Indien - ein Traum den ich nun lebe

Reisezeit: Dezember 2006 - Juni 2007  |  von helli l

Trichy - digitales Disaster

14.03.2007

....keine Fotos heute.....

Nachdem ich heute morgen mit Ruth und Wolfi gefruehstueckt hatte haben wir uns gemeinsam in eine Motorrikscha gequetscht und sind in Richtung New Bus stand gerauscht. Die beiden fahren nach Cindabaram, von wo ich gekommen war und fuer mich heisst es ab nach Thrichy. Die Busfahrt hatte wiedermal indische Qualitaeten. Die droehnende Musik war ja noch halbwegs ertraeglich. Schlimmer dagegen war wiedermal das Phaenomen> Ein Bus, ein Mann und seine Hupe. Diesesmal ist der verkannte, zu Recht, Virtuose fast die ganze Fahrt auf der Hupe gelegen, doch Ruth hatt mir netterweise ein paar Ohrenstoepsel ueberlassen und somit war der aergste Krach zumindest ein wenig abgedaempft. DANKESCHOEN RUTH, you made my day.

Thrichy scheint auf den ersten Blick nicht besonders reizend, doch die Zeit hat mich gelehrt dass man oftmals ein wenig braucht um die Schoenheit eines Ortes zu entdecken, ich will ja nichts verschreien.

Die Hotelsuche hat sich erstmal ziemlich schwierig gestaltete, doch wie schon so oft hab ich auch diesmal jemanden gefunden der mir einen guten Tip geben konnte. Daman, Besitzer eines kleinen Restaurants hat mich zu einem Hotel ein wenig abseits des Busbahnhofes, wo der tosende Verkehr nicht allzu sehr rauscht, gefuehrt. Das Zimmer ist ziemlich schaebig doch da der Besitzer bereit war mir frische saubere Bettwaesche zur Verfuegung zu stellen hab ich schliesslich zugestimmt. Die Konkurrenz war auch nicht viel besser und der Preis war ueberdies andernorts entscheidend hoeher.

Thrichy hat ein paar bedeutende Sehenswuerdigkeiten und um nicht alles an einem Tag nieder zu fegen, hab ich mich entschlossen mir die Zeit zu nehmen das ganze ein wenig ruhiger angehen zu lassen. Mit dem Citybus Nr. 1 kann man die ziemlich weit ausserhalb gelegenen Schauplaetze bequem erreichen. Der mit indischer Musik durflutete, das Gedudel diesmal mit angenehmer Lautstaerke, hat mich vor den Toren des Basars abgesetzt. Mein Ziel das Rock Fort, auf dessen Spitze ein kleiner Tempel hervorschimmer. Zurerst muss man den Basar durchqueren bis man irgendwann vor einem, ca. 300, Tor den Eingang zum Fort findet. Der Tempel trohnt auf einem 80m hohen Felsen, der von Wind und Wetter ungleichmaessig verformt wurde. Lift gibt es natuerlich keinen und so muss man doch die eine oder andere Stufe erklimmen um das Ziel zu erreichen.

Nach einigen Minuten erreicht man den eigentlichen Eingang und muss dort, wie in jedem anderen Tempel auch, sein Schuhe vor der Tuer parken. Das Ticket und der Preis fuer die Mitnahme einer Kamera, ich koennte heulen (mehr davon spaeter), waren entgegen meines Reisfuehrers doppelt so teuer. Dann beginnt der eigentlich Aufstieg und erstmal kann man froh sein das die Treppen uberdacht sind, wobei man trotzdem ziemlich ins Schwitzen kommt. Auf dem Weg hab ich ein paar interessante Raeumlichkeiten, die in den Fels gehauen sind, gesehen, doch leider waren die alle verschlossen. Einige interessante Statuen und nette Wandmalereien, ein Shop der religioesen Kitsch verhoeckert und ziemlich viele Einheimische die auf den Treppen ein Schlaefchen hielten, saeumten den Aufgang.

