2022 Mit einem Geländewagen durch Tunesien

Reisezeit: April - Juni 2022  |  von Michael Bünte

Sahara: nach Douz

Rückschau zum gestrigen Tag

Es ist erst halb 5 Uhr morgens, als alle hier vom Ruf des Muezzin zum Morgengebet gerufen werden. Ich liege unter meiner leichten Decke und blicke durch die Moskitonetze des Zeltdaches in die Palmen. Schauerlich klingen die muslimischen Gesänge durch das Dunkel, während meine Gedanken durch den vorherigen Tag streifen.

Wir hatten in Nefta eine laute Nacht hinter uns gebracht. In dem tagsüber geschlossenen Café “La Corbeille" gegenüber des Platzes, auf dem unsere Fahrzeuge standen, hatte um 10 Uhr abends eine Shisha-Bar ihre Türen geöffnet. Viele Motorräder, einige ohne Auspufftopf, stellten sich nach und nach ein, und erst gegen 4 Uhr morgens fuhren die letzten von Ihnen mit großem Hallo und lautem Geknatter noch fünf Mal die Straße herauf und herunter, bevor sie uns endlich in die Nachtruhe entließen.

Ich denke daran, dass wir uns gestern morgen etwas angeschlagen ohne Frühstück auf den Weg machten und außerhalb der Stadt auf einer abseits gelegenen Sandpiste so installierten, dass wir in dem wenigen Schatten, den die Geländewagen in der heißen, hellen Sonne spendeten, frühstücken konnten.

. . . abseits der Sandpiste

. . . abseits der Sandpiste

Frühstück in dem wenigen Schatten der Fahrzeuge

Frühstück in dem wenigen Schatten der Fahrzeuge

über den Chott el-Jérid

Dann fuhren wir gestern zum Chott el-Jérid, einem großen See, dargestellt als blauer Fleck auf den Landkarten Tunesiens. Die Landstraße P16 führt mitten durch ihn hindurch, beziehungsweise auf einem Damm über ihn hinweg.
Der Chott el-Jérid, der größte Salzsee der Sahara, ist einer der menschenfeindlichsten Gebiete, die wir bisher gesehen haben. Auch soll es gefährlich sein, ihn abseits der Befestigungen zu überqueren. Es wird berichtet, dass schon ganze Kamelkarawanen in ihm verschwunden seien.

Bei unserer Überquerung des Sees herrschte ein starker Sturm. Der Sand fegte über den schmalen Damm. Der vorausfahrende Toyota von Gerhard wurde von der undurchsichtigen Luft fast vollständig verschluckt und schien sich im Nichts zu bewegen. Der Himmel war nur noch ein undefinierbares Grau. Links und rechts weiß schimmernde Wassertümpel. Eine Ebene Fläche bis zum Horizont. Und die Temperaturanzeige stieg auf 38 Grad.

Beobachtungsposten im Chott el-Jérif

Beobachtungsposten im Chott el-Jérif

der ausgetrocknete Salzsee

der ausgetrocknete Salzsee

Kunst auf dem See

Kunst auf dem See

Souvenir-Shops im Sturm

Souvenir-Shops im Sturm

der Souvenirhändler

der Souvenirhändler

schlechte Sichtverhältnisse bei salzhaltiger Luft

schlechte Sichtverhältnisse bei salzhaltiger Luft

Nach 40 Kilometern erreichten wir schließlich das gegenüber liegende Ufer und waren nach weiteren 30 Kilometern in der Stadt Douz angekommen.
Douz ist auf dieser Strecke der letzte größere Ort vor der Sahara.

Ziel erreicht

Ziel erreicht

auf dem Camping “Désert“

Der Campingplatz hier ist gut besucht. Etliche Off Road-Fahrzeuge in allen Größen und Ausstattungen haben sich eingestellt. Defender, Iveco, Mercedes G4, Quads, und auch einige Toyota stehen aufgereiht wie auf einer Off Road-Messe. Verschiedenste Dachzelte und Kabinenaufbauten sind zu besichtigen, und es wird gefachsimpelt, wo die Vorzüge der einzelnen Fahrzeuge liegen und wie man am besten zum „verlorenen See“ kommen kann. Man tut sich zu Gruppen für eine Wüstendurchquerung zusammen.
Auf diesem Platz wird praktisch überall Deutsch gesprochen. Etwa 90 % der hier stehenden Geländewagen tragen deutsche Kennzeichen.
„Und morgen wird es hier auch Bier zu kaufen geben“, hatte Achmed, der Besitzer des Camping “Désert“ uns versichert. Eine absolute Seltenheit in einem muslimischen Ort im Ramadan.

