Reise durch Indien

Reisezeit: Juni 2022 - Januar 2023  |  von Beatrice Feldbauer

Zugfahrt nach Mumbai

Einen selten schönen Schirm hab ich da in den Strassen von Panaji gefunden.

Einen selten schönen Schirm hab ich da in den Strassen von Panaji gefunden.

Da sitze ich jetzt also, auf dem Bahnsteig von Margao. Inmitten von Hunderten von Reisenden. Wo die wohl alle hinwollen. Es ist kurz vor Mitternacht, das lange Wochenende ist zu Ende. Mein Zug hat Verspätung, hat mir mein Taxifahrer noch erklärt, nachdem er in seiner App nachgesehen hat. Also wird es wohl nach ein Uhr werden, bis ich losfahre. Ob ich meinen Zug überhaupt erkenne? Und auf welchem Gleis wird er kommen. Es ist kaum etwas in Englisch angeschrieben.

Ich frage ein junges Paar, das neben mir auf der Bank sitzt und der Mann schaut sofort in seinem Handy nach. Hier auf diesem Gleis wird dein Zug in den nächsten Minuten einfahren, erklärt er mir. Also stelle ich mich ans Gleis, denn der Zug wird nicht lange halten und ich weiss nicht, wo mein Wagen stehen wird.

Und dann kommt er. Mit lauten Getöse fährt er in den Bahnhof. Ich sehe mir die Wagen an und kann die Nummern erkennen. Der Wagen S2 ist soeben an mir vorbei gefahren. Als er endlich anhält, habe ich ihn bald erreicht und wuchte meinen Koffer hinein. Wie wohl ein Sleeper aussieht?

Es sind einfache Pritschen, die zu drei übereinander liegenden Liegeflöchen gemacht werden können. Ein älterer Mann, der mit seiner ganzen Familie reist - wir sind im ganzen 9 Personen - hilft mir, die obere Pritsche herunterzuklappen, do dass ich mich unten hinlegen kann. Den Koffer schieben wir darunter, der Rucksack muss als Kissen dienen. Mein weiss-schwarzes Arabertuch nehme ich als Decke.

Der Mann nimmt die andere untere Pritsche in Beschlag, während sich ein Teil seiner Familienmitglieder über uns für die Nacht einrichten. Zuerst versuche ich noch ein wenig zu lesen, doch schon bald schlafe ich ein. Und schlafe tatsächlich fünf Stunden durch.

Erst als es draussen hell wird, wache ich wieder auf. Nachdem ich noch ein wenig döse, mein Nachbar ist ein paar Abteile weiter vorn, dort gibt es wohl Frühstück mit der Familie, ich trinke etwas Wasser, das muss reichen. Bei grösseren Haltestellen kommen jetzt manchmal Leute, die Kaffee oder Tee verkaufen. Oder verschiedene Snacks.

In der Nacht hat es geregnet, das Fenster, das gestern noch offen war und durch das die Luft hereinwehte, ist jetzt geschlossen. Ich hatte gar nicht gesehen, dass es Fensterscheiben gibt, die man herunterziehen kann. Es wird wohl mein Nachbar gewesen sein, der mich vor den herein spritzenden Regentropfen geschützt hat. Jetzt kann ich es wieder öffnen. Durch die vergitterten Fenster sehe ich die Landschaft vorbei ziehen. Weite hellgrüne Reisfelder, manchmal ein Fluss, manchmal fahren wir an ein paar Häusern vorbei, kleinen Dörfern.

Der Himmel ist verhangen, tiefe Wolken liegen über der Landschaft. Es könnte jederzeit wieder anfangen zu regnen. Manchmal bleiben wir an den Bahnhöfen ein paar Minunten stehen, dann gehen die Reisenden hinaus, kaufen am Kiosk etwas zu Knabbern. Dann geht die Fahrt weiter. Eine Ticketkontrolle gibt es nicht. Das erstaunt mich, werden doch sonst überall die Tickets eher zu viel, denn zu wenig kontrolliert.

Der Mann kommt zurück, entschuldigt sich, dass er eben bei seiner Familie, seiner Frau sitze. Auch sie fahren bis Mumbai, ich werde also meinen Ausstiegsbahnhof nicht verpassen.

Die Fahrt dauert lange, es wird Vormittag, es wird Mittag. Und draussen regnet es inzwischen.

