Reise durch Indien

Reisezeit: Juni 2022 - Januar 2023  |  von Beatrice Feldbauer

Vanille

Wie immer nach dem Frühstück schlendere ich durch den Garten. Suche neue Fotosujets, Blumen, die neu erblüht sind, Details, die ich bisher übersehen habe. Die Erde ist dabei, den Regen der letzten Nacht aufzunehmen, der Himmel ist wolkenverhangen. Trotzdem hat sich die violette Orchidee jetzt komplett geöffnet. Gestern war sie noch eine Knospe, jetzt erstrahlt sie, zwar noch mit ein paar Wassertropfen auf den Blättern.

Adi, der an der Rezeption arbeitet, muss mich beobachtet haben. Ihm scheint aufgefallen zu sein, dass ich mich für die Pflanzen im Garten interessiere.

Hast du die Vanille auch gesehen, fragt er mich und macht mich auf eine unscheinbare Blüte aufmerksam. Es ist eine lange Ranke, die sich an einem Pfosten empor windet. Die Blüte ist ganz unten und ich habe sie übersehen, obwohl ich grad bei den orchideenartigen Ranken immer versuche, die ganze Pflanze abzusuchen.

Vanille? Das ist Vanille? Ich hatte keine Ahnung, dass Vanille eine Orchideenart ist. Kenne nur die duftenden schwarzen Vanilleschoten.

Adi zeigt mir, wie er sie bestäubt. Mit einem Zahnstocher schlitzt er das Kelchblatt auf, drückt den Pollen aus der dünnen Scheide und presst ihn mit dem Daumen auf den Stempel. Warum tut er das? Warum machen das nicht die Insekten? Er scheint es nicht zu wissen, aber er erklärt, dass das mit jeder einzelnen Blüte gemacht wird. Kurz nachdem sie erblüht ist. Und dann fragt er, ob ich Lust hätte, heute Nachmittag eine Vanille-Pflanzung zu besuchen. Er würde zu einem kurzen Besuch hinfahren.

Und ob ich Lust habe!

Vanille-Blüten im Hotelgarten

Vanille-Blüten im Hotelgarten

Mich faszinieren die Geweihfarne, die es auch in diesem Garten überall gibt. Die grossen Farnwedel wachsen aus festeren Deckblättern, aus denen wieder andere Farne wachsen, die später als filigrane Blattgerippe um den Gast-Baum ranken.

Über diesem Farn wächst eine grosse Orchidee, deren lange Blütenstände im Moment noch viele weisse Knospen tragen. Morgen könnten sie sich öffnen. Ich bleibe dran, der Baum, ein Frangipani steht direkt vor meinen Balkon, wo ich oft schreibe oder lese.

Am MIttag fahren wir los. Mit dabei ist noch ein Ehepaar, das aus Indonesien stammt und leider kein Englisch spricht.

Auf vielen kurvigen Strassen verlassen wir Ubod, kommen in kleine Dörfer und fahren entlang von Reisfeldern. Strassenschilder gibt es nicht viele, eigentlich sollte man wissen, wo man durchfahren will. Die Strassen sind schmal und es gibt immer wieder Abzweigungen. Ich jedenfalls hätte mich längst heillos verfahren und habe irgendwie das Gefühlt, wir würden im Kreis fahren vor lauter linsk- und rechts-Abzweigern. Doch mein GPS zeigt mir, dass wir in nordwestlicher Richtung unterwegs sind. Tuktuks gibt es hier keine und Fahrräder ebenfalls nicht. Dafür ganz viele Motorräder und Autos. Es scheint, dass die Oekonomie in Bali recht gut ist, jedenfalls wenn man die Motorisierung ansieht.

Und was vor allem auffällt ist, wie bedächtig gefahren wird. Es wird durchaus mal ein Vortritt gewährt, man nimmt aufeinander Rücksicht, kein Vergleich mit dem Verkehr in Indien.

Nach einer guten Stunde halten wir am Strassenrand an, wir sind angekommen.

