Indien - ein Traum den ich nun lebe

Reisezeit: Dezember 2006 - Juni 2007  |  von helli l

Bhubaneswar - regnerische Trockenzeit: die ersten Kuehe und ein Farbkleks im Gesicht

ahoj matrosen,

quatsch, vom meer bin ich dann doch noch ein Stueck enfernt. Nachdem ich gestern doch noch aus dem Internetcafe, hat dann doch laenger gedauert, ins Hotel huschen konnte zeigte heute die Sonne ihr waermendes Antlitz.

Da es am morgen jedoch ziemlich wolkenverhangen war habe ich beschlossen, nicht die Hoehlen in der Umgebung zu erkunden sonder eine Runde durch die Stadt zu drehen um die vielen Tempel, die hier ueberall aus dem Boden schiessen zu besuchen.

Beim Fruehstueck hab ich wiedermal mehr bezahlt, da das Personal in meinem Guesthouse prinzipiell davon ausgeht das Wechselgeld nicht dafuer bestimmt ist zum Kunden zurueck zu finden. Thank you so much.

Als ich die Waesche, die ich am Vortrag abgegeben habe wieder in Empfang nehmen durfte ist mir erstmal schlecht geworden. Eigentlich hab ich ja eine frische Brise erwartet, die von meinen zuvor mufflige Klamotten aufsteigen sollte. Doch das Gegenteil war der Fall und jetzt war der Geruch schlimmer geworden, trotz der Reinigung und somit muss ich wohl mit jeder Menge Deo herumlaufen

Als ich so durch Bhubaneswar gelaufen bin hat es mir zu Beginn eigentlich ueberhaupt nicht gefallen. Eine mehr oder weniger moderne Stadt mit jeder Menge Verkehr und einem Dauerhupkonzert. Dafuer ich die ersten Kuehe gesichtet, die tatsaechlich ueberall herumlaufen. Sie liegen, stehen oder schlafen mitten auf der Strasse oder am Rand. Anscheinend haben die heiligen Viecher nicht viel zu fressen, wenn man sich so umschaut, doch eigentlich sehen die meisten alles andere als abgemagert aus. Mit etwas Glueck kann man auch ein rasendes Kalb beobachten, welches gerade einen Strauch mit Bananen geklaut hat und von dem wuetenden Ladenbesitzer verfolgt wird.

Als ich so durch Bhubaneswar gelaufen bin hat es mir zu Beginn eigentlich nicht besonders gefallen. Eine mehr oder weniger moderne Stadt mit viel Verkehr und einem ohrenbetauebenden Hupkonzert haben mich den eigentlichen Charme dieser Stadt nicht erkennen lassen. Abseits der Hauptstrasse sah das Ganze schon weitaus besser aus. Kleine Haeuser und Geschaefte, relativ wenig Verkehr und viele neugierige Gesichter. Mal im Ernst, es ist nicht immer angenehm von allen Seiten angestarrt zu werden, doch irgendwie laesst sich das in Indien nicht vermeiden. Sogar die Kuehe, Katzen und Hunde schauen mich verdutzt an, so als ob sie wissen wuerden dass ich nicht aus dieser Ecke bin.

Den ersten Tempel, es gibt ziemlich viele davon, zu finden war gar nicht so leicht, doch aufgrunde der auskunfstreichen Einheimischen nicht weiter schwierig. Der Bindu Sagar ist ein kleiner Tempelkomplex der einige interessante Steinstauen beheimatet, wobei einige mit graesslichen Farben verschandelt wurden, warum auch immer. Sofort wurde ich von einem Priester, eigentlich hat er die graesslichen Farben zusammengepanscht, herumgefuehrt und durfte mich dann im Spendenbuch eintragen. Es faellt mir schwer zu glauben, dass der durchschnittliche Beitrag zwischen 500 und 1000 Rupies liegt, wie im Buch dokumentiert(immerhin 10-20 Euro). Da wurden sicher ein paar Nullen dazu geschummelt damit die Leute in ploetzlicher Verlegenheit den Geldbeutel etwas lockerer sitzen haben.

Danach gings weiter zum Vaital Deul Mandir, dessen erotische Skulpturen mehr oder weniger beeindruckend sind. Interessanter ist da schon mehr das Innere des aeltesten Tempels mit grotesken Utensilien und Malereien esoterischer Natur. Leider sind die Oeffnungszeiten fuer das Innenleben von der Laune des Priesters abhaengig (irgendwann am Morgen war die Auskunft)der wahrscheinlich gerade seinen Bart gestuzt hat. Dafuer war informativer sympatischer Tempelwaerter zur Stelle, der zur Abwechlung mal nicht das Spendenbuch herausgekramt hat.

