Indien - ein Traum den ich nun lebe

Reisezeit: Dezember 2006 - Juni 2007  |  von helli l

in 18h nach Chennai

27.02.2007

Die Liegen in der Sleeperclass sind eigentlich recht komfortabel und im Gegensatz zu den harten Matratzen der meisten Hotelbetten eigentlich recht bequem. Zugfahren, vorausgesetzt man hat ein Platzticket ist fuer mich im Vergleich zur Fortbewegung mit dem Bus wahrer Luxus. Man kann sitzten, liegen, stehen, sich die beine vertreten, die Toiletten aufsuchen (in den oesterreichischen Zuegen sind die Toiletten kaum besser).

Ausserdem ist man in froehlicher Gesellschaft und die Kommunikation auf einer 6er Bank ist eindeutig angenehmer als ueber die unbequemen Reihen in einem klapprigen Bus. Die Korridore des Zuges sind gleichzeitig Marktplatz und man bekommt von Kaffe, Tee, sonstige Getraenke, Fruehstuck, Suessigkeiten und vollwertigen Mahlzeiten alles was man braucht. Wem das immer noch zu wenig ist kann bei einer Zwischenstationen raushuepfen und sich dort etwas leckeres fuer die Weiterfahrt kaufen.

Meine unmittelbaren Sitznachbarn haben mich schon um 08 Uhr aus meinen verwirrenden Traeumen herausgerissen, da sie die Betten in eine Sitzbank verwandeln wollten. Ein wenig verdutzt, wer mich kennt weiss wie sehr ich neben den Patschn stehen kann kurz nach dem ich aufgewacht bin, hab ich die Maenner angeschaut, mich umgedreht und weiter geschlafen. Nach einigen Versuchen haben sie es dann doch geschafft. Fuer diesen Fall bleibt immer noch die Option auf eine der obersten Liegen weiterzuschlafen. Doch da ich nun schon mal wach war haben ich mich dazu aufgerafft in den Tag zu starten.

Auch zum Zaehneputzen und gibt es Moeglichkeiten, auch wenn sich hier eindeutig zu viele Menschen tummeln. Man muss sich einfach durchkaempfen und sich nicht auf die Seite draengen lassen. Zurueck an meinem Platz wurde ich erstmal von allen Seiten inspiziert und habe mich dabei eigentlich nicht so wohl gefuehlt. Einer der Maenner hat ziemlich viel geredet und immer wieder auf mich gedeutet, weiss einer was es da grossartig zu reden gibt. Wie schon so oft brauchen viele Inder einige Zeit bis sie ihre Distanz aufgeben und auf einen zugehen.

2 Stunden spaeter fand ich mich in einer Quizshow mit 4 Quizmastern wieder. Nur einer der Maenner konnte sich in englisch unterhalten und da die Fragen von allen Seiten daherschossen fiel es mir schwer mich zu konzentrieren. Fast alle Inder wollen wissen, welche Erfahrungen man bisher gemacht hat und ob man viele Schwierigkeiten meistern musste. Das Gehalt deines Vaters interessiert die Menschen genauso wie die Einstellung zu Religion, Liebe, Sex und Heirat. Viele Inder muessen Europa fuer das Sodom und Gomora der Neuzeit halten und die lockere Einstellung der westlichen Welt versetzt sie immer wieder in Staunen. Mit der Zeit kam die Unterhaltung immer mehr in Schwung und auch ich konnte viele Fragen stellen. Mein struppiges Bartgewaechs am Kinn ist ihnen besonders ins Auge gestochen und die Frage warum ich keinen Oberlippenbart, in Indien ein Zeichen von geistiger Staerke und Maennlichkeit, habe hat mich besonders amuesiert. Nach einer ausfuehrlichen Diskussion ueber die Moeglichkeiten Haare im Gesicht zu arrangieren hat mich das symatische Quartett zum Essen eingeladen. Erst wollte ich selbst bezahlen doch gerade als ich meine Geldtasche herauskramen wollte hatte ich schon eine Nachspeise in der Hand.

