2009 - Zurück nach Australien

Reisezeit: Juli 2009 - März 2010  |  von Mirjam & Nico L.

Rückreise & Fazit

Am Morgen ging es in aller Frühe auf zum Flughafen. Auf der Taxifahrt sog ich die letzten Anblicke von Cairns in mich auf und konnte kaum glauben, dass die Zeit in Australien nun schon vorbei war. So lange war ich hier gewesen, aber plötzlich lief alles wie im Zeitraffer in meinem Gedächtnis ab. Trotzdem war ich nicht so traurig, wie ich erwartet hatte, denn es überwog bei weitem die Freude darüber, dass ich überhaupt hier gewesen war.
Diesmal hatte ich in Hong Kong nur drei Stunden Aufenthalt, die ich im Flughafen mit Essen und letzten Souvenirkäufen für meine übrig gebliebenen Hong Kong-Dollar verbrachte. Noch einmal tief die Luft Asiens einatmen - ich komme wieder!!!
Dann ging es in den zweiten Flieger und achtundzwanzig Stunden nach Abflug in Cairns landete ich in Frankfurt. Meine Mutter, meine Omi und mein Patenonkel holten mich ab, und alles war ziemlich unwirklich... Wie ungewohnt plötzlich die normalste deutsche Landschaft sein kann! Der Winter war in diesem Jahr so lang gewesen, und alles wirkte kahl und dunkel, aber es war auch schön, viele vertraute Dinge wiederzusehen.

Abflug in Cairns - ein letzter Blick auf den Regenwald

Abflug in Cairns - ein letzter Blick auf den Regenwald

Einen großen Kulturschock bekam ich diesmal nicht. Nach meiner ersten Reise hatte ich ja enorme Schwierigkeiten gehabt, mich wieder an Deutschland zu gewöhnen, daher hatte ich mich diesmal schon darauf eingestellt und mich innerlich sehr stark vorbereitet. Vielleicht führte das dazu, dass ich mich dieses Mal ziemlich reibungslos wieder zuhause einlebte. Als zweieinhalb Wochen nach meiner Rückkehr die Uni wieder anfing, hatte der Alltag mich schon so sehr wieder eingeholt, dass es fast schon beängstigend war.
Aber natürlich ist trotzdem nicht alles immer leicht. Man kommt von so einer Reise voller neuer Erlebnisse zurück, man ist so sehr erfüllt von all den wunderbaren Dingen, die man erlebt hat, dass es manchmal schwer ist, zu verstehen, wenn die Mitmenschen diese Begeisterung nicht wirklich teilen. Und so lebt man zuhause einfach so weiter, als wäre man eigentlich nie weg gewesen. Wenn man monatelang immer neuen Eindrücken ausgesetzt war, immer neue Dinge gelernt und immer neue Menschen getroffen hat, dann kann dieses heimatliche Hamsterrad doch sehr frustrierend wirken.

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Die Sehnsucht hat mich zu dieser zweiten Reise getrieben und ich bin immer noch wahnsinnig dankbar und überglücklich, dass ich diese Reise gemacht habe. Endlich all die Orte zu sehen, die ich mir so oft ausgemalt hatte, endlich mehr vom Outback zu sehen, all die grandiosen Landschaften und Sehenswürdigkeiten, und die tollen Menschen, die ich kennen gelernt habe... Die Möglichkeit, mein Englisch zu verbessern und an einer australischen Uni zu studieren... Städte wie Sydney und Brisbane wiederzusehen, und so viel Neues zu erkunden! Und vor allem, diese riesige Chance, so weit über den Tellerrand zu blicken. Genau dieser Blick über den Tellerrand, der einem das Wiedereinleben zuhause manchmal so schwer macht, ist das Allerwertvollste.

