Neustart

Reisezeit: Juni 2021 - Januar 2022  |  von Beatrice Feldbauer

Pool-Party

Am Morgen ist es am Pool im Casa Fitzcarraldo noch ganz ruhig. Da gehört die ganze Anlage noch mir allein. Das Hotel ist der richtige Ort für mich, um auszuruhen, zu faulenzen, in den Hängematten rumzuhängen, ausgiebig zu frühstücken und den Tag langsam anzugehen. In den letzten Tagen war ich damit beschäftigt, die letzte Woche zu verarbeiten und habe daher viel geschrieben. Auch die Situation mit der Lodge hat mich dabei sehr beschäftigt. Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass sich Pablo und Teresa an das Versprechen gebunden fühlen, das sie mir gegeben haben, das ich aber keineswegs wollte, ganz im Gegenteil. Sie hatten in ihrer Euphorie verprochen, dass sie meinen Traum weiter führen wollten. Das war aber gar nicht in meinem Sinn, denn wenn ich etwas aufgebe, dann tue ich das ganz und gar und ohne Reue. Die Zeit mit meiner Lodge war eine sehr bewegende und intensive Zeit für mich. Sie hat innere Löcher bei mir gestopft und mir unglaublich viel Freude und Abenteuer gegeben. Ausserdem habe ich viel gelernt über das Leben im Dschungel und am Amazonas. Das war mir all die Kosten wert. Als ich aber aufgegeben hatte, wollte ich nicht, dass jemand meinetwegen einen Schaden erleidet, ich wollte keine Hypotheken hinterlassen. Dass die Lodge ausschliesslich aus Holz gebaut war, war für mich von Anfang an positiv, denn damit war ich sicher, dass keine halb gebauten Ruinen im Dschungel stehen bleiben, keine Mauern, keine Betonspuren. Die Materialien, die wir benutzt hatten, werden im Dschungel zurück in den Kreislauf gebracht. Doch genug von diesem Thema, heute ist ein ganz besonderer Tag. Jedenfalls für Liborio und Rosa und für ihre Familien.

Nachdem mir Liborio und Rosa ihre Welt gezeigt hatten, will ich ihnen heute ein wenig von meiner Welt zeigen. Darum habe ich sie für einen Nachmittag am Pool eingeladen. Für viele hier ist das Hotel zwar bekannt, aber kaum jemand war schon hinter der grossen Mauer, mit der es von der Strasse abgetrennt ist. Auch die Guias, die hier oft ihre Gäste für eine Dschungeltour abholen, sind höchstens bis zum Eingangsbereich gekommen, vielleicht noch bis zur Bar, aber der Poolbereich mit dem exotischen Garten ist eine Offenbarung.

So geht es auch Liborio, als er mir per WhatsApp meldet: "ich stehe vor dem Tor."

Ich hole ihn ab und er staunt, was sich hinter der Mauer verbirgt. Der Garten ist tatsächlich wunderbar. Walter Saxer, der Besitzer des Hotels hat das Haus vor über 30 Jahren gekauft um seine Filmequipe vom Film Fitzcarraldo unterzubringen. Seither wohnt er hier und irgendwann wurde es zu einem Hotel. In dieser Zeit hat er Pflanzen gesammelt. Den grössten Teil der Bäume hat er selber gepflanzt und auf vielen wachsen Orchideen, die er da befestigt hat. Der speziellste Baum ist bestimmt der Sachamanga mit seinen Früchten und Blüten, die gleichzeitig am Stamm wachsen. Aber auch sonst findet man hier viele exotische Pflanzen. Eigentlich ist es ein exotischer Garten, der sich hier um den Pool und noch ein gutes Stück dahinter ausbreitet. Ausserdem gibt es ein Baumhaus, das Walter vor vielen Jahren selber gebaut hat, das aber im Januar 2020 abgebrannt ist. Zu meiner grossen Überraschung hat er es wieder aufgebaut. Besser und sicherer mit neuen Brettern.

Liborio sieht sich alles an. Noch sind wir allein, es sind noch keine Gäste hier, die werden erst in zwei Stunden kommen. An den Nachmittagen, vor allem am Wochenende ist dieser Ort ein beliebter Treffpunkt für Familien und Jugendliche, die sich den Eintritt von 10 Soles leisten können.

