2009 - Zurück nach Australien

Reisezeit: Juli 2009 - März 2010  |  von Mirjam & Nico L.

Das Semester in Cairns: 4. Woche - Trinity Beach und Kuku Yalanji

Nun brach schon meine vierte Woche in Australien an - und ich war noch kein einziges Mal am Strand gewesen! Bisher war ich einfach noch nicht dazu gekommen, bzw. oft zu müde gewesen, um mich für die Busfahrt aufzurappeln.
Aber nun sollte sich das ändern, und am Dienstag fuhr ich mit dem Bus zum Trinity Beach. Die Fahrt dauerte von Smithfield aus ca. zwanzig Minuten, für australische Verhältnisse also ein Katzensprung. Mit dem Auto geht es natürlich noch viel schneller.

Nördlich von Cairns finden sich wie aufgereiht eine ganze Reihe Strände. Da Trinity Beach der nächstgelegene ist, wollte ich mit diesem beginnen und später dann weitere Strände erkunden.

Es war einfach super, nach zweieinhalb Jahren endlich wieder am Strand zu sein! Ich hatte Trinity Beach schon 2006 besucht, aber an einem regnerischen, wolkenverhangenen Tag - diesmal war der Strand viel, viel schöner und ich genoss den Nachmittag sehr.

Trinity Beach

Trinity Beach

Am Freitag stand nun die Exkursion des Kurses "Linking Indigenousness" an, des Kurses über die Kulturen der Aborigines. Diese führte uns in das Gebiet Kuku Yalanji, das sich nördlich von Cairns an das Gebiet der Tjapukai anschließt. Tjapukai und Kuku Yalanji sind ganz unterschiedliche Sprachgebiete. Die Clans, die in diesen Gebieten leben, gehören also verschiedenen Kulturen und Sprachen an.
Die Exkursion sollte dazu dienen, direkt mit Aborigines in Kontakt zu kommen, die die alten Traditionen noch bewahren. Sie leben sozusagen in ständiger Grenzüberschreitung zwischen moderner und traditioneller Lebensweise und gehen so z.B. im Supermarkt einkaufen, aber auch jeden Tag am Strand jagen.
Bei dieser Jagd sollten wir heute Linc Walker vom Kubirri Warra-Clan begleiten.

Um neun Uhr fuhren wir in einem kleinen Bus von der Uni aus los und waren nach ca. einer Stunde am Cooya Beach in Kuku Yalanji angekommen, wo Lincs Familie seit Tausenden von Jahren lebt. Er erwartete uns bereits und begrüßte uns fröhlich. Dann zeigte er uns einige Speere, die aus Bambusholz gefertigt waren. Mit diesen Speeren jagen die Kubirri Warra Fische und Krabben.
Wir zogen unsere Schuhe aus und ließen alles Überflüssige im Bus, dann stapften wir hinterdrein zum Cooya Beach. Ein wunderschöner, menschenleerer Strand! Linc erklärte uns, dass es hier in der Dämmerung Krokodile gab und deshalb der Strand sehr gefürchtet sei und kaum Menschen hierher kämen, obwohl am Tag fast nie Krokodile hier auftauchten. Fast nie - das war ja sehr tröstlich! Aber nun ja, ich vertraute einfach auf Lincs Fähigkeiten und genoss die Stille und Weite dieses unglaublichen Strandes.

Cooya Beach

Cooya Beach

Linc spießte die Speere in einer Reihe in den Sand und legte einige Meter weiter eine Kokusnuss ab. Er zeigte uns, wie genau man den Speer abwerfen musste, und dann sollten wir versuchen, die Kokusnuss mit einem Speer zu treffen. Gar nicht mal so leicht, obwohl man mit einiger Übung seine Technik schon rasch verbessern konnte.
Nachdem jeder einige Male versucht hatte, schnappten wir uns die Speere und los ging die Wanderung am Strand. Unser Ziel waren die Mangroven am südlichen Ende.

