Neustart

Reisezeit: Juni 2021 - Januar 2022  |  von Beatrice Feldbauer

Ein kühner Sprung

Fussgängerpassage zwischen Plaza de armas und Plaza San Miguel

Fussgängerpassage zwischen Plaza de armas und Plaza San Miguel

Hier wird das Gitter vor einer Kirche gereinigt, hab ein Video davon auf meine Seite gestellt, weil ich die Technik so lustig fand.

Hier wird das Gitter vor einer Kirche gereinigt, hab ein Video davon auf meine Seite gestellt, weil ich die Technik so lustig fand.

Es sind meine letzten Tage in Lima und ich lasse mich einfach ein wenig treiben. Gehe im Zentrum spazieren, kehre oben im Restaurant Moyas ein, dort wo man den herrlichen Blick über den ganzen Platz hat. Den Platz der seit der Regierung von Castilla abgesperrt ist. Wovor man wohl Angst hat?

Ich hatte mir gewünscht, gegen Abend auf den Morro Solar zu fahren. Will noch einmal hinunter aufs Meer und die Stadt sehen.

El salto del Fraile - der Sprung des Mönches

El salto del Fraile - der Sprung des Mönches

Wir fahren ans Meer, doch bevor wir die Strasse hinauf zum Aussichtspunkt nehmen, hat Juan noch eine Überraschung, wir fahren zum Salto del fraile. Zwar war ich vor Jahren schon einmal hier, doch damals hatte mein Taxifahrer nicht angehalten, denn das Restaurant mit der Aussicht auf das Meer war geschlossen und verlassen. Geschlossen ist es auch heute, aber es stehen ein paar Leute davor.

Auffällig ist der in eine braune Kutte gekleidete Mann. Ein Mönch. Ich bin etwas verwirrt, habe den Namen des Ortes nicht richtig verstanden.

El Saldo del Fraile. Der Sprung des Mönches.

Juan erzählt die alte Geschichte. Die Geschichte einer verbotenen Liebe zwischen einem hübschen Mädchen aus einer armen Familie und einem reichen jungen Mann. Sein Vater verbot die Liebe und der Sohn musste ins Kloster eintreten, während das Mädchen mit dem Schiff weggefahren wurde.

Und eben in dem Moment, als das Schiff vor der Küste vorbei fuhr, stürzte sich der verzweifelte Mann von der Klippe ins Meer. Und genau zur gleichen Zeit, ging auch das Mädchen über Bord, weil es nicht von seinem Liebsten getrennt sein wollte. Und so sind die beiden für immer vereint in den Fluten des Meeres.

Fernando, der Mann in der Mönchskutte, der jetzt vor uns steht, hat die Legende wieder aufgenommen und er stürzt sich für ein paar Soles ins Meer. Seit 29 Jahren lebt er davon. Eigentlich kann ich es kaum glauben, gebe ihm 25 Soles.

Er zeigt uns, von wo wir den besten Blick haben, dann stellt er sich an die Kante und mir wird schon beim Zusehen fast schwindlig. Und tatsächlich, er hebt die Hand zum Gruss ans Meer, oder zu mir, um zu zeigen, dass es losgeht, dann macht er einen gewaltigen Sprung und stürzt kopfüber in die hohen Wellen und taucht minutenlang unter.

Kurz vor dem Sprung hat er sich eine Leine um die Hand gebunden, mit dieser Leine zieht er sich aus den tosenden Wellen und steigt am Felsen hoch. Er ist noch ziemlich ausser Atem, als er oben ankommt.

Seit 29 Jahren macht er dies, er lebt davon, erklärt er. Ich hätte noch viele Fragen dazu, doch bin ich noch immer völlig geschockt, dass er das tatsächlich durchgezogen hat und er ist ziemlich erschöpft. Ich nehme an, dass das an Anfang noch nicht so anstrengend war.

Wir fahren noch etwas weiter, kommen zu einem Ort, wo es verschiedene Diskoteken gibt. Früher, vor der Pandemie war hier jeden Abend eine Riesenparty, denn der Ort ist weit weg von allen Wohnquartieren. Es gibt nur eine Strasse, die hin- und durch einen Tunnel zurück in die Stadt führt. Dort standen dann regelmässig die Polizeikontrollen, erzählt Juan.

Nach einem kurzen Spaziergang kehren wir rund um den Solar Morro durch den Tunnel zurück und nehmen jetzt die Strasse hinauf. Hinauf zur grossen Christusstatue, die hier das Meer überblickt. Sie ist 37 m hoch, und damit einige Meter höher als der Cristo Redentor in Rio de Janeiro. Dann fahren wir weiter zum grossen Kreuz, das zu Ehren des Pabstbesuches im Jahr 1988 gebaut wurde. Es gilt auch als Erinnerung an den leuchtenden Pfad, den alten Konflikt mit den Rebellen in Peru. Gebaut wurde das Kreuz aus den Strommasten, die von den Rebellen gesprengt wurden.

ein frischer Fang - vom Ufer aus gefangen.

ein frischer Fang - vom Ufer aus gefangen.

Wir warten bis das Kreuz beleuchtet wird und die Lichter unten in der Stadt und an der Küste langsam aufleuchten. Doch dann wird es mir zu kalt, um noch länger zu warten, wir fahren hinunter ans Meer.

Den Abend lassen wir im eleganten Gala ausklingen. Und als wir es in der Dunkelheit verlassen, schauen wir noch einmal hinüber zum Kreuz, das jetzt mit gleissendem Licht erstrahlt.

Das leuchtende Kreuz auf dem Morro Solar.

Das leuchtende Kreuz auf dem Morro Solar.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Immer wenn der Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl. Dieser Satz hat mich durch das Corona-Jahr begleitet. Eigentlich war mein Abflug nach Südamerika am 3. April 2020 gebucht. Doch dann kam alles anders.
Details:
Aufbruch: 20.06.2021
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 29.01.2022
Reiseziele: Peru
Kolumbien
Argentinien
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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