2022 Mit einem Geländewagen durch Tunesien

Reisezeit: April - Juni 2022  |  von Michael Bünte

Djerba

Die Fähre von El Jorf (Festland) nach Ajim (Djerba)

Die Fähre von El Jorf (Festland) nach Ajim (Djerba)

von Gabès auf die Insel Djerba

Nach einer ruhigen, freien Übernachtung an einem nur von Schneckensuchern besuchten Strand im Süden von Gabès machen wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel: Djerba, die Sonneninsel Tunesiens. Die Insel ist, wie wir gelesen haben, stark den Bedürfnissen des westlichen Tourismus angepasst worden und zeigt an vielen Orten nicht das ursprüngliche tunesische Leben. Dennoch ist sie Teil dieses Landes, und wir wollen uns unser eigenes Bild von der Insel machen, die in unseren Köpfen immer noch mit dem schweren Attentat auf die El-Ghriba-Synagoge assoziiert ist.
Nach Djerba gelangt man auf dem Landweg über einen sechs Kilometer langen Damm im Süden der Insel, der schon zu Römerzeiten angelegt wurde. Man kann aber auch eine Fähre im Westen benutzen, von der unser Reiseführer wegen zu starker Bodenwellen für lang überhängende Wohnmobile strikt abgeraten hat. Wir versuchen es mit der Fähre, die uns immerhin einen Umweg von ca. 100 km ersparen würde. Unser Wagen kann einige Bodenwellen vertragen.

Wir fahren in den Kreisverkehr hinein, in dem wir zum Anleger der Fähre abbiegen wollen. In die gewünschte Richtung links heraus kommen wir jedoch nicht mehr. Die Schlange vor der Fähre führt durch den Kreisel hindurch und ist davor noch einmal 500 Meter lang. Was für ein Betrieb. Vielleicht war es doch keine so gute Idee am zweiten Tag des Fastenbrechens auf diese Sonneninsel zu fahren.
„Ok, reihen wir uns hinten in die Autoschlange ein. Die anderen warten ja auch so lange“. Als wir schließlich noch weitere Fahrzeuge hinter uns ankommen sehen, haben wir das Gefühl, heute doch noch übergesetzt zu werden. Wir warten geduldig, ziehen alle 10 Minuten 20 Meter vor. Gabi holt im Laden, der sehr günstig an dieser Straße gelegen ist, schnell zwei Eiscremehörnchen, die wir nun bei 35 Grad im Auto mit größter Vorsicht schlürfen. Vor uns eine fünfköpfigen Familie in einer uralten, mit Tape zusammengeklebten Renault-Fourgonette. Das nenne ich “Nachhaltigkeit“! Diese Autos werden seit bestimmt 40 Jahren nicht mehr gebaut.
Jetzt reiht sich hinter uns in der Schlange auch noch ein Viehtransport ein. Es ist ein Peugeot 404 als Pickup, auf dem zwei Kühe stehend festgebunden sind, die mit ihren großen Köpfen von oben her das Treiben um sie herum beobachten. Die armen Tiere. Auch sie werden bestimmt in der nächsten Stunde die Wartezeit vor der Fähre in den prallen Sonnenhitze überstehen müssen, bevor sie dem Metzger ans Messer geliefert werden.

Endlich auf der Fähre weht uns eine angenehm kühle Brise um die Nase.
800 Millimi, also etwa 26 Eurocent, hat uns diese Überfahrt mit zwei Personen inklusive des Autos gekostet. „Das ist der Hammer!“
Das Schiff ist vollgestopft mit Fahrzeugen und Menschen. Jetzt stampft es in Zickzackbewegungen auf die Konturen der Insel zu, als wenn es einen Ruderschaden hätte.
Die Warnung unseres Reiseführers vor den hohen Bodenwellen beim Herausfahren auf die Fähre hat sich allerdings nicht bewahrheitet. Die gesamte Hafenanlage ist offensichtlich in den letzten 10 Jahren gründlich renoviert worden.

boarding !

boarding !

Viehtransport über die Fähre. Die armen Tiere.

Viehtransport über die Fähre. Die armen Tiere.

nur runter von der Fähre

nur runter von der Fähre

Der Westen der Insel

Wir sind im Südwesten der Insel. Hier gibt es hinter der kleinen Siedlung Ajim, bei der unsere Fähre angelegt hat, nicht die von uns gefürchteten Hotelburgen. Es gibt auch keine Privathäuser an der Straße. Die Straße führt durch endlose Flächen von Salzwiesen in denen abgestorbene Palmenstümpfe stehen. Hier und da ein kleiner schmutziger Strand mit hellblau gestrichenen Fischerbooten, die auf den Seegrasballen liegen, oder ein weiß schimmernder Marabou, eine kleine muslimische Gedenkstätte. Ansonsten ödes Land vor azurblauem Meer, soweit das Auge reicht.