Die Vanille-Pflanzung

Die Vanille-Pflanzung

Der Farmer, Greswiter (ich glaube nicht, dass ich den Namen richtig geschrieben habe) ist zwar etwas scheu, da er kein Englisch spricht, aber er scheint sich über den Besuch trotzden zu freuen. Er zeigt uns die Plantage, lässt uns zwischen den Stangen durchlaufen, an denen sich die Vanillepflanzen ranken. Noch ist nicht die Hauptblütenzeit gekommen, es sind erst ein paar wenige Blüten, die offen sind. Die meisten sind noch als Knospen in Vorbereitung. Aber immerhin findet er eine Blüte, bei der er mir die Bestäubung zeigen kann.

Adi erklärt den Ablauf. Tatsächlich muss jede Blüte von Hand bestäubt werden. Wobei dies genau am richtigen Tag passieren muss. Möglichst noch vor 11 Uhr morgens. Der Farmer und seine Helfer gehen also in der Hauptsaison am frühen Morgen von Pflanze zu Pflanze, öffnen die gerade erblühten Blütenkelche und bringen den Pollen zum Stempel. Das geht ganz schnell. Bis zu 1800 Blüten bearbeitet ein geübter Farmer an einem Tag, resp. an einem Vormittag. Am nächsten Tag müssen die gleichen Pflanzen wieder durchgegangen werden, denn die Blüten eines Blütenstandes öffnen sich nie gleichzeitig, sondern kurz nacheinander.

Es ist also eine riesige Arbeit, die Blüten zur Produktion von Früchten zu bringen. Es hat aber nichts mit ausgestorbenen Insekten zu tun, ich habs später ergoogelt.

Die Vanilliepflanze stammt ursprünglich aus Mexiko. Dort hat ein einheimisches Insekt die Pflanzen bestäubt und lange Zeit war es nicht möglich, Vanille in anderen Weltgegenden anzupflanzen, weil nur dieses Insekt für diese Blüten geeignet ist. 1841 wurde die künstliche Bestäubung im grossen Stil entdeckt und seither hat sich der Anbau auf andere Länder ausgedehnt. Hauptanbaugebiet ist Madagaskar, aber auch Indonesien mit Jawa und Bali. Mexiko hat seine Bedeutung verloren. Bourbon wurde die Vanille von der Insel Reunion genannt.

Knospe im Anfangsstadion

Knospe im Anfangsstadion

Adi zeigt mir die vielen Blütenknospen an einem einzigen Ast

Adi zeigt mir die vielen Blütenknospen an einem einzigen Ast

Blüten und Früchte kennen keine spezielle Saison, aber es scheint, dass in einer Plantage alle Pflanzen ungefähr den gleichen Rythmus haben. Vielleicht weil sie gleichzeitig angepflanzt wurden. An einer Pflanze können wir grüne Schoten sehen, die allerdings noch nicht ausgewachsen sind.

Diese werden nach der Reife vom Farmer geerntet und an Adi geliefert, der den weiteren Prozess und die Vermarktung übernimmt. Deshalb besucht er seine Lieferanten regelmässig. Um sich nach dem Stand der Ernte zu erkundigen und bei allfälligen Problemen Hand zu bieten. "Wir sind die führenden Produzenten von Vanille in Bali, gegen 700 Farmer arbeiten für uns", erklärt er stolz. Allerdings sind die Farmer selbständig, verkaufen an Adi und brauchen sich nicht um die Vermarktung zu kümmern.

Adi hofft, dass er irgendwann in der Zukunft von der Vanille leben kann, im Moment arbeitet er noch im Hotel, denn die Produktion und Handel ergibt noch nicht genug zum Leben.

Die Schoten sind noch nicht reif

Die Schoten sind noch nicht reif

Die Farmersfrau verkauft Gurken an der Strasse.

Die Farmersfrau verkauft Gurken an der Strasse.

Bevor wir losfahren sehe ich noch kurz der Nachbarin zu, die die Palme von vertrockneten Blättern befreit. Dafür hat sie eine lange Stange mit einem Haken am Ende. Damit reisst sie die Blätter weg, damit die Kokosnüsse mehr Sonne bekommen.