Unterwegs blieb Linc oft stehen und erklärte uns einiges zu den Pflanzen, die hier wuchsen, und die sich seine Familie sich noch immer selbstverständlich zu Nutzen macht. Z.B. eine Frucht, mit deren Saft man Wunden auswaschen kann, oder bestimmte Hibiskusblüten, die man wie Salat isst. Alles konnten wir probieren und daran riechen, und viele Fragen stellen.

Bei den Mangroven angekommen, erklärte Linc uns einiges zu diesem Ökosystem und machte direkt den ersten Fang des Tages, eine riesige Krabbe!

Die Wurzeln der Mangroven wachsen aus dem Schlamm heraus, da der Boden so sauerstoffarm ist

Die Wurzeln der Mangroven wachsen aus dem Schlamm heraus, da der Boden so sauerstoffarm ist

Beginn des Jagdweges durch die Mangroven

Beginn des Jagdweges durch die Mangroven

Wir wanderten einen matschigen Pfad entlang, an dem man oft knöcheltief einsank, aber das war erst nur ein Vorgeschmack, denn bald kamen wir schon wieder heraus. Inzwischen war die Ebbe so weit vorangeschritten, dass wir den Strand verlassen und im Schlick wandern konnten. Bei Ebbe war in diesem ganzen Gebiet das Wasser so flach, dass man theoretisch bis auf einige Koralleninseln oder bis nach Port Douglas hätte wandern können!
Das Wasser ging mir nun ungefähr bis zum Knie. Wir wateten hindurch auf der Suche nach weiteren Krabben und Fischen. Linc zeigte uns auch die Futterlöcher von Stachelrochen und weitere wissenswerte Dinge. Es war faszinierend, was er alles entdeckte, wo wir einfach nur Schlamm sehen konnten!
Wenn man eine Krabbe findet, ersticht man sie nicht etwa mit dem Speer, sondern scheucht sie damit aus ihrem Schlammversteck auf und legt ihr dann den Speer auf den Rücken, so dass sie wehrlos ist und man sie gefahrlos hochheben kann.

Nach ca. einer Stunde waren wir bei dem Mangrovenwald angekommen, in dem Linc nun nach Muscheln suchen wollte. Die Muscheln befinden sich unter der Schlammoberfläche und so braucht man ein gutes Auge, um sie zu finden. Ehrlich gesagt fand außer Linc kaum jemand eine, da wir anderen viel zu sehr damit beschäftigt waren, über die Mangrovenwurzeln zu klettern, nicht auszurutschen, nicht einzusinken und nirgendwo hängen zu bleiben. Gar nicht so leicht, hier durchzukommen... Nach kurzer Zeit sahen wir aus als hätten wir gerade auf einer Beautyfarm eine Schlammpackung bekommen. Noch dazu waren die Fliegen ziemlich lästig.
Aber das Ganze macht trotzdem großen Spaß!

Der Rand der Mangroven - da gehts nun rein!

Der Rand der Mangroven - da gehts nun rein!

Der Anfang war noch recht leicht...

Der Anfang war noch recht leicht...

...schon schwieriger...

...schon schwieriger...

Muscheln - aber nach dieser Art suchen wir nicht

Muscheln - aber nach dieser Art suchen wir nicht

So sieht es dann aus, nachdem 20 Leute durchgetrampelt sind

So sieht es dann aus, nachdem 20 Leute durchgetrampelt sind

...und jetzt?

...und jetzt?

Nach ca. einer Stunde, in der wir blind Linc hinterher stapften und kletterten, hatten wir tatsächlich wieder den Rand des Waldes erreicht. Alle schwarz vor Schlamm bis zu den Knien, da man teilweise wirklich weit eingesunken war, und alle ziemlich erschöpft, aber auch happy. Denn wann erlebt man schon so etwas?
Der Eimer war nun voller Muscheln, aber auf dem Rückweg suchten wir natürlich wieder nach Krabben. Das Wasser war nun noch weiter zurückgewichen und wir waren die einzigen Menschen, die hier waren. Die Ruhe und Weite dieses Ortes war einfach atemberaubend. So friedlich, wie ein übrig gebliebenes Stück vom Paradies. Die Fotos können das gar nicht einfangen...

