Neustart

Reisezeit: Juni 2021 - Januar 2022  |  von Beatrice Feldbauer

Goldmuseum

Gestern bin ich also in Bogota angekommen. In der Hauptstadt dieses Landes das fast 30 mal so grass ist wie die Schweiz. In der Hauptstadt mit gut 7 Millionen Einwohnern. Schon ziemlich eindrücklich.

Als ich am Morgen an die Rezeption kam, hat mir die junge Frau einen Plastiksack überreicht. Der Mann, mit dem ich gestern unterwegs gewesen sei, hätte den für mich schon am frühen Morgen abgegeben. Es waren diese Bisquikts, die man überall kaufen kann und die eine ideale Zwischenverpflegung für lange Busreisen scheinen. Das war sehr aufmerksam und hat mich auch enorm gefreut, nur schmecken sie mir trotzdem nicht. Ich habe sie ihr überlassen und dadurch hat sich jetzt gleich noch jemand über das Geschenk gefreut.

Das Hotel Ayenda Urganeta war tatsächlich ein sehr einfaches Hotel. Wenn das Internet funktioniert hätte, wäre es für den Aufenthalt in Neiva ideal gewesen. Das ist auch der Slogan, mit dem die Ayenda-Hotels werben. Justo lo que necesitas - alles was du brauchst - aber nicht mehr, das wäre der richtige Nachsatz dazu. Es gibt ein sauberes grosses Bett, eigene Dusche/WC, zwar nur mit Kaltwasser, dafür ein Klimagerat, einen TV, eine 24-Stunden-Rezeption und in der Regel WIFI. Alles was du brauchst. Und das zu einem unschlagbaren Preis. Fenster hatte übrigens keines der 10 Zimmer, ich habe mir den Übersichtsplan angesehen. Aber für Fr. 15 die Nacht kann man tatsächlich nicht mehr verlangen.

Die Zimmereinteilung: Ebenerdig mit direkt anschliessenden Häusern rechts und links, so dass für Fenster kein Platz bleibt. Diese Bauweise ist sehr typisch und viele Menschen leben in Südamerika in solchen Wohnungen.

Die Zimmereinteilung: Ebenerdig mit direkt anschliessenden Häusern rechts und links, so dass für Fenster kein Platz bleibt. Diese Bauweise ist sehr typisch und viele Menschen leben in Südamerika in solchen Wohnungen.

Ich war also mit einem Luxusbus unterwegs. Ein riesiger zweistöckiger Bus. Ich hatte einen Platz oben ganz vorne, direkt hinter der grossen Panoramascheibe und damit die volle Übersicht. Die Strecke war überraschend ruhig, keine einzige Erdstrasse, oft zweispurige getrennte Fahrbahnen und meist geradeaus. Vorbei an hellgrünen Reisfeldern und grossen Maisfeldern.

Es gab Musik und Video, Stromanschluss und WiFI. Ich konnte also während der ganzen Fahrt ein wenig recherchieren und hab wohl streckenweise auch etwas geschlafen. Das Gepäck hatte ich aufgegeben, musste also auf nichts aufpassen.

Lange waren wir auf 400 Metern unterwegs, doch gegen Ende der Fahrt, stieg die Strasse an, wir fuhren in die Berge. Bogota liegt auf 2640 m und die haben wir während der letzten beiden der gesamthaft sechs Stunden Fahrt überwunden.

Es geht in die Berge

Es geht in die Berge

Bogota empfing mich mit Sturzfluten von Regen. Es schien, dass nicht nur im Moment viel Regen fiel, die Strassen waren bereits ziemlich geflutet und der Verkehr in der Innenstadt kam fast zum Erliegen. Fast eine Stunde standen wir im Verkehr und ich konnte auf meinem Navi die stossweise Fahrt zum Busterminal mitverfolgen.

Danach brauchte es noch etwas Geduld, bis endlich ein freies Taxi kam, denn natürlich steckten auch die im Verkehr. Doch dann ging es ganz schnell. Mein Hotel liegt im Zentrum und das Zimmer ist gross. Das Bett riesig. Ich hatte ein Einzelzimmer gebucht, dafür ist das Bett definitiv sehr gross geraten. Möchte jedenfalls keine Leintücher waschen.

Ausserdem gibt es Heisswasser und das Internet funktioniert. Ich fühle mich sehr wohl hier in der 6. Etage.

Nach dem Frühstück mit Pericco (Rührei mit Tomaten und Zwiebeln), erkunde ich erst einmal das Hotel. Es gibt 7 Stockwerke mit Zimmern und ein Restaurant im 8. Stock, das seit der Pandemie geschlossen ist. Auch die kleine Dachterrasse auf der 9. Etage mit den vielen Blumenstöcken und den lauschigen Sitzgruppen ist zwar zugänglich aber macht im Moment einen unbenutzten Eindruck. Ausserdem ist es etwas zu kühl, um da oben zu sitzen.

Die Aussicht von der Dachterrasse

Die Aussicht von der Dachterrasse

Viel habe ich mir für meinen ersten Tag hier in Bogota nicht vorgenommen. Ich will es langsam angehen und erst einmal meinen Blog aktualisieren.

Nur ins Goldmuseum will ich, denn das scheint fast die wichtigste Attraktion von Bogota zu sein, ausserdem liegt es direkt um die Ecke.

