Neustart

Reisezeit: Juni 2021 - Januar 2022  |  von Beatrice Feldbauer

Parque del Cafe

Pancakes mit Honig und Banane, dazu eine heisse Schokolade und ein Ananassaft

Pancakes mit Honig und Banane, dazu eine heisse Schokolade und ein Ananassaft

Ich mache heute den zweiten Versuch, an mein Ziel zu kommen. Schon gestern war ich unterwegs zum Parque del Cafe. Diesen Freizeitpark hatte mir Nubia empfohlen, als ich sie in Guatape in der Hotellobby getroffen hatte. Unbedingt hingehen, hatte sie auf die Liste geschrieben, wo sie ein paar Orte aufgeführt hatte, die ich auf meiner Reise durch Kolumbien besuchen sollte. Sie hatte mir auch Salento vorgeschlagen, diesen hübschen Ort, wo ich schon eine ganze Woche bin und mich sehr wohl fühle. Ohne ihren Tipp wäre ich in der Grossstadt Pereira gelandet, denn dass ich ins Kaffeeland wollte, war schon klar.

Ich war also gestern nach einem feinen Frühstück mit Pancakes gestartet und mit dem Bus nach Armenia gefahren. Das ist eine Stunde Fahrt. In Armenia suchte ich beim Busterminal den Bus zum Parque del Cafe. Die Frau am Schalter, erklärte mir, dass der Park heute geschlossen sei. Immer am Montag und manchmal auch am Dienstag. Da war ich zum ersten Mal enttäuscht, guckte aber nochmals auf den Zettel von Nubia. Da stand noch ein anderer Park, den sie mir ebenfalls ans Herz gelegt hatte. Parque de los arrieros. Der sei auch ganz in der Nähe.

Also suchte ich den Bus, der dahin fuhr und stieg ein. Der Chauffeur liess mich sogar vorne einsteigen, so dass ich beste Sicht hatte. Wir fuhren an Bananen- und Kaffeeplantagen vorbei, die Fahrt war schön und ich voller Erwartung. Bei der Abzweigung zum Park liess er mich aussteigen, von da sollte es noch einen knappen Kilometer zu Fuss gehen.

Ich fragte zur Sicherheit beim Restaurant, das sich bei der Abzweigung befand, ob ich hier richtig sei. "Der Park ist heute geschlossen!", meinte der Wirt. "Geschlossen? sicher?"
"Ja heute ist Dienstag, da ist der Park geschlossen."

Da sass ich jetzt also, mitten im Nirgendwo und wusste nicht weiter. Erst mal hinsetzen und etwas trinken. Leider gab es da nicht einmal einen Kaffee, ich musste mit einer Coke Vorlieb nehmen und mir Gedanken machen, was ich mit dem Rest des Tages noch anstellen könnte.

Busterminal in Armenia

Busterminal in Armenia

Parque los Arrieros - Park der Maultiertreiber

Parque los Arrieros - Park der Maultiertreiber

Ich ärgerte mich, dass ich nicht besser rcherchiert hatte, wenn ich das Ticket online gekauft hätte, wäre mir das nicht passiert.

Doch bald hatte ich eine Alternative, ich hatte, bevor ich aus dem Busterminal von Armenia gefahren war, einen Hinweis auf ein Mariposario, ein Schmetterlingshaus, gesehen. Das wäre eine gute Alternative.

Also stellte ich mich an die Strasse und wartete auf den Bus, der mich zurück nach Armenia bringen sollte. Es fing grad an zu regnen, als der Bus kam.

Zurück beim Busterminal ging ich zum Taxistand, fragte nach dem Mariposario, oder dem Zoo, wie er in meinem GPS bezeichnet war. Schon das schien ziemlich schwierig zu sein. Der Taxifahrer schien mit mienem Ziel etwas Probleme zu haben. Ob er es kenne, wollte ich wissen. Ja und nein, er war schon mal dort, aber noch nie drin. Ob es offen sei, konnte er nicht sagen, glaubte aber schon.

