Reise durch Indien

Reisezeit: Juni 2022 - Januar 2023  |  von Beatrice Feldbauer

Pushkar

Wir sind wieder unterwegs. Allerdings ist die Strecke heute nicht ganz so lang, nur 150 km, das heisst 3 Stunden Fahrt. Darum konnte ich am Morgen gemütlich auf der Dachterrasse frühstücken. Habe sehr gut geschlafen im Pfauenbett, aber ich war auch entsprechend müde von den vielen Eindrücken gestern.

Auch heute wieder begegnen uns alle möglichen Hindernissen auf den Strassen. Nicht nur Kühe können die Strassen blockieren, manchmal sind auch Esel auf der Strasse oder es gibt Umleitungen, Baustellen, Schlaglöcher. In den Orten kann es schnell zu Staus kommen auch wenn nicht ersichtlich ist, was der Grund dafür ist.

Doch Nipendra schafft es alles mit stoischer Ruhe. Zwar macht auch er sich bemerkbar, wenn er ein anderes Fahrzeug überholt. Wenn es rechts oder links vom Lastwagen vor uns eng wird, wenn ein Radfahrer zu weit in unserer Spur ist. Dann drückt auch er auf die Hupe und zwängt sich vorbei.

Da lässt sich gut ein Nickerchen machen

Da lässt sich gut ein Nickerchen machen

Es gibt auch tierische Passagiere

Es gibt auch tierische Passagiere

Einmal überholen wir sogar zwei grosse Mähdrescher und dann ist es eine Ziegenherde, die unseren Weg kreuzt und den Verkehr fast zum Erliegen bringt. Die Strassen in Indien sind täglich voller Überraschungen. Nipendra liebt das Unterwegs sein. Während der Pandemie arbeitete er bei seinem Vater auf der Farm. Das war eine völlig andere Arbeit, meint er, er hätte die Freiheit vermisst und die Wartezeiten, wenn seine Gäste sich etwas ansehen, die Kontakte mit Menschen.

Er wohnt in Delhi, doch eigentlich kommt er von einem Ort, der 200 km davon entfernt ist. Dort wohnen nicht nur seine Eltern, dort lebt auch seine Frau mit dem kleinen Sohn, der dieser Tage zum ersten Mal in die Schule geht. In eine Privatschule. Das ist ihm wichtig, denn er meint, dass er selber einige schulische Defizite hätte. Zwar spricht er sehr gut Englisch, aber das hat er sich selber beigebracht. Beim Schreiben happert es. Das ist auch das Manko, das er für die Verwirklichung seines Traumes sieht. Natürlich nebst dem fehlenden Geld. Die Pandemie hat ihn in seinen Plänen und Wünschen weit zurückgeworfen, aber er will dran bleiben. Sein Traum ist ein eigenes Taxiunternehmen. Reisen verkaufen, mit Touristen verhandeln, beraten. Aber das selber Fahren will er nicht aufgeben. Er war schon in fast ganz Indien unterwegs, denn seine Fahrerlizenz ist überall gültig. Auch sein Auto, das einer Agentur gehört, darf überall in Indien gefahren werden.

Seine Lizenz wird alle drei Jahre neu überprüft. Wegen der Pandemie wurde die Frist im Moment auf fünf Jahre ausgedehnt. Bei der Gelegenheit wird nicht nur das Fahren überprüft, es wird auch darauf geachtet, dass das Auto sauber ist, dass die Vorschriften eingehalten werden. In Rajasthan muss ein Taxi weiss sein, der Fahrer muss eine Uniform tragen. Eine Uniform? Ja, ein Hemd mit zwei Brusttaschen und Achselpatten. Das genügt. Und es sollte weiss oder blau sein. In anderen Bundesstaaten darf es auch andere Farben haben, aber in Rajasthan muss es weiss sein, daher trägt er fast nur weisse Hemden. Er kann bei einer Kontrolle sogar gebüsst werden, wenn er ein simples Hemd trägt. Eine Fahrerlizenz kann im Notfall gekauft werden, bei der Lizenz von Taxifahrern ist das schwieriger.