Als ich dann wieder im Licht des Tages angkommen war habe ich meine Tempo innerhalb kuerzerster Zeit vervierfacht. Eigentlich hatte ich es nicht eilig, doch der Steinboden war von der Sonne so aufgeheizt dass man locker ein Spiegelei haette braten koennen. Vom Feuerschlucker zum Feuerlaeufer hab ich erstmal Schutz im Schatten einer kleinen Hoehle gesucht und nebenbei die wunderschoenen Bilderhauarbeiten dort bewundert.

Hat man seine mueden Knochen erstmal den Huegel hinaufgeschleppt, was aufgrund der hohen Temperaturen ziemlich kraefteraubend ist, wird man mit einem hervorragenden Ausblick auf Trichy belohnt. 360 grad Panormablick, was aufgrund der um den Tempel fuehrenden Terasse moeglich ist. Der Tempel selbst ist so gross wie ein vierteiliger Schrank und die Menschen machen komische Bewegungen rund um den Schrein.
Die Haende ueber Kreuz an beiden ohren haltend und gleichzeitig ein sanfter Knicks, im ersten Moment dachte ich es sei der Versuch den Ententanz wieder in Mode zu bringen.

Danach bin ich noch ein wenig durch die bunte Welt des Basars, der sich unmittelbar am Fuss des Huegels ausbreitet, gebummtelt. Der uralte Kassettenrekorder liegt neben dem topmoderen tragbaren DVD Player und wenn man sich nach einer Kamera erkundigt bekommt man ein Prachtstueck zu Gesicht, welches in unseren Breiten schon vor ein paar Jahren die Laeden verlassen hat.

Doch eigentlich war ich auf der Suche nach einem neuen Buch, mein derzeitiges mit dem Titel UGLY befindet sich schon im Endstadium und somit wird es hoechste Zeit fuendig zu werden. Das Angebot an Buecher hat sich fast ausschliesslich auf wissenschaftliche Literatur und Lehrbuecher beschraenkt. Die wenigen english novels waren entweder uralt, teilweise fehlten seiten oder das Buch war in Zeitungspapier eingehuellt um das Cover zu ersetzen, oder sie standen vor Dreck. Instructions for kissing war nur eines der abgefahrenen Werke aus den Siebzigern.

Natuerlich wurde ich wie immer von vielen Einheimischen angsprochen und konnte viele neue Eindruecke sammeln. Hammid ein Staubwedelverkaeufer hat mir den Rat gegeben niemals zu heiraten, er bereut den Schritt vor den Altar jeden Tag aufs Neue.

Als ich dann spaeter den Bus retour nach Trichy Stadt betreten habe, hat die Tragodie seinen Lauf genommen. Die Fahrt war ueberraschend turbulent und aufgrund diverser Vollbremsmaoever sind wir ziemlich durchgeschuettelt worden. Hier muss es dann passiert sein. Wie auch immer als ich dann wieder am Central bus stand angekommen war hab ich verzweifelt meine Kamera gesucht, ein verlockendes Motiv ware keine 2 Schritte von mir entfernt. Wo ist sie nur. Oh gott, verschwunden. Am liebsten waer ich in Traenen ausbrochen. Mein Schatz, mein drittes Auge, meine Leidenschaft verloren gestohlen oder sogar geraubt? Keine Ahnung auf alle Faelle bin ich meine Kamera los. Am boden zerstoert musste ich mich erstmal setzen und ziemlich schnell wurde mir die Tragweite meines Verlustes bewusst. Verdammt, und nun? Von weitem sah ich einen Polizeistand und bin gleich dort hin gestuermt. Die Uniformierten waren sehr nett und haben mir gleich einen Becher Kaffee serviert um den ersten Schock zu lindern. Leider konnte keiner so richtig gut Englisch und so begang ein langer Leidensweg. Einer der netten Beamten fuhr mich schliesslich zur naechsten Polizeistation wo ich ein complaint (Beschwerde) aufgeben sollte. Die chaotischen Raeumlichkeiten sahen mehr wie das Buero eines zerstreuten Proffesors als jenes einer Polizeiwache aus.