Auch von hier sieht man den Regenwald

Auch von hier sieht man den Regenwald

Dieser ist noch zu klein und kommt nicht in den Eimer

Dieser ist noch zu klein und kommt nicht in den Eimer

Wieder an unserer Ausgangsstelle angekommen, mussten wir erstmal unsere Beine an einem Wasserhahn sauber machen, und dann ging es zum Haus von Lincs Mutter, das nur wenige Meter vom Strand entfernt war. Seine ganze Familie lebte hier am Cooya Beach, wie Linc uns erzählte: Seine Mutter in diesem Haus, er ein Haus weiter, dann seine Brüder, weitere Verwandte in der Straße daneben usw. Sie alle lebten hier zusammen auf dem Land, das ihnen traditionell gehörte.
Wir setzen uns alle auf die Veranda, wo uns Wasser und Muffins erwarteten. Linc erzählte nun noch mehr von seiner Familie und ihrem Leben. Die Aborigines haben z.B. sehr komplexe Verwandtschaftssysteme und riesige Familien, und Linc zeigte uns einen Kalender, der darauf basierte und in dem alle Geburtstage eingetragen waren - also stand bei ca. 50% der Tage des Jahres ein Name.
Er erklärte uns die Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von Boomerangs, zeigte uns Muscheln und Schildkrötenpanzer und erzählte viel von den Familientreffen und Festen, die hier abgehalten wurden.
Er und seine Brüder bieten diese Exkursion auch als Tour für Touristen an, so dass er mittlerweile fast jeden Tag Touristen dabei hat. Der einzige Nachteil dabei ist, dass er alleine in viel kürzerer Zeit viel mehr sammeln könnte. Er erzählte uns auch, dass sich viele Aborigines, die zu wenig Geld haben, um im Supermarkt einzukaufen, sich tatsächlich zum größten Teil von Gejagtem ernähren.
Schließlich hatte Lincs Mutter die Krabben und Muscheln fertig zubereitet, dazu gab es frisches Damper. Als Vegetarier aß ich nichts von den Meerestieren, aber das Damper war noch warm und frisch, und mit Sirup einfach soo köstlich - ein gelungener Abschluss dieses tollen Ausflugs.
Es war einfach klasse, so persönlich Informationen von Linc zu bekommen und ein bisschen an seinem Leben teilhaben zu können. Vieles erfährt man einfach nicht in Büchern. Sehr interessant war auch der Unterschied dieser persönlichen, beinahe privaten Tour zu dem Tourismus im großen Stil im Tjapukai Park. Lincs Tour ist einfach etwas ganz anderes - man bekommt bei ihm nicht nur blanke Infos, sondern erhält wirklich einen Eindruck davon, wie er und seine Familie leben und wie das Leben für sie ist, wie sie ihre Traditionen weiterleben und wie sie den Spagat zwischen den Kulturen schaffen. Für mich war dies eine ganz besondere Erfahrung an einem ganz besonderen Ort. Ich empfehle wirklich jedem, der sich für die Kultur der Aborigines interessiert, diese Tour mitzumachen!

© Mirjam & Nico L., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Juli bis November 2009 machte ich ein Auslandssemester an der James Cook University in Cairns. Danach reiste ich vier Monate mit dem Rucksack durch das Land - zunächst schaute ich mit Zentralaustralien und den Süden an und bereiste dann einen Monat lang den Westen, bevor ich vier Wochen in Melbourne und Tasmanien verbrachte. Zum Schluss verbrachte ich dann noch etwas Zeit in Sydney, in Brisbane und im Outback von Queensland.
Details:
Aufbruch: 22.07.2009
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 24.03.2010
Reiseziele: Australien
Hongkong
Der Autor
 
Mirjam & Nico L. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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