Was du in Indien auf der Strasse brauchst ist a good horn, a good breake and good luck - eine gute Hupe, gute Bremsen und viel Glück, lacht er. Auf die Bremsen kann man zur Not noch verzichten, aber ohne Horn kommst du nirgendwo hin.

Die Vorschrften für den Einsatz von Autos generell oder als Taxis sind in den verschiedenen Bundes-Staaten unterschiedlich. In Delhi dürfen zum Beispiel überhaupt nur Dieselfahrzeuge fahren, die nicht älter als 10 Jahre alt sind. Benziner sind auf 15 Jahre beschränkt. Wer ein älteres Auto hat, versucht es im Umland zu verkaufen.

Auf dem Land sind die Vorschriften weniger streng. Auf den Höfen kann ein Fahrzeug noch lange eingesetzt werden. Man kann sein Auto aber auch verschrotten lassen, dann bekommt man vom Staat ein Zertifkat und eine Gutschrift für den Kauf eines neuen Autos. Man versucht in Delhi auf saubere Autos umzusteigen, möglichst auf Elektromotoren.

Darum sehen wir wohl auch immer wieder Fahrzeuge, die am Strassenrand stehen und offensichtlich etwas testen. Zuerst glaubte ich, es wären Radarkontrollen, aber Nipendra erklärt, dass es um die Reinheit der Luft geht. Wer hätte das erwartet?

Eine Herde Ziegen in Sicht

Eine Herde Ziegen in Sicht

Wir kommen zügig voran und erreichen am Mittag Pushkar,

Ob ich heute auch wieder einen Guia hätte, will ich wissen, doch Nipendra meint, Pushkar hätte zwar einiges zu bieten, aber es sei so klein und und ausserdem dürften ins Zentrum keine Autos fahren. Ich darf also den Ort frei erkunden. Da bin ich sehr froh, denn ich will erst kurz ausruhen.

Nipendra hat damit heute einen freien Tag. Wo er denn schlafe, will ich wissen. Meistens haben die Hotels eine Schlafstelle für die Fahrer. Ein Zimmer oder einen grossen Raum. Nein, nicht mit Betten, aber mit Schlafgelegenheiten. Ganz selten, vor allem im Norden von Indien kann es vorkommen, dass er im Auto schlafen muss. Seine Kleider hat er immer alle dabei, eine Waschgelegenheit und eine Toilette gibt es meistens vom Hotel.

Wir klären noch ab, wann es im Hotel Frühstück gibt, er wird mich morgen um acht Uhr abholen.

Eine Stunde später verlasse ich das Hotel und treffe als erstes auf ein Kamel. Das erinnert mich daran, dass es hier Ausflüge in die Wüste gäbe. Wo man die wohl buchen kann?.

Ich gehe die schmale Strasse entlang, die wir gekommen sind und erreiche bald die Hauptstrasse. Immer geradeaus weiter gehen, hat mir Nipendra gesagt, dann kommst du zum See. Und dort soll ich aufpassen, denn es gäbe Männer, die den Leuten versprechen, für sie zu beten, eine Zeremonie abhalten und am Schluss würden sie sehr viel Geld dafür verlangen. Nicht nur ein paar Hundert, nein ein paar Tausend Rupien würde das dann kosten. Wenn ich das nicht wolle, solle ich von Anfang an absagen. Aber verrate auf keinen Fall von wem du diesen Tipp hast. Es ist auch schon mal jemand hier beim Hotel aufgetaucht und hat nach dem Fahrer gefragt, der den Touristen solche Tipps gegeben hat. Die Männer sind nicht ganz zimperlig.

Noch bin ich nicht am See, ich laufe auf der Hauptstrasse und komme an schönen Fassaden vorbei. Neue Hotels oder versunkene Paläste. Es ist ruhig, kaum jemand unterwegs.

Bei der grossen Moschee gehe ich die Treppe hinauf. Es scheint niemand da zu sein, der mir den Eingang verwehrt. Ich lasse meine Schuhe am Anfang der Treppe liegen, gehe durch das Wasserbad und steige hinauf. Ein harmonischer Bau, ganz in weissem Marmor gebaut. Auch die Kuppeln sind weiss, einzig die Spitzen glänzen in Gold. Schöne Ornamente, dezente Farben, ein paar farbige Spotlampen in der Höhe, ich kann mich ungehindert bewegen.