Wenig später treffen Rosa und Moises - ihr Gordo - mit Olga, Liborios Frau ein. Auch sein Sohn Elber und fünf von Rosas Kindern sind mitgekommen. Die Kinder haben keine Scheu, sind schon bald im Wasser und natürlich ist auch Rosa sofort bereit und geniesst das Planschen mit ihren Kindern. Elber taucht auch bereits unter nur Olga tut sich noch etwas schwer. Sie hat wohl keine Bedehosen und ist etwas gehemmt. Auch die beiden Männer brauchen eine extra Aufmunterung, bis sie hinein springen. Bald aber geniessen alle die Abkühlung im kühlen Wasser. Für alle ist es das erste Mal in einem Swimming Pool. Das Wasser ist übrigens tatsächlich kühl. Durch die ständige Sonneneinstrahlung wäre der Pool längst aufgeheitzt, aber durch eine spezielle Technik mit einem langen Rohr, das unter dem hinteren Teil des Grundstücks unter der Erde eine Schleife macht, bleibt der Pool erfrischend kühl.

Nachdem alle abgekühlt sind, geht es hinauf ins Baumhaus. Es braucht zum Teil etwas Mut über die steilen Leitern hinauf zu klettern, aber die Kinder sind sofort dabei. Auch hier klemmen die Männer - lieber nach dem Essen meinen sie und sehen sich das ganze von unten kritisch an.

Inzwischen tummeln sich im Pool viele Leute, der Parkplatz ist auch fast voll. Mit Motorrädern, denn hier fährt man Motorrad. Allerdings nicht die schweren, denn schnell fahren kann man in Iquitos eh kaum mit all den Löchern und Schwellen in den Strassen.

Wir ziehen uns daher vom Pool zurück an den langen Tisch und bestellen etwas zum Essen. Liborio hat zwar noch gemeint, man könne auch an einem anderen Ort zum Essen gehen, denn dort wäre es viel günstiger, weil man sich dann eine Familienportion teilen könne. Ich weiss, er denkt, dass man das Geld, das ich und meine Freunde Eveline und Peter, die diese Einladung mittragen, auch anders ausgeben könnte. Mir ist das sehr bewusst und ich spüre auch immer ein wenig Dekadenz dabei, wenn ich jemandem einen so exklusiven Tag ermögliche, an dem ich mehr ausgebe, als viele hier in einer Woche verdienen. Und trotzdem, manchmal darf es einfach ungezwungen und sorglos sein.

Dass es exklusiv ist, und dass meine Freunde den Nachmittag richtig geniessen, merke ich, als das Essen aufgetragen wird. Die Portionen sind riesig und die Teller immer wunderschön angerichtet. Moises, der Fleischtiger, hat ein Rindsfilet bestellt, Liborio benutzt die Gelegenheit, thailändisch zu essen und bestellt ein green Curry.

Bevor wir mit Essen anfangen, spricht Moises ein Tischgebet und dankt Gott für diese Speisen und den wunderbaren Tag. Ja, bestätigt er meine Frage, das würden sie vor jedem Essen so machen. Danach zeichnen wir auch noch ein Dankesvideo für Evelin und Peter auf und dann hört man eine ganze Weile nichts mehr.

"Ich bin jetzt 40 Jahre alt", meint Moises vor seinem leeren Teller, "aber ich habe noch nie so fantastisch gegessen." Na also, dann hat sich das doch gelohnt.

Ceviche - einer meiner Lieblingsteller im Casa Fitzcarraldo

Ceviche - einer meiner Lieblingsteller im Casa Fitzcarraldo

Nach dem Essen aber werden alle ziemlich müde. War wohl einfach etwas viel Neues für einen Tag. Sie lassen sich noch ein paar Resten einpacken und verabschieden sich bald darauf.

Es war ein wunderschöner Nachmittag für alle, auch ich habe ihn sehr genossen. Und um die Dekadenz etwas auszugleichen und dem Rest der Bora-Comunidad etwas mitzugeben, habe ich Liborio etwas zugesteckt.

Claudia Cardinale

Claudia Cardinale

Ich verziehe mich noch ein wenig in eine der Hängematten und später als der Rummel zu viel wird, in mein Zimmer unter den Ventilator. Am Abend sitze ich noch eine Weile mit Walter und Micaela an der Bar. Es gibt immer spannende Gespräche.

Hier hat sogar mal Mike Jagger geschlafen - man spürt aber nichts mehr

Hier hat sogar mal Mike Jagger geschlafen - man spürt aber nichts mehr

An der Bar vom Fitzcarraldo

An der Bar vom Fitzcarraldo

Walter Saxer mit seiner Tochter Micaela

Walter Saxer mit seiner Tochter Micaela

Wer den Film Fitzcarraldo von Werner Herzog mit Klaus Kinski nicht kennt, wird in Wikipedia noch einiges darüber erfahren. Es ist ein Kult-Film, produziert von Walter Saxer, mit dem ich den Abend verpaudert habe.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Immer wenn der Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl. Dieser Satz hat mich durch das Corona-Jahr begleitet. Eigentlich war mein Abflug nach Südamerika am 3. April 2020 gebucht. Doch dann kam alles anders.
Details:
Aufbruch: 20.06.2021
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.01.2022
Reiseziele: Peru
Kolumbien
Argentinien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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