2022 Mit einem Geländewagen durch Tunesien

Reisezeit: April - Juni 2022  |  von Michael Bünte

an der Ostküste: Madhia

der große Friedhof auf dem Cap Africa

der große Friedhof auf dem Cap Africa

Cap Africa

Wir sind der Menge folgend auf’s "Cap Africa“ gewandert und stehen auf einem Felsenhügel über dem Meer, mitten in strahlend weiß gestrichenen Gräbern aus Beton, einige davon mit Plastikblumen oder bunten Keramikkacheln geschmückt. Neben der Moschee ist im Außenbereich eine Tribüne aufgebaut. Über Lautsprecher tönen mächtig die Ansagen auf die immer größer werdende Menschenmenge herab. Einige Mitwirkende laufen dort oben aufgeregt auf und ab. Einer von ihnen hat eine Gitarre in seiner Hand. „Gibt es gleich ein Open-Air Konzert? Das wäre ja klasse.“
Dumpfe, sich uns nähernde Trommelschläge hören wir, die aus der Stadt zu uns herüberklingen. Und schon sehen wir bunte Fahnen und Standarte im Meer der Menschen vor den Toren der Stadt Madhia, geschwungen im Takt der Schläge.

Immer mehr Menschen strömen heran, die freien Plätze werden weniger, die Abstände zwischen den Menschen geringer. Langsam wird jetzt auch das Dach der Moschee besetzt. Nicht ungefährlich die Kletterei auf der weißen Kuppel des Gebäudes.

ein Fest bahnt sich an

ein Fest bahnt sich an

Jetzt sind die Fahnen auf unserer Höhe angekommen. Musikgruppen mit einer Art von Trompete blasen irrwitzige, für unsere Ohren völlig schräge Klänge in den sich senkenden Abend hinein. Mittlerweile wurden auch einige der Fahnen zur Kuppel der Moschee herauf gereicht. Sie geben jetzt ein buntes, belebtes Bild ab, neben den ansonsten nüchternen weißen, scharfen Konturen des Gotteshauses.

Und jetzt kommt der große Augenblick! Ein hoher religiöser Würdenträger liest einige Kapitel aus dem Koran. Mit deutlicher Stimme schallt die Botschaft über die wogende Menge.
Eine Frau neben uns, die sich mit ihrem Handy-Problem an uns gewandt hat, erklärt uns, dass mit dieser Feier der Toten gedacht wird, und dass deshalb der Imam die Namen der im letzten Jahr verstorbenen nennt und aus dem Koran liest. „Kein Rockkonzert, eine Totenfeier also“. Wir verstehen.
Das Problem der Frau haben wir Handy-Laien übrigens lösen können.
Ihre Speicherkarte war voll.

die Menschenmenge wird immer größer

die Menschenmenge wird immer größer

. . . mittlerweile wurden auch die Fahnen zur Kuppel der weißen Moschee herauf gereicht

. . . mittlerweile wurden auch die Fahnen zur Kuppel der weißen Moschee herauf gereicht

Begegnungen in der Stadt

Die Nacht verbringen wir auf einem großen freien Sandplatz im Hafen, auf dem zwei Dinare pro Tag Parkgebühr verlangt werden. Ein bisschen laut sind die An- und Abfahrten von Liebespärchen, die in kurzen Taktzeiten den Platz mit Motorengeräuschen und lauter Musik beschallen. Nicht gerade geeignet für einen ungestörten Schlaf im Dachzelt unseres Wagens.

ein für die Übernachtung ungeeigneter Parkplatz in Madhia

ein für die Übernachtung ungeeigneter Parkplatz in Madhia

So sehen wir die weißen Häuser von Madhia mit den hellblauen Türen und Fenstervorbauten zunächst durch einen müden Schleier. Bei einem starken Kaffee unter hellgrünen Platanen, kommen unsere Sinne langsam wieder zurück. Um uns herum sehen wir ausschließlich Männer bei morgendlichen Gesprächen mit Arbeitskollegen, beim Zeitung lesen oder einfach nur beim Abhängen.
„Sieh mal! Da sitzt ja auch der Polizist, den wir gestern Abend gebeten hatten, uns die für eine Übernachtung notwendige “Déclaration“ auszustellen, der das aber als völlig überzogen und unnötig abgetan hatte. Er fragte uns gestern Abend tatsächlich: „Habt Ihr ein Problem, oder wollt Ihr auf dem Platz nur übernachten?“
Nein, zusätzliche Arbeit wollten wir ihm natürlich nicht machen. Seltsam, in all den anderen Orten war das immer notwendig.
Der Polizist, heute in zivil, erkennt uns auch wieder und begrüßt uns wie alte Bekannte, nur ohne Vierfachküsschen - zum Glück.

Ruhig ist es hier in Madhia, alles hübsch hergerichtet, frisch gestrichen und sauber. Man merkt sofort, dass dieser Ort auf seinen Tourismus setzt.
Die Souvenirläden sind reich bestückt. Es gibt einige kleine, bis ins Detail renovierte Hotels in den Straßen der Altstadt. Es gibt Restaurants und Kaffeehäuser, in denen befrackte Angestellte mit vornehmen Gesten die Tabletts mit den kleinen Gläsern und Karaffen über die Straße tragen.
Immer wieder blitzt beim Wandern in den Gassen aus verschiedenen Richtungen das unwirklich türkisblau leuchtende Meer herüber, denn die Altstadt von Madhia liegt auf einer Landnase, deren Spitze Cap Africa genannt wird, auf der der Friedhof liegt.

Madhia, Skyline

Madhia, Skyline

aufgeräumte Gasse in Madhia

aufgeräumte Gasse in Madhia

morgens im Café

morgens im Café

edles Kaffeetrinken

edles Kaffeetrinken

der alte Fischerhafen

der alte Fischerhafen

Wir fahren weiter, in den Abend hinein. Bei gleißendem Gegenlicht der sich tiefer senkenden Sonne geht es durch die Schluchten der hohen Hotelbauten und Baustellen neuer Hotels, die im Norden von Madhia die Küstenstraße säumen, und die nur selten einen kurzen Blick auf die dahinter liegenden Sandstrände freigeben. Hier sehen wir sie erstmals, die Hotelburgen vor feinen Sandstränden, und es wird weiter gebaut.

© Michael Bünte, 2022
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wir starten in Hamburg und reisen mit einem Toyota HZJ78 über Neapel nach Tunesien. Dieses ist der Bericht unserer zehnwöchigen Reise.
Details:
Aufbruch: 06.04.2022
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 17.06.2022
Reiseziele: Tunesien
Der Autor
 
Michael Bünte berichtet seit 26 Monaten auf umdiewelt.
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