Eine Gruppe Gläubiger sind da, sie haben Blumengebinde mitgebracht. Verharren einen Moment in stiller Meditation und gehen dann wieder hinaus

Der Platz vor der Moschee ist mit wunderschönen Platten belegt. Nachdem ich diese eine Weile betrachtet habe, entdecke ich ein Labyrinth. Auch ein paar der Gruppe haben es entdeckt und beginnen, den Linien entlang zu laufen. Immer mehr schliessen sich den ersten an, am Schluss sind alle auf dem Weg, nehmen all die Windungen, die Kehren und gelangen am Schluss in die Mitte.

Natürlich haben sie gesehen, dass ich sie beobachtet habe. Darum soll ich das jetzt auch machen. Unter Aufsicht aller drehe ich also meine Runden. An den Ecken zeigt mir eine der Frauen mit Handzeichen jedesmal, dass ich jetzt abdrehen muss und freut sich dann, wenn ich es wieder geschafft und den Weg gefunden habe... Es ist wie ein lustiges Spiel. Eine nonverbale Kommunikation. Ganz am Schluss machen sie noch ein Gruppenbild und ich muss unbedingt auch mit drauf. Also nehme auch ich ein Bild der ganzen Gruppe auf. Als Erinnerung an diesen kurzen Moment.

Dann laufe ich weiter, komme an weiteren wunderschönen Fassaden und Toren vorbei, an einem Tempel, einer Schneiderwerkstatt, verschiedenen Garküchen und irgendwann bin ich in der Altstadt, wo die Strasse enger wird und wo es noch einen Schwenker braucht, dann bin ich am See. Es ist ein kleiner künstlicher See, die Häuser sind alle bis ans Ufer gebaut.

Ich steige die paar Stufen hinunter und werde prompt von zwei Männern angesprochen. Ich soll die Schuhe am Anfang der Treppe lassen, das hier ist ein spezieller Ort. Dann fragen sie nach dem woher und mit wem. Und versichern mir, dass sie mich happy machen könnten. Ich könnte da unten auf die Stufen sitzen und sie würden für mich beten.

Aber ich bin doch schon überaus happy, mehr geht gar nicht, wende ich ein und lache. Das scheint irgendwann überzeugend zu sein, sie lassen mich gewähren.

Ich sehe mich erst einmal um. Sehe die vielen Tauben auf den Stufen sitzen, sehe den rechteckigen offenen Säulen-Pavillon unten am Wasser, wo eine weisse Kuh gemütlich im Schatten liegt. Sehe den beiden Kälbern zu, die sich auf den obersten Treppenstufen begrüssen. Immer wieder eigenartig, diese Begegnungen mit Kühen, so weit abseits von vertrauten grünen Wiesen.

Eine andere Kuh nascht von gelbem Reis, den jemand ausgestreut hat, während hinter ihr ein paar Affen Possen reissen.

Als sie genug gefressen hat, steigt sie die restlichen Stufen hinauf und stellt sich auf einen Sims, steht da wie eine Statue, als ob sie hierhin gehören würde, schaut hinunter auf die wenigen Besucher. Und ich sehe hinauf und entdecke, dass es wohl eher ein Stier ist. Später legt er sich dort oben hin und scheint gemütlich ein Sonnenbad zu nehmen.

Ich setze mich unter das Dach auf eine der Stufen, die übrigens dauernd von Männern mit Reisbesen gewischt werden, und sehe zu, was da vor sich geht. Vor mir scheint ein junger Mann die Zeremonie zu bekommen. Er bekommt Blumen in die Hände, er wäscht seine Füsse im See, lässt Blumen über den Kopf rieseln, die Zeremonie scheint ihm zu gefallen. Ein Mann begleitet ihn mit seinen Gesprächen, lässt ihn aber auch immer wieder selber meditieren.

Auf der anderen Seite, beim Pavillion kommen inzwischen immer mehr Menschen. Sie setzen sich auf die Mauer, stellen die Füsse ins Wasser. Einige ziehen sich bis auf die Unterhosen aus, steigen ganz ins Wasser. Sie waschen sich, giessen sich gegenseitig Wasser über den Kopf.