Ich bin im kolonialen Zentrum der Stadt. Die alten Häuser sind niedrig mit 1-2 Stockwerken. Und farbig bemalt. Es gibt aber auch sehr hohe Häuser hier und auch das Goldmuseum ist in einem neuen modernen Bau untergebracht. Hier erklärt man mir, dass ich mich hätte anmelden müssen. Man will eine offizielle Reservation mit Passnummer, email und Mobil-Nummer. Also zurück zum Hotel, dort hab ich WIFI und kann die Anmeldung ausfüllen. Ich bekomme einen Termin für zwei Uhr. Bis drei, die Zeit ist limitiert.

Bis es soweit ist, lade ich schon mal die Fotos der letzten Tage auf meinen Blog, und um zwei bin ich wieder beim Eingang zum Museum. Hier wird der Code ausgelesen, den ich auf meinem Handy gespeichert habe. Ausserdem wird seit langem wieder einmal die Temperatur gemessen und es wird ein Blick in meine Tasche geworfen. Maske ist selbstverständlich, ohne kommt hier niemand hinein. Dann bin ich drin.

Das Museum erstreckt sich über vier Stockwerke. Es wird von den Anfängen der Goldgewinnung und vor allem der Goldbearbeitung erzählt. Dazu gibt es viele Schautafeln und Beschreibungen in spanisch und englisch. Zuerst folge ich den Erklärungen, sehe wie die Anfänge in der Blechbearbeitung liegen. Das Gold konnte zu dünnen Platten oder Drähten gearbeitet und geformt werden. Mit Hammer und Formen aus Holz wurden bereits sehr früh schöne Schmuckstücke kreiert.

Später kam die Wachsmethode dazu, bei der Formen mit Bienenwachs gemacht und mit flüssigem Gold gegossen werden. Ganz genau habe ich diese Methode nicht verstanden, werde noch etwas googeln müssen. Ist wohl so ähnlich wie heute noch Brozestatuen gegossen werden.

In grossen Vitrinen werden kleine Schmuckstücke ausgestellt. Manchmal wirken sie in ihrer Einfachheit fast schon modern. Mit grossen menschlichen Schattenbildern wird gezeigt, wie die Schmuckstücke getragen wurden. Schon immer war es das Bedürfnis der Menschheit, sich zu schmücken, sich mit schönen und wertvollen Materialien zu umgeben. Auch Grabschmuck gab es aus Gold. Grosse Totenmasken aus dünnem bearbeiteten Goldblech.

Natürlich waren das auch Machtsymbole, aber irgendwo lese ich, wie einer der spanischen Eroberer beschrieb, dass jedes indigene Mädchen, jede Frau ein paar goldene Ohrringe oder Armreifen besass. Das muss den Spanier schon sehr provokant vorgekommen sein. Immerhin grassierte zu dieser Zeit noch eine grosse Armut in Spanien und die Belagerung der Mauren, die 500 Jahre gedauert hatte, war gerade eben zu Ende gegangen. Da hatte dieses für jeden zugängliche Gold natürlich eine riesige Wirkung.

Ich lasse mir viel Zeit, schlendere durch die Räume, versuche zu verstehen, was es mit der Macht des Goldes auf sich hat. Doch Kolumbien hat noch andere Bodenschätze. Auch Kupfer, Zinn, Platin und Silber werden schon seit Jahrhunderten aus der Erde geholt. Es gibt auch kombinierte Schmuckstücke, zusammen mit Platin und Silber.

Eine wichtige Bedeutung hatte das Gold auch bei den Zeremonien der Schamanen. Töpfe und Gefässe für Medizin oder Räucherwaren wurden aus dem glänzenden Material gemacht. In einem abgedunkelten Raum gibt es eine Lichtershow mit dem Gesang der Schamanen und mystischer Musik. Da ich allein drin war, konnte ich einen Teil auf Video aufnehmen, das ich in den nächsten Tagen auf meine Bison-Seite stellen werde.

Nachdem ich wieder aus dem Museum komme, regnet es. Und zwar in Strömen Zum Glück habe ich mir im Hotel einen Schirm ausgeliehen. Es ist tatsächlich das erste Mal, dass ich einen Schirm wegen Regen ausleihe und nicht nur wegen des Mary-Poppins-Bildes.

Ich rette mich in ein Restaurant in der Nähe, bestelle ein warmes Sandwich mit vielen Zutaten und einen Cappuccino. Draussen entleert sich inzwischen ein gewaltiges Gewitter über der Stadt. Das Wasser hat an einigen Stellen bereits Mühe, abzulaufen und die Strasse droht überflutet zu werden.

Blitze kann ich hier im Schutz des Restaurants keine sehen, aber die Donner lassen mich jedes mal erschrecken. Es tönt, als ob das Hochhaus auf der anderen Strassenseite gerade eben eingestürzt wäre.

Später gehe ich zurück ins Zimmer und schreibe weiter. Wenigstens bin ich meinem Ziel wieder einen Tag näher gekommen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Immer wenn der Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl. Dieser Satz hat mich durch das Corona-Jahr begleitet. Eigentlich war mein Abflug nach Südamerika am 3. April 2020 gebucht. Doch dann kam alles anders.
Details:
Aufbruch: 20.06.2021
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.01.2022
Reiseziele: Peru
Kolumbien
Argentinien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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