Wir waren noch nicht weit gefahren, er hatte das Ziel in sein System eingegeben, als er mir einen Zettel zusteckte. Ich soll da meinen Namen und meine Handynummer aufschreiben. Das war mir noch nie passiert, aber er meinte, das müsse sein, denn der Ort sei ausserhalb der Stadt. Ich gab ihm den Zettel ausgefüllt zurück, was die Sache nicht einfacher machte, denn jetzt war meine ausländische Handynummer ein Problem und er hielt bei einem Büro an. Er müsse die Fahrt registrieren, da das Ziel ausserhalb der Stadt sei. Das war mir zu kompliziert. Wenn dieses Schmetterlingshaus so weit entfernt war, wer würde mich denn wieder zurück holen? Und was, wenn es geschlossen ist. Da es so weit entfernt war, war auch der Preis entsprechend. Nicht dass eine Taxifahrt hier viel kosten würde, aber für nichts zu zahlen, war mir dann doch zu blöd. Warum genau er die Fahrt hätte registriern müssen, war mir nicht ganz klar. Er versuchte mir zu erklären, dass aus Sicherheitsgründen jede Fahrt ausserhalb des Stadtgebietes registriert sein müsse, ansonsten bekäme er bei einer Kontrolle eine Busse. Das schien ihm schon einmal passiert zu sein. Seine Taxilizenz schien nur für den Stadtbereich zu gelten.

"Lassen wir es bleiben, bringen sie mich zurück zum Terminal, es scheint einfach nicht mein Tag zu sein." Jetzt war nicht nur ich entäuscht, sondern auch der Taxifahrer. Leider fiel ihm aber auch sonst nichts ein, was man in Armenia besuchen könnte. Ein grosses Einkaufscenter höchstens. "Nein, fahren wir zurück zum Terminal, das wars dann für heute".

So kam es, dass ich gut fünf Stunden, nachdem ich das Hotel, mit allen guten Wünschen der Kellner und von Gloria, der umsichtigen Hotelangestellten verlassen hatte, völlig frustriert bei der Bushaltestelle aus dem Bus stieg und den Anstieg zum Hotel in Angriff nahm. Erst als Jorge, der Administrador mich von weitem freudig begrüsste, heiterte mich das etwas auf.

Natürlich wollte er wissen, warum ich jetzt schon wieder hier sei und warum ich so eine miese Stimmung hätte. Ich brauchte noch einen Moment bis ich wieder die normale Betriebsstimmung hatte und liess mir später im Restaurant ein feines Nachtessn servieren. Wenn man so wie ich immer spontan unterwegs ist, muss man mit einem Rückschlag einfach mal rechnen. Der Tag war jedenfalls kein Highlight.

So kommt es also, dass ich heute wieder unterwegs bin. Einen Vorteil hat es ja, ich kenne mich inzwischen bestens aus, weiss genau, wo der Bus zum Parque del Cafe in Armenia losfährt und muss mich nicht mehr durchfragen. Ausserdem habe ich mich im Internet am Morgen schlau gemacht. Der Park ist heute offen.

Von Armenia aus fährt der Bus durch eine grüne Landschaft. Überall sind hinter hohen Hecken riesige Kaffeeplantagen versteckt. Diese sind fast nicht zu sehen, weil die Pflanzen nicht so hoch werden. Die Bananenpflanzungen sind besser zu sehen, denn die Bananenstauden gucken oft über die grünen Zäune. Die Strecke ist zwar nur knapp 20 Kilometer, wird aber auf meinem Navi mit einer Stunde angegeben. Dazu kommen noch die vielen Bushalte. Nicht Bushaltestellen, nein, der Bus hält einfach, wenn da jemand an der Strasse steht und den Arm hoch hält. Dann steigt jemand ein und grüsst in die Runde: Buenos Dias. Der Gruss wird abgenommen, viele grüssen zurück Buenos dias.