Trotzdem muss ich sagen, dass ich für so eine lange Backpackingtour im Moment wohl nicht wieder Australien auswählen würde. So sehr ich dieses Land auch liebe - seine Bewohner, seine Natur, seine Atmosphäre - so sehr hat mich diese Reise auch in manchen Punkten enttäuscht, auch wenn das nicht an Australien selbst, sondern an den anderen Touristen lag. Australien ist von deutschen Backpackern überrannt. Die Stimmung, die das Reisen mit dem Rucksack dort noch bei meiner ersten Reise innehatte, ist einfach verloren gegangen. Und darum fühlte ich mich bei dieser zweiten Reise in kaum einem Hostel wohl und ging den meisten Backpackern aus dem Weg.
Während ich 2006/07 interessante, individuelle Leute antraf, die wirklich an Australien interessiert waren, wir uns jenseits von Nationalitäten gut verstanden und man durch Gespräche seinen Horizont erweitern konnte, wimmelt es jetzt von riesigen Gruppen Deutscher, die meist zusammen aus der Heimat angereist sind oder sich kurz nach Ankunft in Australien getroffen haben, und die keinen Schritt mehr ohne die anderen machen. Kein Interesse, außerhalb der Gruppe neue Leute - womöglich noch aus anderen Ländern! - kennenzulernen. Die Umgangssprache in vielen Hostels ist deutsch, der Inhalt der Reise dieser Leute ist leidliches Konsumieren. Wenn man fragt, warum sie sich denn gerade Australien ausgesucht haben, erntet man erstaunte Blicke aus großen Augen. Ach ja, weil Australien ja so "cool" ist...
Wieso man so eine weite Reise macht, wenn man dann null Interesse am Reiseland hat, keinen einzigen Einheimischen (außer vielleicht den Boss bei der Arbeit) kennen lernt, auch keine Leute aus anderen Ländern, und sich außer den Einkaufszentren und vielleicht dem Uluru und den Whitsundays nichts vom Land ansieht... Keine Ahnung.

Es geht mich natürlich nichts an, wie andere Leute ihre Reise verbringen. Ich finde es nur sehr schade, dass die ursprüngliche Backpackingkultur, die auf interkulturellem Austausch und wirklichem Interesse am bereisten Land beruhte, in Australien so verloren gegangen ist, und das nahm mir wirklich manchmal den Spaß an der Reise.
Wenn man ein höheres Budget hat und nicht auf Hostels angewiesen ist, sieht die Sache natürlich ganz anders aus. Auch ist es im Westen und auf Tasmanien noch nicht so krass wie im Osten und Süden.

Zum Glück habe ich aber ja auch andere Menschen getroffen, Menschen, die mich wirklich berührt und geprägt haben, und die ich wohl nie vergessen werde. C. von der Perth-Broome-Tour, A. von der Tasmanientour, die alte Frau aus Coffs Harbour, meine Dozentin Samantha... Das sind Menschen, die ich wohl immer in Erinnerung behalten werde, und diese Begegnungen gehören zu den Allerwertvollsten.

Australien an sich hat mich genauso fasziniert und begeistert wie bei der ersten Reise - vielleicht sogar noch mehr, da ich nun viel mehr vom Land gesehen habe und ganz andere Eindrücke sammeln konnte. Die einsamen Strände des Südens, die raue Wildheit Tasmaniens, die vielen Wanderungen und Tierbeobachtungen, die großen Metropolen - und natürlich, am allermeisten und für immer, die karge Schönheit des Outback. Und genau dorthin wird es mich wieder zurückziehen... Es gibt immer noch so viel zu entdecken! Vor allem das Top End im Northern Territory, die Halbinsel Cape York und das faszinierende Kimberley möchte ich noch bereisen.

Die Reise nach Australien war mein großer Traum und ich kann auch jetzt nach der Rückkehr noch nicht wirklich fassen, dass er wahr geworden ist.

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One's kite will rise on the wind as far as ever one has string to let it go. (D.H. Lawrence)

© Mirjam & Nico L., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Juli bis November 2009 machte ich ein Auslandssemester an der James Cook University in Cairns. Danach reiste ich vier Monate mit dem Rucksack durch das Land - zunächst schaute ich mit Zentralaustralien und den Süden an und bereiste dann einen Monat lang den Westen, bevor ich vier Wochen in Melbourne und Tasmanien verbrachte. Zum Schluss verbrachte ich dann noch etwas Zeit in Sydney, in Brisbane und im Outback von Queensland.
Details:
Aufbruch: 22.07.2009
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 24.03.2010
Reiseziele: Australien
Hongkong
Der Autor
 
Mirjam & Nico L. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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