Mit der Toilette habe ich diesmal überhaupt kein Problem. Ich weiss, dass die Möglichkeit besteht, brauche sie aber nicht. Erst kurz bevor wir in den Endbahnhof einfahren, suche ich die Toilette noch kurz auf. Bin aber froh, bald wieder aus diesem Kabhäuschen zu entkommen, denn der Geruch ist verheerend. Aber sie ist vorhanden und das macht den Unterschied.

Die Toilettenanlage... zum Glück kann man auf Fotos nichts riechen.

Die Toilettenanlage... zum Glück kann man auf Fotos nichts riechen.

Bei der Ankunft hilft mir sofort jemand mit dem Koffer und will wissen, wohin ich fahren will, wie mein Hotel heisst. Ich vergewissere mich, dass es ein Taxifahrer ist, und kein Tuktuk, denn inzwischen schüttet es wie aus Kübeln. Der ganze Vorplatz des Bahnhofs ist überflutet.

Ich will von dem Taxifahrer, der sich meiner angenommen hat, wissen, wieviel die Fahrt zum Hotel kostet, denn ich sehe auf der Karte, dass es am anderen Ende der Stadt ist. Das sind fast 20 km.

Ich schalte den Taxameter ein, meint er, das könne man bei diesen Verhältnissen nicht sagen, etliche Strassen in der Stadt seien unpassierbar wegen dem vielen Wasser. Ich mag nicht allzu lange diskutieren, steige ein, bin froh, im trockenen Taxi zu sitzen und hoffentlich bald ein richtiges Bett zu haben.

Wir fahren über die Schnellstrasse, die über den normalen Strassen gebaut wurde. Es gibt diese Zusatzstrassen in vielen Städten. Manchmal wurden sie für die Metro gebaut, an den meisten Orten sind es schnelle Strassenverbindungen. Als wir uns dem Hotel nähern, macht der Fahrer mich auf verschiedene Gebäude aufmerksam: Die Victoria-Station, den grossen Markt auf dem tausende von Händlern ihre Waren anbieten. Mein Hotel liegt am Marine Drive, direkt am Meer. Eine gute Lage, stelle ich fest. Es ist ja immer so eine Sache, wenn man ein Hotel in Booking auswählt. Man versucht möglichst im Zentrum zu sein, doch bei völlig unbekannten Städten ist das nicht immer einfach zu entscheiden, welche Lage sich bewähren könnte. Heute habe ich es gut getroffen.

Der Taxameter zeigt am Schluss einen ziemlich hohen Betrag an, ich bezahle, und möchte aussteigen, da meint der Taxifahrer, das sei nur die Hàlfte, er müsse jetzt wieder leer zum Ausgangspunkt zurück fahren. Ich müsste den doppelten Preis bezahlen.

Da muss sogar ich laut lachen. Wenn du schon Taxameter einschalten willst und mit mir keinen Pauschalpreis abmachen willst, dann werde ich auch nur diesen Preis bezahlen. Er wackelt mit dem Kopf. Einverstanden, hat nicht geklappt.

Mein Zimmer ist einfach aber geräumig. Der Blick aufs Meer etwas eingeschränkt, aber die Skyline auf der anderen Seite der Bucht ist bei diesem Wetter sowieso kaum zu sehen. Ausserdem brauche ich jetzt erst einmal ein paar Stunden Schlaf. In einem richtigen Bett.

Stunden später, es ist inzwischen dunkel geworden, mache ich mich auf die Suche nach einem Restaurant. Und werde tatsächlich in der Nähe fündig. Um ein paar Ecken finde ich den Sassy Spoon - frecher Löffel - und weil mich das Lokal mit seinen vielen Blumentöpfen anzieht und ausserdem ein Aperol Sprit auf der Apero-Karte steht, bleibe ich da.

Tomatensuppe und ein Tenderlain-Steak mit Kartoffelstock. Nicht ganz so fein wie zu Hause, aber immerhin. Ich bin zufrieden und kehre spät nachts zurück ins Hotel.

Auch hier wieder, ich fühle mich völlig sicher.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es geht wieder los. Vier Monate ist es her, seit ich von meiner Südamerikareise zurück gekommen bin. Sieben Monate war ich unterwegs. Und jetzt stehe ich vor einem neuen Start. Mein Traum ist das Taj Mahal. Mein Ziel heisst Indien.
Details:
Aufbruch: 01.06.2022
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 30.01.2023
Reiseziele: Vereinigte Arabische Emirate
Indien
Indonesien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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