Wenn jemand aussteigen will, ruft er kurz vor seinem Ziel dem Chauffeur zu: an der nächsten Ecke, oder 'beim grossen Baum in der Kurve'. Wie der Chauffeur, das hört und richtig interpretiert, ist mir ein Rätsel. Jedenfalls hält er genau da, wo der Passagier es will. Bevor dieser aussteigt, streckt er das Geld entgegen und der Chauffeur hat eine Schale mit Kleingeld neben sich und zählt das Rückgeld ab. Das geht alles so ruhig vor sich, dass ich einfach nur staune. Oft bedankt sich der Passagier, der aussteigt und wird von den Passagieren mit einem 'que dios te bendiga' verabschiedet. 'Gott soll dich schützen'.

40 Minuten für 5 Kilometer, da kann etwas nicht stimmen. Es ging dann tatsächlich schneller.

40 Minuten für 5 Kilometer, da kann etwas nicht stimmen. Es ging dann tatsächlich schneller.

So tuckern wir durch die Gegend und erreichen tatsächlich nach über einer Stunde den Parque del Cafe. Nachdem auch ich meine Fahrt bezahlt und mich mit einem hasta luego verabschiedet habe, gehe ich zum Eingang. Der Bus fährt weiter zum nächsten Ort.

Ich bin also angekommen, im Parque del Cafe, dem Freizeitspark hier in der Kaffeeregion. Der Eingangsbereich ist riesig, man ist auf grosse Besucherströme eingerichtet. Mehrere Kassen und Eingänge stehen den wenigen Besuchern zur Verfügung. Dann die erste Überraschung. Der eigentliche Park ist gar nicht hier. Hier hinter dem Eingang ist ein grosser schön gestalteter Park mit einem traditionellen Kaffee-Finca-Gebäude in dem sich auch das Kaffeemuseum befindet. Daneben steht eine Seilbahnstation, deren Gondeln die Besucher hinunter zum eigentlichen Park fahren.

Nachdem ich das obligate Foto beim Namen gemacht habe, fahre auch ich über den üppigen Wald hinunter ins Gelände. Es scheint riesig zu sein, von weitem kann ich verschiedene Achterbahnen sehen, die mit ihren abenteuerlichen Schlaufen hinter den Bäumen auftauchen.

Nachdem ich mich auf dem Bolivar-Platz, der einem traditionellen kolonialen Hauptplatz mit vielen Restaurants und Souvenirständen nachempfunden ist, etwas umgesehen habe, gehe ich zur ersten Bahn. Es ist etwas ähnliches wie ein Riesenrad, jedenfalls wenn es in Fahrt ist. Die Gondeln hängen an weit ausladenden Armen und wenn sie im Schuss ist, scheint es, als ob man kopfüber unterwegs wäre. Genau das will ich ausprobieren.

Ja, ich gebs zu, ich liebe Achterbahnen und all diese Adrenalinattraktionen. Aber ich merke bald, dass genau das eigentlich viel mehr Spass macht, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist, oder wenigstens zu zweit. Man kann sich dann bedeutend besser freuen und sich anspornen, diese oder die andere Bahn auch noch zu benutzen. Sie hat zwar Spass gemacht, diese Himmelsstürmer Bahn und ich fühlte mich ziemlich abgehoben, als ob ich in den Himmel fliegen würde, aber bei der Achterbahn merke ich, dass es mir heute mehr gefältl, zuzusehen.

Achterbahn heisst übrigens Montana Ruso, was genau übersetzt russischer Berg heisst.

Ich bummle also durch die Anlage, sehe der wilden Achterbahn zu, den Wasserfahrten, höre die kreischenden Menschen auf dem Turm mit dem Ring, der im freien Fall zu sein scheint.

Die Attraktionen sind vielfältig. Mindestens drei Achterbahnen mit gesteigerter Wildheit, die bis zu Loopings geht, stehen zur Verfügung. Dazu hübsche Karussels und ausserdem kann man in Gruppen ausreiten. Das muss schön sein, denn das Gelände liegt in einer sehr grünen Gegend mit vielen Kaffeepflanzungen, einem grossen Bambuswald. Ein kleiner Bach führt durch das Gelände und eine elektrifizierte Dampfbahn. Mit dieser mache ich eine Runde und entdecke dabei das Riesenrad. Zwar ein kleines Riesenrad, es ist mir im Gelände nicht aufgefallen, aber immerhin ein Riesenrad. Mit dem muss ich natürlich unbedingt fahren. Es braucht etwas Zeit, bis es in Betrieb ist, denn es sind nur wenige Menschen unterwegs. Immer wenn sich eine kleine Gruppe vor einer Bahn sammelt, wird diese in Betrieb genommen.