Auch Frauen sind dabei, sie steigen in den Kleidern ins Wasser oder bleiben beim Waschen der Füsse. Und in regelmässigen Abständen drehen die Tauben ihre Runde, fliegen alle zusammen auf, als ob sie jemand aufgeschreckt hätte, doch da ist niemand ausser den beiden Kälbern. Sie fliegen auf, verteilen sich auf den nahen Hausdächern und kehren bald wieder zurück auf die Treppenstufen.

Ich sitze lange da, denn es gibt so viel zu sehen, so viel zu denken und auch ein wenig zu meditieren.

Als ich aufstehe und oben meine Schuhe wieder anziehe und durch das Tor den Ort verlasse, versucht ein orange gekleideter Mann meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er balanciert auf einem Bein und möchte wohl, dass ich ihm etwas dafür gebe. Doch ich habe ihn nicht gebeten, für mich den Clown zu spielen - auch wenn ich das Bild dankbar geschossen habe - und ich lasse ihn stehen. Tatsächlich ist es immer eine Balance, genauso wie er auf einem Bein steht, zu verstehen, wo ich etwas geben soll und wo nicht.

Der jungen Frau, die mich kurz darauf anspricht und anbettelt, möchte ich zuerst auch ausweichen. Doch sie bittet nicht um Geld, sie will, dass ich ihr Milchpulver bei einem der Händler kaufe. Für das Baby, das sie auf dem Arm trägt. Dafür will sie mir daraufhin ein Henna-Tatoo anbieten, dich ich lehne dankend ab. Möchte noch etwas mehr sehen von diesem Ort. Pushkar.

Ich gehe weiter und treffe kurz darauf den Rischkafahrer wieder. Eben noch hatte er Passagiere, jetzt ist sein Gefährt leer. Er lädt mich für eine Runde ein. Eine Runde durch das Dort, durch den Markt, zum Stadion und zurück hierher. Der Preis ist schnell verhandelt, ich steige ein. Er fährt tatsächlich durch den Markt. drängt sich durch die schmalen Gassen, auch wenn ich glaube, dass ich kaum zu Fuss durchkommen würde, vorbei an all den Verkaufsständen, den Kleiderläden, den Schmuck und Souvenirständen. Und vorbei an den Kühen, die natürlich auch hier, inmitten des Marktes gemütlich ihre Siesta halten.

Als die Strasse leicht ansteigt, steigt er ab und schiebt, zeigt nach links, wo die grosse Moschee liege, die zu der viele Gläubige pilgern. Dann erzählt er, dass wir nächstens zum Stadion kämen. Fussball? will ich wissen. Er windet sich, ja man könne natürlich auch Fussball spielen, aber eigentlich sei es ein Parkplatz und im November ein grosser Kamelmarkt.

Überhaupt die Kamele, man könne hier Ausflüge in die Wüste machen. Da geht es hinaus, zeigt er mit der Hand. Hinaus in die Wüste. Ob ich Interesse hätte.

Das hätte ich schon, aber ich denke, dass ich wohl erst die Rischkafahrt zu ende bringen müsste, dann werde ich wohl noch einmal zu Fuss zur Moschee und zu den Kamelen kommen. Ich habe natürlich keine Ahnung, dass meine Rischkafahrt eine Kombifahrt enthält.

Wir biegen in das 'Stadion' ein, das sich als grosser Parkplatz erweist. Ein Parkplatz für ein paar Autos, aber vor allem für Kamele und Kamelwagen. Sofort werde ich von einem der Kameltreiber angesprochen. Interesse an einem Ausflug?

Ja, aber der Rischkafahrer. Der wird warten. Natürlich kennen sich die beiden und selbstverständlich wird der Rischkafahrer hier auf mich warten. Kein Aufpreis, nein, das gehört sich so. Ich brauche lediglich für die Fahrt mit dem Kamelwagen zu bezahlen.