Das Prozedere hatte unendlich lange gedauert und die Englischkentnisse meiner diversen Gegenueber machte das ganze nicht gerade einfacher. Nachdem ich zwei dicke Buecher mit Verbrecherfotos, die meisten haben eigentlich recht harmlos ausgesehen, durchgeforstet hatte musste ein Schriftstueck verfassen und meine Adresse und andere Formalitaeten bekanntgeben.
Auf die Frage wo die Menschen normalerweise Gefundenes abgeben bekam ich schallendes Gelaechter als Antwort. Was soviel bedeutet das die Chancen ziemlich schlecht stehen, dass ein ehrlicher Finder (falls es ohnehin kein Diebstahl war) sich meldet. Die Frage nach den Namen meines Vaters hatte nicht viel mit dem Verlust meiner Kamera zu tun und ueberhaupt schien alles hier ein wenig dubios. Immer wieder wurden mir die selben Fragen gestellt und befriedigende Antworten auf die meinen hab ich eigentlich keine bekommen.

Zum Abschluss, nach mehr als 2 Stunden Papierkrieg und all den sinnlosen Fragen wurde ich nochmals vom Chefinspektor hoechstpersoenlich ins Verhoer genommen. Die gleiche Leier wie zuvor, doch diesmal hat mein Gegenueber zumindest ein wenig besser Englisch gesprochen. Mir bleibt nun nichts anderes uebrig als abzuwarten und zu hoffen das auch in Indien ein paar ehrliche Haeute durch die Gegend laufen.

Der Einblick ins indische Polizeiwesen war eindeutig ein Geduldsspiel, doch eigentlich recht amuesant und die Menschen dort waren dann doch sehr freundlich zu mir.

So und nun sterbe ich. Mit haengenden Kopf bin ich auf der Suche nach etwas Essbarem wieder auf Daman gestossen. Er hat ganz aufgeregt mit den Haenden gefuchtelt und mich zu einem Mann auf der anderen Strassenseite geschleift. Hallo, wie geht es dir? Ein grinsendes Gesicht, dessen Besitzer (Mohammed mit Namen)tatsaechlich mehr oder weniger fliessend Deutsch gesprochen hat. Mohammed ist Professor fuer Deutsch und Franzoesisch an der hiesigen Universitaet und war uebergluecklich wiedermal sein Deutsch an den Mann zu bringen.

Als ich so durch die Strassen lief und die vielen Menschen beobachtete, die bestimmt keine Digitalkamera besitzen, hatte ich fast schon ein schlechtes Gewissen so deprimiert zu sein. Doch ohne meine Kamera kann ich keine Bilder mehr machen und ich weiss nicht ob ich hier eine neue kaufen kann. Ziemlich frustierend. Die Hoffnung stirbt zu letzt und immerhin erfreue ich mich bester Gesundheit und das ist das Wichtigste.

So, nun senkt eure Haeupter und faltet eure Haende um meiner geliebten Kamera zu gedenken. Es klingt wahrscheinlich ziemlich schraeg, doch in den letzten Wochen sind wir ziemlich zusammengewachsen und hatten eigentlich nie Streit. Ich werd meinen Schatz echt vermissen. Gott sei dank hab ich vor dem Veganer Horror Camp meine Bilder auf den memorystick befoerdert und somit hab ich die meisten Fotos noch.

schoene gruesse

ein trauriger entdigitalisierter Helli

© helli l, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Welt ist wie ein Buch, wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Nach meiner 1monatigen Pause werd ich nun ins verrueckte Indien stolpern und freue mich schon auf neue und fazinierende Abenteuer in diesem facettenreichen Land. Auf der Suche nach mir selbst und auf der Jagd nach Inspiration und Erleuchtung werde ich hoffentlich fuendig. Soweit so gut, einen genauen Plan hab ich nicht, ich lass mich einfach treiben. gruesse in die heimat helliL
Details:
Aufbruch: 26.12.2006
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 02.06.2007
Reiseziele: Indien
Thailand
Myanmar
Trivandrum
Der Autor
 
helli l berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.