Einige Tempel liegen verstreut um einen See und je weiter ich ging umso freundlicher wurden auf die Menschen. Ich wurde angesprochen und mit tausend Fragen bombardiert. leider hab ich immer noch Schwierigkeiten mit dem IndianEnglisch und so versteh ich nicht immer was die leute mir mitteilen moechten. Nachdem mich ein freundlicher Priester, er hat mich spontanerweise mit seinem Moped zum Lingaraj Mandir Tempel, dessen imposanter Baustil (zu dem ragt er ziemlich hoch hinaus)sehr reizvoll ist, gebracht. Wie im Reisefuehrer angekuendigt ist es fuer westliche Besucher nicht gestattet die Tore des Tempels zu passieren und so bleibt lediglich eine Plattform. Von dort kann man ins Innere blicken und aufgrund der vielen ueberaus ineressanten Bauwerke und der reizenden Anlage wuenscht man sich ein Hindi zu sein um auch in den Genuss kommen zu duerfen.

Nichts desto trotz der sympatische Priester hat mir jede menge neuer Information und falls ich wieder komme soll ich auf einen Cai (tee) vorbeischauen. Heute hab ich zum erstenmal wieder ein paar Fotos geschossen. Ich halte mich eher zurueck und wenn ich Menschen fotografiere, entweder aus sicherer Distanz oder ich frag sie einfach. Naja viele wollen Geld dafuer und da kann mir selbst das indischste Gesicht auf meinen Bildern gestohlen bleiben. Auf meinem weiteren Weg bin ich einem sehr schraegen Mann ueber den Weg gelaufen. Er hatte lediglich ein Tuch um seine Hueften gewickelt, merkwuerdige Bemalungen in seinem Gesicht und jede Menge Ketten hingen von seinem Hals herab. Er zeigte auf seinen hungrigen Bauch, der eigentlich recht genaehrt wirkte und brabbelte irgendwas in Hindi. Ein paar Bananen spaeter, irgendwie hat ich Mitleid, hatte ich schon einen fetten Farbklecks auf der Stirn und laufe jetzt zumindest ein wenig indischer durch die Gassen.

Nach meinem Tempelmarathon, es haett eigentlich noch mehr gegeben doch ich hatte genug fuer einen Tag, gings dann straight on to pipli. Wenn man erst den Ort gefunden hat wo alle Buse abfahren sollte es eigentlich keine Schwierigkeit sein eine Transportmoeglichkeit zu finden. Ich bin in Indien und Indien ist einfach anders. Es war fast unmoeglich in einen der Busse zu gelangen, da von allen Seiten Menschen herbeistroemten die den selben Gedanken wie ich hatten. Ausserdem muss ich mich noch ein wenig an den doch oft recht ruppigen Stil der Inder gewoehnen. Wie schon so oft im Laufe meiner Reise war auch diesmal Hilfe nicht weitenfernt. Amir und Babi, zwei Inder mittleren Alters haben mich prompt in den Bus geschleust und fuer laecherliche 7 Rs konnte ich dann eine halbe Stunde spaeter (sind ca. 20km) in Pipli wieder aussteigen. Babi hat uns spontan zu einem Cai eingeladen und somit konnt ich mehr ueber Land und Leute erfahren. Babi wuerde gern in Oesterreich arbeiten, doch leider musste ich seine Euphorie ein wenig einbremsen und ihm erklaeren, dass es nicht so einfach ist. Eigentlich sollte Pipli ein kleines Dorf sein, doch aus meiner Sicht wuerd ich das ganze Geschehen eher einer Kleinstadt zuordnen. Entlang der Strassen waren unzaehlige Geschaefte und Staende, welche die bunten Laternen und bestickten Wandteppiche anbieten fuer die Orissa und besonders Pipli beruehmt sind. Nach Sonneruntergang verwandelte sich das Stadtbild dann in buntes leutendes Lichtermeer und war ein Erlebnis durch die Strassen zu wandeln.

Als ich spaeter auf der Suche nach einer Rueckfahrgelegenheit nach Bhubanswer war lief ich zufaellig in die Arme Silu, der hervorragend Englisch geprochen hat. Seit ich in Pipli war haben mich viele Menschen angesprochen, anscheinend war ich der einzige Tourist hier, doch aufgrund der Sprachbarriere bzw. dem oft schwer zu verstehenden Indian English waren tiefergehende Gespraeche nicht moeglich. Zurueck nach Bhubanswer oder ein bisschen Quatschen mit einem freundlichen Inder, nicht wirklich ein schwere Entscheidung. Ein paar Minuten spaeter sass ich dann auf einem Plastikstuhl umringt von Bruedern, Schwestern und Freuden des sympatischen Verkaeufers (ueberigends wollte er mir erstaunlicherweise nicht verkaufen) und alle blicken mich erwartungsvoll an. Der einzige der wirklich gut Englisch gesprochen hat war Silu und wir haben ueber alles moegliche gequatscht. Die Stunden vergingen und wir hatten viel spass und haben festgestellt das unser Leben nicht verschiedener sein koennte. Immer wieder kamen neue Leute und es schien als waer ich die Attraktion des Abends. Selbsverstaendlich bin ich auch nicht um das obligatorische Foto herumgekommen, welches ich unbedingt nach Indien schicken muss, als Erinnerung an einen fazinierenden Abend. Als Abschiedsgeschenk bekam ich dann noch einen Elefanten der aus Kokusnusschale gefertigt wird und zusammen mit dem Wandteppich (kleiner als es klingt) den ich zuvor in einem anderen Geschaeft erstanden habe wird mein Rucksack immer schwerer.