Saura, so heisst mein neuer Fahrer, lässt sein Kamel vor den Karren spannen und fünf Minuten später sind wir auf dem Weg in die Wüste. Jetzt ist hier alles grün, erzählt er, aber bevor der Monsun kommt ist hier alles Sand. So wie auf den Wegen, über die wir fahren. Vishnu heisst sein Kamel und es gehört ihm zur Hälfte. Er kennt es von ganz klein auf, fährt schon lange mit ihm, aber seit drei Jahren ist er am Gewinn beteiligt. Selbstverständlich schaue er gut für das Tier, denn es verschaffe ihm seinen Verdienst, seinen Lebensunterhalt. Während der Pandemie, als keine Touristen mehr kamen, hat er mit dem Tier auf dem Bau gearbeitet. Lasten getragen, Steine geschleppt. So schlecht war die Zeit gar nicht, meint er verschmitzt. Aber die Arbeit mit Touristen gefällt ihm besser.

Shiva

Shiva

Saura, mein Kameltreiber

Saura, mein Kameltreiber

Es ist ein ganz eigener Trott, den so ein Kamel macht. Ein Wüstenschiff. Wir verlassen die geteerte Hauptstrasse, sind jetzt auf Sandwegen unterwegs. Saura erzählt von sich. Er ist hier draussen in der Wüste aufgewachsen. Bei den Gipsys. In die Schule ging er fast nie, darum kann er jetzt auch nicht lesen und schreiben. Für ihn genügt es, er hofft trotzdem, eines Tages ein eigenes Kamel zu besitzen und sein eigener Meister zu sein.

Wenn er aber einmal Kinder hat, dann sollen die in die Schule gehen. Die wenigsten Kinder hier in der Wüste, so nahe beim Ort gehen in die Schule, obwohl es die Möglichkeit gibt. Aber die Eltern sehen die Wichtigkeit nicht ein.

Bald erreichen wir eine kleine Zeltstadt. Hier werden wir erwartet. Möchte ich Fotos von mir als Gipsy? Vielleicht, erzähl worum es geht. Man zeigt mir ein paar Fotos. Die Preise sind verschieden. Nur Kleider anziehen, oder mit etwas Schmuck, oder mit allem Schmuck als Prinzessin. Es gibt sogar einen Preisnachlass, als ich zögere, aber trotzdem auf die reich geschmückte Frau zeige.

Und schon ist es passiert. Vier Frauen umstehen mich, ziehen mir den Rock über, knöpfen mir unter Kichern das Oberteil um, legen mir den Silberschmuck um den Hals, klemmen mir einen Nasenring an - nein, ein Loch brauchte das nicht - schliessen mir die Ringe um die Handgelenke, stecken mir Schmuck ins Haar und legen mir den Schleier um. Und schon bin ich umgekleidet, ich habe kaum gemerkt wie es gegangen ist.

Ein Fotograf ist auch schon da, doch den brauche ich nicht, ich habe Saura, der kann das direkt mit meinem Handy machen.

Schon bin ich umringt von einer Gruppe Musikanten. Sie singen, die spielen, sie schlagen das Tambourin und ein paar Touristen finden sich auch gleich ein, zücken ihre Handys. Ich soll tanzen, soll mich drehen, verliere den Schleier, finde mich doof und trotzdem lustig. Es ist eben genauso wie man es mit Touristen macht. Und es ist auch ganz schnell wieder vorbei. Das Video gemacht, die Musiker wollen ihren Obolus, sind nicht ganz zufrieden mit dem was ich ihnen in die Hand drücke, doch ich habe sie ja gar nicht bestellt. Alles klar, sie haben bereits die nächsten Touristen entdeckt, spielen kurz darauf für eine andere Gruppe.

Gipsy-Queen

Gipsy-Queen

Ich mache noch kurz eine Foto-Session mit Saura und ein paar Selfies, zur Erinnerung, denn dass Video unbrauchbar ist, ist mir schnell klar geworden. Erst viel später im Zimmer sehe ich, wie ich ausgesehen habe und muss gestehen, als indische Gipsy-Queen würde ich mich gar nicht schlecht machen.