Off Road-Fahrzeuge in allen Größen und Ausstattungen haben sich im Camp "Désert" eingestellt

Off Road-Fahrzeuge in allen Größen und Ausstattungen haben sich im Camp "Désert" eingestellt

die Toyota-Meile

die Toyota-Meile

Wochenmarkt in Douz

Jetzt ist ein neuer Tag. Wir machen eine Fahrpause, um Zeit für den großen wöchentlichen Markt von Douz zu haben, um zu begreifen, wo wir hier überhaupt gelandet sind und um uns auf die Fahrt in die Sahara vorzubereiten. Es weht ein starker, böiger Wind, der viel Sand mit sich führt und den Himmel milchig grau werden lässt.

Der Markt wird immer donnerstags auf dem zentralen, quadratischen Platz der Stadt abgehalten. Ein Meer von Ständen, an denen die Händler ihre Waren feilbieten. Kleidung, Schuhe, Hausrat, Töpfe, Geschirr wird hier unter der Sonne ausgebreitet. Nahrungsmittel wir Obst, Gemüse und Gewürze bekommt man in den wimmelnden Straßen außerhalb des Marktes.

Wochenmarkt in Douz

Wochenmarkt in Douz

die Sinne betörende Gewürze

die Sinne betörende Gewürze

eine Ladung Orangen

eine Ladung Orangen

Gemüsehändler warten auf Kundschaft

Gemüsehändler warten auf Kundschaft

Außerhalb des Marktplatzes findet unter Palmen ein Viehmarkt statt. Hier stehen Gruppen von Schafen und Ziegen, die von den Käufern betastet, hochgehoben und geprüft werden, bevor sie nach abgeschlossenem Handel an den Ohren oder an einem der Hinterfüße zum Pickup gezerrt werden. Lämmer werden von ihren Müttern getrennt. Sie stehen noch lange rufend zwischen anderen eng zusammengepferchten Tieren auf den Ladeflächen der Fahrzeuge. Viele Schicksale werden hier besiegelt. Wer weiß, wie viele der Tiere hier den Abend dieses Tages nicht mehr erleben werden.

auf dem Viehmarkt in Douz

auf dem Viehmarkt in Douz

einer der Viehhändler

einer der Viehhändler

besiegelte Schicksale

besiegelte Schicksale

In der Geflügelecke ein ähnlich erschreckendes Bild. Lebende Hühner liegen in Bündeln, mit zusammengebundenen Füßen, auf dem Boden und werden dann, kopfüber hängend, auf Motorrädern abtransportiert.
„Oh Mensch, was bist Du für eine grausame Kreatur.“

Geflügelverkauf auf dem Viehmarkt in Douz

Geflügelverkauf auf dem Viehmarkt in Douz

beim Tuchhändler

Da gefällt uns der junge Mann sehr viel besser, der in seinem Laden bunte Tücher verkauft, aus denen man sich einen Turban binden kann. Geduldig zeigt er uns, wie man aus einem der bunten Tücher eine der kunstvollen Kopfbedeckungen wickelt, die wir gegen die Sonne und als Maske vor dem Gesicht auch gegen die sandigen Stürme noch gut gebrauchen werden.
Liebevoll stellt der Händler uns seine Katze mit ihren drei Jungen vor. Die haben auf dicken Kamelhaarteppichen liegend ein gutes Leben bei ihm.

der Tuchhändler und Katzenfreund

der Tuchhändler und Katzenfreund

Katzenbett auf Kamelhaardecken

Katzenbett auf Kamelhaardecken

wieder zurück im Camp

Den Nachmittag verbringen wir im Camp. Bis auf drei, vier Wagen ist der Platz jetzt wie leergefegt. Wir sind praktisch unter uns. Wir waschen unsere durchgeschwitzten T-Shirts und prüfen Filter und Ölstände an den Fahrzeugen. Ein friedlicher Tag, bis gegen 16 Uhr eine Gruppe Italiener auf den Hof rollt, fünf Fahrzeuge stark. Sie installieren sich. An langen Tischen wird “Klein Italien“ aufgebaut. Dann kommen mehr und mehr Geländewagen der “Adventure Tours Desartica“ auf das Camp gerollt, bis schließlich kein Platz mehr frei ist. Insgesamt sind es 23 Fahrzeuge mit 45 Personen, die sich jetzt zusätzlich auf dem Platz ausgebreitet haben und die beiden Duschen und die vier Toiletten mit den anderen teilen. Aber es funktioniert irgendwie doch. Ab jetzt wird auf dem Platz praktisch überall Italienisch gesprochen.

Das für heute Nachmittag versprochene Bier haben wir dann doch nicht bekommen. Zu viele Reisende haben ihre Vorräte mit großen Mengen dieses beliebtes Getränks aufgestockt. Also bleiben wir bei etwas zu hoch temperiertem, stark rationiertem Rotwein.

© Michael Bünte, 2022
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wir starten in Hamburg und reisen mit einem Toyota HZJ78 über Neapel nach Tunesien. Dieses ist der Bericht unserer zehnwöchigen Reise.
Details:
Aufbruch: 06.04.2022
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 17.06.2022
Reiseziele: Tunesien
Der Autor
 
Michael Bünte berichtet seit 26 Monaten auf umdiewelt.
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