Ich bin ein absoluter Riesenrad-Fan, es gibt kein Riesenrad, dem ich widerstehen kann, ja ich fahre auch mal ein paar Kilometer, wenn ich weiss, dass irgendwo vorübergehend ein Riesenrad steht.

Montana ruso - Achterbahn

Montana ruso - Achterbahn

Das Gelände ist weitläufig und die Attraktionen weit verteilt. Über bequeme breite Stege erreicht man alle Bereiche, der kleine Zug fährt nur einmal pro Stunde. Wenn der Betrieb rihtig läuft gibt es noch eine zweite Seilbahn, die ebenfalls zwei Bereiche miteinander verbindet.

Beim Bahnhof geniesse ich eine Kokosnuss-Limonade, diese entwickelt sich zu meinem neuen Liebslingsgetränk. Frisch gemachte Limonade mit Kokosnussraspeln. Frisch und sättigend.

Die Hänge-Brücke in den Wald der Legenden

Die Hänge-Brücke in den Wald der Legenden

Obwohl ich das Gefühl habe, nicht viel unternommen zu haben, merke ich doch, dass ich bereits drei Stunden hier bin. Zeit, an die Rückkehr zu denken. Die Gondelbahn bringt mch zurück zum Eingang. Hier besuche ich noch das Kaffeemuseum, lasse mir noch einmal den Prozess der Kaffeeproduktion von der Aussaat zur Ernte, dem Schälen und trocknen und sortieren erklären.

Beim Schriftzug geniesse ich einen Capuccino und beobachte eine junge Angestellte, die immer, wenn wieder ein paar Leute ihre Fotos bei der grossen Schrift gemacht haben, mit ihrer Sprayflasche hingeht und die Schrift neu desinfiziert.

Man ist zwar im Grossen etwas lockerer geworden. Die Maske rutscht schon mal unter die Nase, muss aber überall, auch im Park beim Spazieren getragen werden, aber in den Details nimmt man es genau. Die Sitze in der Gondelbahn werden jedesmal wieder mit Alkohol besprüht, bevor ich irgendwo eintrete, muss ich mir die Hände reinigen und für die Desinfektion der Schrift, die von sehr vielen Leuten berührt wird, ist extra eine junge Angestellte zuständig.

Der grosse Aussichtsturm ist übrigens gesperrt, es wird an der Treppe gearbeitet. Bin aber nicht sicher, ob ich da hinauf gestiegen wäre, denn die Aussicht konnte ich schon auf der grossen Terrasse geniessen. Soweit man überhaupt von Aussicht sprechen kann. Grad sind die grauen Regenwolken wieder dabei, sich zu formieren. Der nächste Regenguss ist im Anmarsch.

Mit dem Bus fahre ich über Armenia zurück nach Salento, wo ich den Schlussanstieg zum Hotel kurz vor Einsetzen der Dunkelheim heute bedeutend zufriedener in Angriff nehme.

Es war ein interessanter Tag, Spannend zu sehen, dass es auch hier all die Freizeitvergnügen gibt, die wir auch in Europa kennen. Nur hält sich der Ansturm wegen Covid und den fehlenden Touristen noch in Grenzen.

Zum Nachtessen geniesse ich noch einmal eine Forelle. Diesmal in Mangosauce mit Reis. Schliesslich ist Forelle hier in Salento die Spazialität.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Immer wenn der Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl. Dieser Satz hat mich durch das Corona-Jahr begleitet. Eigentlich war mein Abflug nach Südamerika am 3. April 2020 gebucht. Doch dann kam alles anders.
Details:
Aufbruch: 20.06.2021
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.01.2022
Reiseziele: Peru
Kolumbien
Argentinien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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