Auch die Frauen haben ihr Geld bekommen und helfen mir, mich von all dem Geschmeide und dem schweren Rock zu befreien, dann fahren wir zurück in den Ort

Die Leute bei denen wir waren, sind Zigeuner, die hier in der Wüste, ganz in der Nähe in ihrem Zelt-Dorf wohnen. Auch Saura stammt aus diesem Dorf, lebt noch immer in einem der Zelte.

Ich hoffe, man darf das Wort in diesem Zusammenhang noch gebrauchen. Ich habe gelesen, dass Sinti und Roma vor über 600 Jahren aus Indien nach Europa gekommen sind.

Es war ein lustiger Ausflug in die Wüste, ein ganz winziger Einblick in ein anderes Leben. Saura hat mir einiges von sich erzählt und ich bin wieder einmal erstaunt über die Offenheit, über die Möglichkeit, innert so kurzer Zeit eine Begegnung zu haben, die ein ganz kleines bisschen über den normalen Touristenkontakt hinaus geht.

Bald sind wir zurück im Stadion, wo mein Rischkafahrer noch immer auf mich wartet. Er beendet seine Tour durch ein paar weitere Strassen und dann steige ich da wieder aus, wo ich vor über zwei Stunden eingestiegen bin.

Der Rischkafahrer

Der Rischkafahrer

Ich bummle noch ein wenig durch den Markt. Entdecke einen Laden, der kleine hübsche Schirme verkauft und versuche dem Besitzer, der vor dem Laden sitzt, zu erklären, was ich will. Doch er versteht nichts, er kann auch nicht reden, sein Standnachbar erklärt mir, dass der Mann taub und blind sei. Aber er guckt sehr freundlich und am Schluss gibt er mir zu verstehen, dass ich ihn fotografieren soll.

Es ist also heute der Tag der Selfies mit Männern, an die ich mich gern erinnern möchte, auch wenn ich nicht von allen einen Namen habe, respektive mir den Namen nicht aufgeschrieben habe. In der Regel frage ich alle, nach ihrem Namen, wenn ich irgendwo bei jemandem einsteige.

Der taubstumme Händler, bei dem ich meinen heutigen Schirm gefunden habe.

Der taubstumme Händler, bei dem ich meinen heutigen Schirm gefunden habe.

Nachdem das mit dem Schirm für morgen erledigt ist, kehre ich noch kurz in einem kleinen Cafe ein und bin völlig überrascht, einen richtig feinen Cappuccino zu bekommen. Da grad fast nichts los ist, setzt sich der Besitzer zu mir und wir haben ein kurzes aber sehr schönes Gespräch. Über das Reisen, das Unterwegs sein, über das Glück und die Freiheit der Gedanken.

Sein kleines Cafe besteht schon seit vielen Jahren, aber jetzt ist er dabei, es wieder in die richtige Bahn zu bringen, nachdem es zwei Jahre geschlossen war. Überleben können wir immer, meint er lächelnd. Essen kostet bei uns nicht so viel. Aber er möchte seinen Betrieb verbessern, hat bereits eine neue Fassade aus Bambus erstellt.

Es wird bald dunkel, als ich mich auf den Rückweg zum Hotel mache. Irgendwo entdecke ich ein paar Männer beim Kartenspielen, einen Kamelwagen, der abgestellt ist und verlaufe mich einmal in eine falsche Gasse. Doch der Turm, den ich schon am Morgen gesehen habe, weist mir wieder den richtigen Weg. Zurück zum Hotel, wo das Kamel noch immer im Gebüsch steht.

Und Nipandra, der mit dem Besitzer im Schatten sitzt und einen Chai trinkt.

Später esse ich im hoteleigenen Restaurant und bin froh, dass ich nur noch ein paar Treppen hinauf steigen muss und dann ein bequemes Bett habe.

Auch dieser Tag war wieder voller neuer Eindrücke und Erlebnisse.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es geht wieder los. Vier Monate ist es her, seit ich von meiner Südamerikareise zurück gekommen bin. Sieben Monate war ich unterwegs. Und jetzt stehe ich vor einem neuen Start. Mein Traum ist das Taj Mahal. Mein Ziel heisst Indien.
Details:
Aufbruch: 01.06.2022
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 30.01.2023
Reiseziele: Vereinigte Arabische Emirate
Indien
Indonesien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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