Und gleich daneben entdecke ich eine Kakaoplantage. Die Früchte wachsen direkt am Stamm und sind noch grün. An einem anderen Baum sind sie bereits gelb, aber zwischen den Blättern versteckt. Das wäre tatsächlich auch ein Thema, das mich interessieren würde. Kakaoproduktion habe ich noch nie genauer gesehen.

Adi macht mich noch auf einen Karambole-Baum aufmerksam, doch ist er zu weit weg für ein genaueres Bild und Früchte trägt er zur Zeit nicht, genausowenig wie die noch jungen Papayabäume. Aber die Bananen tragen Früchte.

Kakaofrüchte wachsen direkt am Stamm

Kakaofrüchte wachsen direkt am Stamm

hier verstecken sich die reifen gelben Früchte zwischen den Blättern.

hier verstecken sich die reifen gelben Früchte zwischen den Blättern.

Bananenstauden.

Bananenstauden.

Wir verabschieden uns von den Farmersleuten und fahren durch weite Reisfelder, in denen das Wasser steht, so dass man genau die sehr präzise angeordneten Reishalme sieht. Sie wurden alle von Hand eingepflanzt. Auch das eine ungeheure Arbeit, wenn man all die vielen Reisfelder der Insel sieht.

In einem kleinen Dorf halten wir wieder an. Hier, in einem sehr gepflegten Garten mit vielen Orchideen und Geweihfarnen an den Bäumen, mit farbigen Blumen und blühenden Frangipani-Bäumen ist eine weitere kleine Vanillepflanzung.

Doch wir sind nicht wegen den Pflanzen hier, sondern weil hier die fermentierten Schoten getrocknet werden.

Ein Feld mit Wassermelonen

Ein Feld mit Wassermelonen

Das riecht man sofort, wenn man sich dem offenen Gebäude nähert. Ein intensiver Vanillegeruch empfängt uns. Hier liegen die Schoten zum Trocknen aus. Der Prozess dauert bis zu 3 Monate und muss genau überprüft werden. Höchstens zwei Stunden täglich dürfen die Früchte an der Sonne liegen, dann müssen sie wieder an den Schatten und nur noch an der Luft getrocknet werden.

Die Schoten sind bereits aussortiert. Die grossen dicken, die wunderbar riechen, werden als ganze Schoten weiter bearbeitet, respektive verkauft. Die etwas kleineren, die sich etwas winden, werden nach dem Trockungsprozess gemahlen und als Vanillepulver verkauft. Die grossen nennt Adi Gourmet-Vanille.

Während sich Adi mit den Besitzern des Gartens unterhält, sehe ich mich noch ein wenig um, staune über die vielen verschiedenen Pflanzen, fotografiere ein paar Orchideen und komme auf eine weitere interessante Pflanze, die ich noch nie gesehen habe.

Ob das Blumen sind? diese gewundenen gelben Deckblätter, die sich um einen kleinen Griffel winden. Es ist eine Ylang Ylang-Pflanze. Daraus wird das duftende Oel gemacht. Den Duft kann ich an der Blüte leider nur ganz schwach erkennen, ich nehme an, dass das daran liegt, dass sie noch immer regennass ist, denn vor kurzem hat ein sanfter Regen eingesetzt.

Ylang Ylang-Blüte

Ylang Ylang-Blüte

Wir fahren weiter, denn Adi will noch Komposterde für den Hotelgarten besorgen. Auch dieser Halt ergibt wieder ein paar neue Blumenbilder. Diese intensive rote Farbe der Bougainvillea jedenfalls habe ich noch kaum so gesehen. Ausserdem scheint es eine spezielle Sorte zu sein mit ihrem dichten grünen Blattwerk.

Ein Dschungel aus Bananen und Papayabäumen

Ein Dschungel aus Bananen und Papayabäumen

Die beiden weissen Tauben werden wohl als Dekoration gehalten. Sie sitzen ruhig in dem winzigen Käfig.

