2022 Mit einem Geländewagen durch Tunesien
an der Ostküste: Madhia
Das Fest
Wir sind der Menge folgend auf’s "Cap Africa“ gewandert und stehen auf einem Felsenhügel über dem Meer, mitten in strahlend weiß gestrichenen Gräbern aus Beton, einige davon mit Plastikblumen oder bunten Keramikkacheln geschmückt. Neben der Moschee ist im Außenbereich eine Tribüne aufgebaut. Über Lautsprecher tönen mächtig die Ansagen auf die immer größer werdenden Menschenmenge herab. Einige Mitwirkende laufen dort oben aufgeregt auf und ab, einer von ihnen hat eine Gitarre in seiner Hand. „Gibt es gleich ein Open-Air Konzert? Das wäre ja klasse.“
Dumpfe, sich uns nährende Trommelschläge hören wir, die aus der Stadt zu uns herüberklingen. Und schon sehen wir bunte Fahnen und Standarte, geschwungen im Takt der Schläge, getragen durch das Meer der Menschen vor den Toren der Stadt Madhia.
Immer mehr Menschen strömen heran, die freien Plätze werden weniger, die Abstände zwischen den Menschen werden geringer. Langsam wird jetzt auch das Dach der Moschee besetzt. Nicht ungefährlich die Kletterei. Jetzt sind die Fahnen auf unserer Höhe angekommen. Musikgruppen mit einer Art von Trompete, blasen irrwitzige, für unsere Ohren völlig schräge Klänge in den sich senkenden Abend hinein. Mittlerweile wurden auch die Fahnen zur Kuppel der weißen Moschee herauf gereicht. Sie geben ein buntes, belebtes Bild neben den ansonsten nüchternen weißen, scharfen Konturen des Gotteshauses ab.
Der große Augenblick ist gekommen! Ein hoher religiöser Würdenträger liest einige Kapitel aus dem Koran. Mit deutlicher Stimme schallt die Botschaft über die wogende Menge.
Eine Frau neben uns, die sich mit ihrem Handy-Problem an uns gewandt hat, erklärt uns, dass mit dieser Feier der Toten gedacht wird, und dass deshalb der Imam die Namen der im letzten Jahr verstorbenen nennt und aus dem Koran liest. „Kein Rockkonzert, eine Totenfeier also“. Wir verstehen.
Das Problem der Frau haben wir Handy-Laien übrigens lösen können.
Ihre Speicherkarte war voll.
In Madhia
Die Nacht verbringen wir auf einem großen freien Sandplatz im Hafen, auf dem zwei Dinare pro Tag Parkgebühr verlangt werden. Ein bisschen laut sind die An- und Abfahrten von Liebespärchen, die in kurzen Taktzeiten den Platz mit Motorengeräuschen und lauter Musik beschallen. Nicht gerade geeignet für einen ungestörten Schlaf im Dachzelt unseres Wagens.
So sehen wir die weißen Häuser von Madhia mit den hellblauen Türen und Fenstervorbauten zunächst durch einen müden Schleier. Bei einem starken Kaffee unter hellgrünen Platanen, kommen unsere Sinne langsam wieder zurück. Um uns herum sehen wir ausschließlich Männer bei morgendlichen Gesprächen mit Arbeitskollegen, beim Zeitung lesen oder einfach nur beim Abhängen.
„Da sitzt ja auch der Polizist, den wir gestern Abend gebeten hatten, uns die für eine Übernachtung notwendige “Déclaration“ auszustellen, der das aber als völlig überzogen und unnötig abgetan hatte. Nein, zusätzliche Arbeit wollten wir ihm natürlich nicht machen, doch in den anderen Orten war das immer notwendig.
Der Polizist, heute in zivil, erkennt uns auch wieder und begrüßt uns wie alte Bekannte, nur ohne Vierfachküsschen - zum Glück.
Es ist ruhig hier in Madhia, alles hübsch hergerichtet, frisch gestrichen und sauber. Man merkt sofort, dass dieser Ort auf seinen Tourismus setzt.
Die Souvenirläden sind reich bestückt. Es gibt einige kleine, bis ins Detail renovierte Hotels in den Straßen der Altstadt. Es gibt Restaurants und Kaffeehäuser, in denen befrackte Angestellte mit vornehmen Gesten die Tabletts mit den kleinen Gläsern und Karaffen über die Straße tragen.
Immer wieder blitzt beim Wandern in den Gassen, das unwirklich türkisblaue Meer herüber, denn die Altstadt von Madhia liegt auf einer Landnase, deren Spitze Cap Africa genannt wird.
Wir fahren weiter, in den Abend hinein. Bei gleißendem Gegenlicht der sich tiefer senkenden Sonne geht es durch die Schluchten der hohen Hotelbauten und Baustellen neuer Hotels, die im Norden von Madhia die Küstenstraße säumen und die nur selten einen kurzen Blick auf die dahinterliegende Sandstrände freigeben. Hier sehen wir sie erstmals, die Wohnburgen hinter feinen Sandstränden, und es wird weiter gebaut.
Aufbruch: | 06.04.2022 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 17.06.2022 |
Ich habe alle Berichte von eurer Reise verschlungen!
Liebe Grüße an euch!