmer wollen? Vielleicht ist dieses Zimmer das Einstiegszimmer des Hotels.

Ich bin derweil happy in meinem neuen Zimmer. Es ist viel grösser und hat einen Tisch am Fenster mit zwei Sesseln, nur noch ein Bett, dafür ein richtig breites und vor allem hat es viel Licht und Aussicht in die Berge. Ein kurzer Test ergibt, dass auch die Matraze genau richtig ist, weder zu hart, noch zu weich. Für heute beschliesse ich, nichts mehr zu tun, was sich zu erzählen lohnen würde. Ich mache nur noch einmal einen kurzen Spaziergang durch das Dorf, das direkt am Hang liegt. Es geht also immer hinauf oder hinunter. NIcht wirklich das, was mir zusagt, aber was solls. Werde damit zurecht kommen.

der kleine Laden mit tibetischen Thanka-Bildern ist direkt gegenüber dem Hotel

der kleine Laden mit tibetischen Thanka-Bildern ist direkt gegenüber dem Hotel

Schnell merke ich, dass der Ort tatsächlich wie ein tibetisches Dorf wirkt. Seit 1959 lebt hier der Dalai-Lama, seit er vor den Chinesen Hals über Kopf aus Tibet geflüchtet ist. Zusammen mit gegen 10'000 Landsleuten lebt er hier im Asyl. Zum Dorfbild gehören daher bordeaux gekleidete Mönche und ganz viele Läden, die tibetische Handarbeiten anbieten. Schmuck, Klangschalen, Stoffe und gemalte Bilder. Und auch die Menschen sehen anders aus. Eher kleine Menschen mit runden Köpfen, freundlich lächelnde Gesichter, warm angezogen, denn auch hier spürt man den nahenden Winter.

Die Dorfstrasse ist ein Chaos. Es ist Einbahnverkehr und im oberen Teil des Dorfes wechselseitige Einbahn, die manuell geregelt wird. Darum stauen sich die Autos und Motorräder immer wieder und man kämpft sich dabei als Fussgänger zwischen den Autos und den Verkaufsständen hindurch. Ob das nur am Sonntag so ein Chaos ist?

Dharamsala, merke ich, ist aufgeteilt in einen unteren Teil, den Ort Dharamsala, wo ich gestern mit dem Bus angekommen bin, und den oberen Teil, da wo mein Hotel ist und wo auch irgendwo der Tempel des Dalai-Lamas steht. Dieser Teil heisst McLeodganj und liegt rund 200 meter höher als der eigentliche Ort. Da habe ich mich also instinktiv richtig entschieden, als ich dieses Hotel gebucht habe.

die Gebetsmühle im tibetanischen Tempel

die Gebetsmühle im tibetanischen Tempel

Der Tempel

Der Tempel

Ich komme an einem tibetischen Tempel vorbei, an dessen Wänden Gebetsmühlen angebracht sind. Die Leute gehen daran vorbei und drehen sie. Die ganz grosse, die in einer offenen Nische steht, dreht noch lange, wenn die Leute längst weiter gegangen sind und lässt bei jeder Umdrehung eine kleine Glocke erklingen. Das Haus ist mehrstöckig mit vielen Balustraden, die mit bunten Farben und Symbolen geschmückt sind.

Grosse Plakate vor dem Spital. Scheint Unterstützung aus der Schweiz zu bekommen.

Grosse Plakate vor dem Spital. Scheint Unterstützung aus der Schweiz zu bekommen.

Ich bin bald wieder zurück im Hotel. Die gestrige lange Fahrt hat mich etwas mitgenommen, ich brauche heute meine Ruhe.

Da es nicht mehr zu erzählen gibt, und weil das Badezimmer tatsächlich hier sehr schön ist, benutze ich die Gelegenheit etwas über die sanitären Installationen in Indien zu erzählen. In vielen Hotels muss man WC-Papier separat bestellen, weil nur sehr wenig oder gar keines bei der Toilette ist. Dafür gibt es aber neben jeder WC-Schüssel einen kleinen Duschschlauch, mit dem man sich nach dem Geschäft reinigen kann. Das ist tatsächlich etwas gewohnheitsbedürftig, aber sehr angenehm, Es gibt sogar WC-Schüsseln, bei denen eine kleine Dusche, wie bei einem Bidet eingebaut ist, die zusätzlich ausgefahren werden kann.

Das ist in ganz Asien so. Auch in Bali, dort waren es mehrheitlich die in der Schüssel eingebauten Duschen. Übrigens gilt das mit dem Wasserschlauch auch auf allen öffenlichen WC-Anlagen.

Das zweite, was etwas ungewöhnlich ist, ist der Kübel bei der Dusche. Dazu gehört ein Litermass. Man findet dies in jeder Dusche in Indien. Ich habe eine Freundin gefragt, die sich in Indien sehr gut auskennt, wozu das gebraucht werde und sie erklärte mir, dass Inder gewohnt sind, sich mit Wasser zu übergiessen. Duschen ist etwas neueres. Man netzt sich also an, seift sich ein und übergiesst sich danach mit warmem Wasser, das man vorher in den Kübel eingefüllt hat. Manchmal benutze ich diese Einrichtung auch, vor allem, wenn aus dem Duschkopf nur so viel Wasser kommt, dass man sich bewegen muss, um überhaupt nass zu werden. Da ist so ein Litermass ganz angenehm, das kann man dann dahin steuern, wo man es braucht.

Und ausserdem ist der grosse Plastikkessel praktisch für ein Fussbad, da ich meistens in FlipFlops unterwegs bin. Ausser in Kaschmir und jetzt hier, weil es in den Flipflops nicht so bequem ist, bergauf oder -ab zu gehen.

So das war der Abstecher in die Intimitäten des Badezimmers. Morgen werde ich mich wieder mit dem Aussen befassen.

meine Aussicht vom Zimmer

meine Aussicht vom Zimmer

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es geht wieder los. Vier Monate ist es her, seit ich von meiner Südamerikareise zurück gekommen bin. Sieben Monate war ich unterwegs. Und jetzt stehe ich vor einem neuen Start. Mein Traum ist das Taj Mahal. Mein Ziel heisst Indien.
Details:
Aufbruch: 01.06.2022
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 30.01.2023
Reiseziele: Vereinigte Arabische Emirate
Indien
Indonesien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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