Der Muell wird prinzipiell aus dem Fenster befoerdert und als ich den meinen in ein Sackerl gepackt habe blickte ich in verstaendnislose Gesichter. Die Erklaerung das man ja eigentlich den Muell auch sammeln kann und somit die Umwelt nicht zu belasten und all die schoenen Plaetze zu verschandeln stiess auf wenig Verstaendnis. Die Menschen hier haben oft wirklich kein Gefuehl dafuer und viel zu oft stapft durch verschmutzte Landschaften.

Gegen Abend war ich dann endlich in Chennai, obwohl aufgrund der netten Menschen im Zug die Zeit eigentlich wie im Flug vergangen ist. Chennai, was soll ich sagen. Gross, heiss dreckig und ein Ort den man am liebsten so schnell wie moeglich verlassen moechte. Schon der Weg vom Zug vor die Tueren des Bahnhofs hat eine halbe Ewigkeit gedauert. Marum, einer der Maenner aus dem Zug wollte mir behilflich sein ein Hotelzimmer zu finden. Sein Hotel hatte keine Lizenz fuer die Berherung von Touristen und so bin ich mit einer der unzaehligen Rikscha's (35rs, handeln nicht vergessen) zur Egmore Station, durch das absolute chaotische Verkehrschao's, gerauscht. Dort konzentrieren sich ein paar billige Hotels wobei es schwer werden kann, besonders nach Mittag, ein freies Zimmer zu finden. Zu meinem Glueck hatte das Regal noch Einzelzimmer zu vergeben. Wieder ein deluxe, was den Preis natuerlich in die Hoehe treibt, wobei das duestere und schaebige Innenleben dem Wort deluxe ganz klar den Ruecken zukehrt.

Bei naeherer Betrachtung kann man in einem dieser billigen schaebigen Hotelzimmer echt depressiv werden, doch da ich die meiste Zeit sowieso auf Tour bin, macht es mir nicht wirklich viel aus.

Die Kennet Lane ist eigentlich recht angenehm und die vielen Lokale und Teestaende bringen jede menge Moeglichkeiten mit sich. So, in der grossen Stadt angekommen, wollte ich nun endlich wieder mal die Moeglichkeit nuetzen ins Internet zu springen. In den letzten Tagen war leider weit und breit keine brauchbare Moeglichkeit aufzutreiben.

Gerade als ich die Strasseseite wechseln wollte bin ich in Prema gelaufen. Ein grinsendes Gesicht welches mich freundlich begruesst hat. Er kommt aus einem kleinen Dorf in Orissa und fuehlt sich ziemlich verloren in der Metropole Chennai. Dazu kommt noch dass er mit den Menschen, die hier leben, eigentlich nur Englisch sprechen kann. In Orissa spricht man Hindi und in Tamil Nadu tamilisch, was so gegensaetzlich ist das eine gemeinsame kommunikation nicht stattfinden kann. Anstatt weitere Reiseberichte zu tippen sind wir erstmal was trinken gegangen und haben noch ziemlich lang geplaudert. Ein weiterer Eintrag in meinem Adressbuch, langsam hab ich keinen Platz mehr und neue spannende Eindruecke liessen den anstrengenden Tag perfekt ausklingen.

detail am rande
Mittlerweilen finde ich mich zwischen Vestopfung und Duennpfiff wieder, ich hoffe das wird sich bald legen. Ich moechte nur ungern auf die indischen Koestlichkeiten verzichten.

schoene gruesse in die heimat

PS> fotos gibts erst wieder wenn ich einen brauchbaren PC gefunden habe.

© helli l, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Welt ist wie ein Buch, wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Nach meiner 1monatigen Pause werd ich nun ins verrueckte Indien stolpern und freue mich schon auf neue und fazinierende Abenteuer in diesem facettenreichen Land. Auf der Suche nach mir selbst und auf der Jagd nach Inspiration und Erleuchtung werde ich hoffentlich fuendig. Soweit so gut, einen genauen Plan hab ich nicht, ich lass mich einfach treiben. gruesse in die heimat helliL
Details:
Aufbruch: 26.12.2006
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 02.06.2007
Reiseziele: Indien
Thailand
Myanmar
Trivandrum
Der Autor
 
helli l berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.