Back to Bhubaneswar habe ich entschieden noch einmal in das Internetcafe, in dem ich gestern schon waehrend der sinnflutartigen Regenfaelle nette Stunden verbracht habe, vorbeizuschauen. Anstatt E-mails zu checken oder mein Weblog weiterzufuehren habe ich mit dem netten aelteren Mann ueber Indien geplaudert. Der ueberaus nette Zeitgenosse hat mir prompt einen Plan erstellt, der mich wohl die ganze naechste Woche beschaeftigen wuerde. Bis ins kleinste Detail mit Uebernachtungen und Transportmoeglichkeiten hat er mir ein Programm zusammengestellt und in seinem Enthusiasmus war der beigeisterte Mann kaum zu bremsen. Natuerlich kann ich dem ganzen nicht nachgehen, ich wuerde die halbe Zeit nur in Bussen sitzen und meine Ziele sind so oder so andere, aber es war eine Freude soviel Gastfreundlichkeit zu erfahren.

Inzwischen war es schon ziemlich spaet geworden und aufgrund des unvorteilhaften (je nach Ankunft) 24h check-in and out system musste ich schon um 07:00 meinen Hintern aus dem Guesthouse befoerdern. Eigentlich hatte ich heute noch nichts Suesses gegessen, wer mich kennt weiss das es ohne bei mir einfach nicht geht, und somit schaute ich bei meinem Stammcafe (wenn man das nach 2 Tagen sagen kann)vorbei. Ein wirklich nettes Plaetzchen, die Waende sind mit Malereien (wie in einer Hoehle) verziert und das freundliche Service ist schon grund allein sich zu setzen. Bei Tee und Kuchen (ziemlich suess und irgendwie waessrig aber besser als nichts)trompetete zu meiner Linken ploetzlich ein ueberschwengliches Hello zu meinem Tisch herueber. Habib, ein Vetreter fuer sanitaere Anlagen, Pumpen und sonstigem war sehr interessiert mit mir ins Gepraech zu kommen. Essen mit vollem Mund ist keine Seltenheit hier und wenn mal etwas aus der Futterlucke faellt, was soll's man kann es ja wieder aufheben. Eigentlich ist der moslemische Inder, natuerlich hab ich die falsche Grussformel angewandt, aus Dehli und auch er hatte jede Menge interessanter Orte (Norden) fuer mich parat und war erstaunt wie locker das Leben (Sexualitaet vor Ehe, Heirat, Scheidung usw.) in Europa von Statten geht. Die Zeit verflog und als das Cafe schliesslich seine Tueren geschlossen hat drueckte er mir noch seine Visitenkarte in die Hand, falls ich mal Hilfe benoetigen sollte, wie er meinte. Ausserdem hat er meine Rechnung bezahlt, er hat darauf bestanden.

Nach all dem Trubel war es schon ziemlich spaet als ich eigentlich recht muede ins Hotel zurueckgekehrt bin. Es war ein aufregender Tag voll mit neuen Begebnungen, sympatischen Gesichtern, interessanten Gespraechen und der Moeglichkeit immer naeher in den indischen way of life einzutauchen. Ich kann mich wirklich gluecklich schaetzen an einem einzigen Tag so viele neue Menschen getroffen zu haben und ich bin ueberwaeltig angesichts der wahren Flut an Gastfreundschaft.

Zu Beginn schauen die meisten Inder recht finster und ernst drein, doch ist das Eis erstmal gebrochen verwandeln sich auch ihre Gesichtszuege in ein breites Laecheln und man kann mehr ueber Land und Leute erfahren.

bis denne
helliL

© helli l, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Welt ist wie ein Buch, wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Nach meiner 1monatigen Pause werd ich nun ins verrueckte Indien stolpern und freue mich schon auf neue und fazinierende Abenteuer in diesem facettenreichen Land. Auf der Suche nach mir selbst und auf der Jagd nach Inspiration und Erleuchtung werde ich hoffentlich fuendig. Soweit so gut, einen genauen Plan hab ich nicht, ich lass mich einfach treiben. gruesse in die heimat helliL
Details:
Aufbruch: 26.12.2006
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 02.06.2007
Reiseziele: Indien
Thailand
Myanmar
Trivandrum
Der Autor
 
helli l berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.