Die beiden weissen Tauben werden wohl als Dekoration gehalten. Sie sitzen ruhig in dem winzigen Käfig.

Longbeans - lange Bohnen-Pflanzung

Longbeans - lange Bohnen-Pflanzung

Die Zeichnungen am Boden auf den Gehwegen sind sehr typisch in Bali. Auch in dem Haus, wo die Vanille getrocknet wurde, habe ich solche Ornamente gesehen. Dieses ist hier im Hotel.

Die Zeichnungen am Boden auf den Gehwegen sind sehr typisch in Bali. Auch in dem Haus, wo die Vanille getrocknet wurde, habe ich solche Ornamente gesehen. Dieses ist hier im Hotel.

Adi hat derweil den Kofferraum des Toyotas mit Komposterde in Säcken gefüllt, wir fahren zurück nach Ubud.

Im Hotel habe ich erst einmal zu tun, all die Informationen zu verarbeiten. Noch ein wenig zu recherchieren und ausserdem brauche ich mein Nickerchen.

Später gehe ich in eines der Restaurant in der Nähe zum Nachtessen. Tatsächlich ist hier jedes Restaurant gepflegt. Das Essen ist fantasievoll, und appetitlich angerichtet. Heute gibt es eine Pinacolada und ein Nasi Goreng.

Bali ist auch kuinarisch ein Paradies.

Nasi Gorang - sowas wie das Nationalgericht.

Nasi Gorang - sowas wie das Nationalgericht.

Ich hab mich jetzt, wo ich dieses Kapitel schreibe, noch einmal genau nach dem Ablauf der Vanille-Produktion erkundigt.

Adi kauft den Farmern die grünen Bohnen ab. Diese werden kurz blanchiert, danach kommen sie in eine luftdicht verschlossene Box wo sie fünf Tage bei 46 - 50 Grad fermentieren.

Danach werden sie zum Trocknen im Freien ausgelegt. Das heisst, sie bleiben täglich höchstens 2 Stunden in der Sonne, dann kommen sie zurück in den Schatten und werden nur durch die Luft getrocknet. Dieser Prozess dauert bis zu 3 Monate.

Dabei werden sie nach Qualität sortiert. Die grossen werden als Stängel vakumiert und verkauft, die dünneren werden gemahlen und als Vanillepulver verkauft. Die Qualität ergibt sich aus dem ganzen Prozess der Fermentierung und der Trocknung. Darum überwacht Adi die Fermentierung immer selber, während er für das Trocknen der Früchte Angestellte hat. Ich könnte mir vorstellen, dass es während der Hauptverarbeitungszeit ziemlich viele Hände braucht.

Die Farmer sind selbständig, bekommen ihr Geld, wenn sie die Früchte abliefern. Mit dem weiteren Prozess und vor allem mit der Vermarktung haben sie nichts zu tun.

Adi verschickt seine Bali-Gourmet-Vanille in die ganze Welt und bittet mich, seine WhatsApp-Nummer in meinen Blog aufzunehmen, denn er verschickt auch kleine Quantitäten von 50-100 gr. Die Preise sind sehr moderat und haben mit unseren Endpreisen überhaupt nichts zu tun. Wer also Lust bekommen hat, schreibt eine WhatsApp, Adi freut sich auf Bestellungen.

Adi Negara - WhatsApp +62 858 5852 0070 - Mitteilung in Englisch

Pakete von ca 100 oder 50 gr können gut verschickt werden.

Pakete von ca 100 oder 50 gr können gut verschickt werden.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es geht wieder los. Vier Monate ist es her, seit ich von meiner Südamerikareise zurück gekommen bin. Sieben Monate war ich unterwegs. Und jetzt stehe ich vor einem neuen Start. Mein Traum ist das Taj Mahal. Mein Ziel heisst Indien.
Details:
Aufbruch: 01.06.2022
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 30.01.2023
Reiseziele: Vereinigte Arabische Emirate
Indien
Indonesien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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