Salzwiesen auf der Westseite von Djerba

Salzwiesen auf der Westseite von Djerba

Marabout an der Küste

Marabout an der Küste

Moschee "Sidi Jmour" im Westen von Djerba

Moschee "Sidi Jmour" im Westen von Djerba

Im Nordwesten kommt man schließlich am Flughafen von Djerba vorbei, der ebenso im Ödland zu stehen scheint. Doch ab hier wird die Landstraße zur vierspurigen Schnellstraße mit durchgehender Beleuchtung und führt auf direktem Weg bis zum Hauptort Houmt Souk, was soviel heißt wie „großer Handelsplatz“. Hier im Norden gibt es einige Badestrände mit weißem Sand, die gerne von den Einheimischen zum Grillen oder ausschweifenden nächtlichen Feiern genutzt werden. Aber Strandschuhe sollten getragen werden. Zu leicht ist man in eine der Glasscherben oder Kakteenstachel getreten, die unter dem Sand lauern.

Flughafen Djerba

Flughafen Djerba

autobahnähnliche Straße zum Flughafen von Djerba

autobahnähnliche Straße zum Flughafen von Djerba

Restaurant am Strand

Restaurant am Strand

Morgendliche Begrüßungen

Heute morgen werden wir auf einem flachen Felsen am Meer hinter der kleinen Moschee “Sidi Salem“, etwa drei Kilometer vor Houmt Souk, dem Hauptort der Insel Djerba, aus dem Schlaf gerissen. Der Lautsprecher mit dem Ruf zum Morgengebet schallt kurz vor Sonnenaufgang aus etwa 5 Meter Entfernung auf unsere Dachzeltwand. Das hatten wir gestern bei der Suche nach einem Übernachtungsplatz wieder nicht bedacht. Zum Glück dauert diese Aufforderung heute morgen nur 5 Minuten, so dass man sich danach noch einmal umdrehen kann, bevor die Sonne erbarmungslos mit dem Aufheizen der Schlafstätte beginnt.

Keine Menschenseele ist an der gestern Abend gut besuchten Badestelle.
Ein paar Fischerboote dümpeln in der See. Das Wrack eines dieser Boote liegt wohl seit Jahrzehnten am Strand. Niemand bemüht sich darum, es wegzuräumen. Es ist offensichtlich keiner dafür zuständig, keiner hat Interesse, und es stört wohl auch keinen, dass sich die Planken mit ihren dicken Nägeln immer weiter auf dem Strand verteilen.
Ein Angler kommt auf seinem Moped vorbei, wünscht ein fröhliches „bonjour“ und lässt uns in Ruhe. Ein etwas älteres Pärchen kommt auf seinem Motorrad vorbei. Ein fröhliches Lachen, ein „bonjour“. Dann machen sie ein paar Selfies, und fahren wieder davon, nicht ohne dass sie sich bei uns mit heftigem Winken verabschiedet hätten. Eine Gruppe von Kamelen zieht vorbei, schreitet über den Kreisverkehr, und gelangt wieder auf ihre Tagesweiden. Respektvoll warten die Kraftfahrzeuge. Die Tiere haben hier absoluten Vorrang im Verkehr.
Auf die Ziegen, die heute morgen auch hier vorbeikommen, müssen wir aufpassen. Sie sind schneller in unserer Kühltasche, als wir denken.

Begrüßung am Morgen durch den Muezzin nebenan

Begrüßung am Morgen durch den Muezzin nebenan

Moschee "Sidi Salem" im Norden von Djerba

Moschee "Sidi Salem" im Norden von Djerba

morgendliches Badevergnügen

morgendliches Badevergnügen

Bootswracks auf dem Badestrand

Bootswracks auf dem Badestrand

Tierwechsel auf tunesisch

Tierwechsel auf tunesisch

sie sind schneller in unserer Kühltasche, als wir denken

sie sind schneller in unserer Kühltasche, als wir denken

Wasser fassen im Hafen von Houmt Souk

Wir starten den Motor und fahren zunächst zum Hafengelände.
„Wenn es frisches Wasser für unsere Tanks gibt, dann dort.“
Auf unser Nachfragen an der mit Schlagbäumen für den Verkehr abgesperrten Hafeneinfahrt erhalten wir außerordentlich freundliche Reaktionen. Die Schlagbäume gehen auf. Wir dürfen in die hermetisch abgeschlossenen Hafengebiete hineinfahren. Ein Hafenbediensteter eilt herbei, schließt uns das Tor zu den Bootsanlegestellen auf, ein Zweiter öffnet uns den Wasserhahn. Soviel Freundlichkeit tut gut. Wir fühlen uns willkommen auf dieser Insel.

© Michael Bünte, 2022
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wir starten in Hamburg und reisen mit einem Toyota HZJ78 über Neapel nach Tunesien. Dieses ist der Bericht unserer zehnwöchigen Reise.
Details:
Aufbruch: 06.04.2022
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 17.06.2022
Reiseziele: Tunesien
Der Autor
 
Michael Bünte berichtet seit 26 Monaten auf umdiewelt.
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